Mitgliederversammlung Apothekerverband Nordrhein

Preis: „Ein bisschen Gleichpreisigkeit gibt es nicht“

Düsseldorf - 06.06.2019, 07:00 Uhr

Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, bei der Mitgliederversammlung in Düsseldorf. ( r / Foto: Müller / AV Nordrhein)

Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, bei der Mitgliederversammlung in Düsseldorf. ( r / Foto: Müller / AV Nordrhein)


Meyer: „Vorne im Gesetz wird die Vorschrift zitiert, die man hinten streichen will“

Im Anschluss an Preis' Bericht fand eine Podiumsdiskussion statt, bei Rechtsexperte Professor Hilko Meyer auch noch einmal vor den Folgen der Streichung des §78 Absatz 1 Satz 4 AMG warnte, der besagt, dass ausländische Versender sich an deutsche Preisregeln halten müssen. Das habe Einfluss auf alle Regelungen, die es im SGB V im Zusammenhang mit Arzneimitteln gebe, so Meyer. Als Beispiel nannte er Erstattungsbeträge, die Zuzahlung der Patienten oder die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Ärzte. „Und das ist bei weitem nicht alles“, so Meyer, „ich kann nicht verstehen, dass da so lässig drüber hinweg gegangen wird.“

Bereits vergangene Woche bei der Jahrestagung des BVDAK hatte der Jurist eindringlich vor den Folgen einer Streichung gewarnt. In Meyers Augen wird das Gesetz ohnehin seinem Namen nicht gerecht. Nicht einmal der Übertrag der Gleichpreisigkeit ins SGB V sei gelungen. Da werde nämlich auf den AMG-Paragrafen – § 78 – verwiesen, den man streichen will. „Vorne im Gesetz wird die Vorschrift zitiert, die man hinten streichen will“, so Meyer. „Das ist eine Nullnummer.“ Ob das Absicht oder nur ein handwerklicher Fehler sei, vermöge er nicht zu sagen.

Die Streichung hat laut Meyer paradoxe Auswirkungen, weil dann alle Regelungen nur für deutsche Apotheken gelten, auch die Verschärfungen. Wenn es ein handwerklicher Fehler ist, könnte man den dadurch beheben, dass man wörtlich ins SGB V schreibt, dass die Preisregeln auch für EU-Versender gelten. Für diesen Fall haben aber die EU-Versender bereits angekündigt, wieder vor den EuGH zu ziehen und zudem Schadensersatz einzufordern. Meyer verwies zudem noch auf das beim OLG München anhängige Verfahren, in dem die Bundesregierung aufgefordert ist, Belege zu erbringen, warum die Gleichpreisigkeit für den Erhalt einer flächendeckenden Versorgung wichtig ist. Dem nachzukommen ist in seinen Augen die zweite Alternative – neben dem Beheben der handwerklichen Fehler – für Gleichpreisigkeit zu sorgen. Wenn der Verweis auf einen zu streichenden Paragraphen Absicht sein sollte, verstehe er es nicht. Das sei schließlich mehr als eine Petitesse und eigentlich nicht vorstellbar.

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Preis erklärte zum Abschluss der Runde, dass man in seinen Augen Spahns Apothekengesetz mit nur zwei Änderungen zum Guten drehen könnte. Erstens keine Änderung beim § 78 AMG und Fortbestand der Preisbindung auch für ausländische Versender und zweitens eine Anpassung des Fixums. Dass hier seit Jahren nichts geschehen ist, gehe in der ganzen Diskussion unter, so Preis. Im Anschluss verabschiedeten die Mitglieder noch eine Resolution, in der sie unter anderem die Bundesregierung dazu auffordern, dafür zu sorgen, dass es auch weiterhin einheitliche Abgabepreise gibt und dass man zur Sicherstellung der Versorgung durch öffentliche Apotheken und im Sinne des Verbraucherschutzes von der Streichung des fraglichen Satzes in §78 AMG absehen möge.


„Die auf der 103. Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. versammelten Apothekerinnen und Apotheker fordern die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag auf, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken dafür Sorge zu tragen, dass der einheitliche Apothekenabgabepreises in Deutschland auch im Rahmen des Versandhandels von verschreibungspflichtige Arzneimittel aus dem Ausland sowohl im Rahmen des SGB V als auch für die Abgabe auf Privatrezept gewährleistet bleibt. 
Dies ist zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung durch öffentliche Apotheken in Deutschland und im Sinne des Verbraucherschutzes unerlässlich. Deshalb muss von der Streichung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG abgesehen werden.
Sollte mit den vorgeschlagenen Maßnahmen der einheitliche Apothekenabgabepreises nicht dauerhaft gewährleistet werden, müssen die verschreibungspflichtigen Arzneimittel vom Versandhandel ausgeschlossen werden.
Zusätzlich fordern wir die Bundesregierung auf, dem Verlangen verschiedener bundesdeutscher Gerichte zur Stellungnahme in laufenden Verfahren nachzukommen, die die Arzneimittelpreisverordnung behandeln.“

Resolution des AV Nordrhein




Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Schlechtes Gesetz

von Dr. Radman am 06.06.2019 um 7:49 Uhr

...... Besser gar kein Gesetz als ein schlechtes Gesetz.

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