Fragen zur aktuellen BGH-Entscheidung

Kein Traubenzucker, keine Taschentücher – keine Umschau?

Berlin - 06.06.2019, 17:50 Uhr

Was wird aus den kleinen Werbegeschenken für Apothekenkunden? Müssen sie künftig in der Schublade bleiben? ( r / Foto: Sket)

Was wird aus den kleinen Werbegeschenken für Apothekenkunden? Müssen sie künftig in der Schublade bleiben? ( r / Foto: Sket)


Und was ist mit Fahrtkosten, Parkgebühren oder Verpackungen?

Rechtsanwalt Kieser weist überdies darauf hin, dass auch Zuwendungen oder Werbegaben, die handelsübliches Zubehör zur Ware oder eine handelsübliche Nebenleistung sind, zulässig bleiben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HWG). Dabei nennt die Regelung selbst Beispiele: Als handelsüblich gilt demnach „insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf.“ Dies gelte auch, wenn die Apotheke nur aufgesucht wird, um ein Rezept einzulösen, so Kieser. Er selbst hält auch die Übernahme von Parkkosten, die im Zusammenhang mit dem Apothekenbesuch stehen, für zulässig. Jedenfalls dann, wenn die Parkkosten in angemessenem Verhältnis zu den Waren stehen, die in der Apotheke erworben werden.

Schließlich wäre es auch möglich, dass der Apotheker einen Parkplatz anmietet und diesen kostenfrei seinen Besuchern zur Verfügung stellt. Zu handelsüblichem Zubehör und Nebenleistungen gehören aus Kiesers Sicht ferner Verpackungen, Tüten oder Taschen. Auch die Übernahme von Versandkosten oder die kostenlose Botenzustellung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln dürfte ebenfalls als handelsübliche – und damit zulässige – Nebenleistung anzusehen sein. Für Kieser ist es auch nicht auszuschließen, dass auch Papiertaschentücher bei der Rezepteinlösung „handelsübliches Zubehör“ sein könnten – etwa wenn in der Grippesaison entsprechende Arzneimittel gekauft werden. Doch ob das wirklich so ist, müsste wohl die Rechtsprechung klären.

Klar ist: Auch jetzt ist noch kein endgültiger Schlussstrich in der Debatte um (un-)zulässige Zuwendungen aus Apotheken gezogen. Kieser geht davon aus, dass künftig jede Zuwendung genau unter die Lupe genommen wird. Leider gehe mit den aktuellen BGH-Urteilen die Schere zwischen Privilegien der ausländischen Versandapotheken und Restriktionen der inländischen Präsenzapotheken weiter auseinander. Für ihn wäre es nun ein Schritt in die richtige Richtung, wenn das generelle HWG-Zugabeverbot bei Rx-Arzneimitteln für die inländischen Apotheker abgeschafft wird und die Spürbarkeitsgrenze von 1 Euro bei Rx – auch berufsrechtlich – gilt.

Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas, der die Darmstädter Apothekerin im „Ofenkrusti-Fall“ vertreten hat, sieht den Ball „nun endgültig im Feld des Gesetzgebers.“ Wenn dieser jetzt nicht aktiv werde, könne dies nur bedeuten, dass er „das deutsche Apothekenwesen nach und nach zerstören möchte und es billigend in Kauf nimmt, dass deutsche Apotheken reihenweise in die Insolvenz gehen.“



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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7 Kommentare

Missstände

von Irina Rotgans am 09.06.2019 um 21:38 Uhr

Die vorangegangene Kommentare bringen es auf den Punkt!!
Aber mal ehrlich:sind wir nicht selbst unser größter Feind??
Warum senken wir die OTC-Preise ??nur um eventuell ein paar Kunden mehr zu bekommen??
Warum gehen wir auf alles einund machen gute Miene zu allem??warum schaffen wir es nicht zusammen zu halten und zeigen der Regierung zum Beispiel durch geschlossene Apotheken, was es bedeutet,wenn die Vor-Ort-Apotheke nicht mehr da ist??gegt aber nicht,da der nette Kollege von der Nachbarapotheke dich dann freut und die verärgerten Kunden freudestrahlend begrüßt.

Darüber sollten wir mal nachdenken!!

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Herstellungskosten geringwertig (Kundenzeitschriften)

von atopom am 09.06.2019 um 13:51 Uhr

Ich wünsche mir eine TV mit Umschau und Rätsel
für Herstellungskosten von deutlich unter einer
Geringwertigkeit von 1,00 Euro.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Zeigt Quali

von Thomas Kerlag am 08.06.2019 um 22:43 Uhr

Als Politiker würde ich denken:
Plumpe, peinliche, primitive, kriechende Taschentücher-Anbiederei, was für ein schäbiger Beruf..
Weg mit der Preisbindung-unverblümt Preisabschlag her für nicht vorhandene akademische Leistung!

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Missstände

von Fritz Klein am 07.06.2019 um 7:43 Uhr

Ein Misstand ausgeräumt, nun alles paletti?
Wettbewerb mit Beratung?

Einer bei der ABDA hat mal veröffentlicht, wieviel Rx Packungen in seiner Apotheke abgegeben werden im Jahr.
Der mit der Klingel. Mit der sich Kunden bemerkbar machen müssen. Weil wohl so oft keine kommen.
Oh, hab ich gedacht, das sind so viele Packungen wie bei uns. Nur - ich muss dafür viele kunden bedienen. die müssen nicht auf sich aufmerksam machen. Da frage ich mich, wie kommen die Rezepte für die Packungen in die Apotheke von dem von der ABDA?
Gut, wir verkaufen auch viel OTC, aber trotzdem.

Die Geschäftsmodelle der Pflegedienste, rezepte einzusammeln und in einer bestimmten Apotheke einzulösen, die dann liefert.
Dass Praxen Rezepte zuweisen, zufaxen, gleich in bestimmte Apotheken liefern und der Kunde dann gleich in die Apotheke geht
Die Modelle,, bei der Rezepte einfach in eine Apotheke gehen, die ware gleich in die praxis und der Kunde noch nicht mal weiß, dass eines ausgestellt wurde.

DA WIRD TOLL BERATEN; GELL

Einen Schei.... wird . Ich hab gar keine Chance, der Kunde auch nicht.

Blendwerk (deutsch: Verarschung!)
Gesetz bitte:
der Kunde muss sein rezept IN DIE HAND bekommen. Oder auf die Karte.
Verbot für Pflegedienste, Rezepte einzusammeln.
Verbotr für Praxen, Rezepte weiterzuleiten.
Der Kunde muss sich selbst um die Einlösung kümmern.
KEIN Einschreibemodell, weil das der gleiche Schwindel ist!
RxVV!
Ich hab einen dicken Hals!
Diese Versuche, eine heile Welt zu präsentieren. DABEI IST SO VIELES VERLOGEN UND KACKE!
IMMER MEHR DRUCK. Siehe auch neue Regelungen von gestern.
Was soll das noch bringen? wenn alles sowieso den Bach runter geht? und alles nur noch in Richtung Versand und "Beziehungen" läuft?

Ich mag nicht mehr!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Missstände

von Heiko Barz am 07.06.2019 um 12:20 Uhr

Sie haben so ziemlich alles auf den Knackpunkt gebracht, Herr Kollege, —Das E-Rezept. —
Als die ersten Modalitäten zum E-Rezept vor Jahren bekannt wurden, war mir klar und das habe ich schon vor Jahren angemahnt,
DAS E-REZEPT IST DAS ENDE DER DEUTSCHEN VOR-ORT APOTHEKE:
Die von Ihnen beschriebenen Vorlaufsszenarien mit der schon seit langem, leider auch geduldeten Rezeptverschiebungen vom Sprechstundencounter aus, ist das E-Rezept nur noch eine weitere Potenzierung bei der Lancierung in vorgegebene Richtungen. Da gibt es Praxen, die haben festgelegte Boxen für die Rezepte, die bestimmten Apotheken zugeordnet sind. Da werden diese „privilegierten“ Apotheker dann auch mal aufgefordert, Überweisungen, Rechnungen für die Patienten und vieles mehr an die Rezeptadressen mitzubringen. Diesen Zustand kenne ich nun schon Jahrzehnten. Die Krankenversorgungsdienste habe schon rechtzeitig diese Gier nach Rezepten auch für sich nutzbar gemacht und lassen diese Apotheker dann auch für sich,und damit kostensenkend, ihre zugewiesene Arbeit erledigen. Das Ganze hat Ausmaße angenommen, die unglaublich apothekendiskreditierend geworden sind.
Bei allen Unwägbarkeiten ist dieser Faktor ein Minimum der Gefahr gegenüber dem, was uns das E-Rezept bringen (oder besser nicht bringen)wird.
Was bedeutet denn dem Herrn Spahn das sogenannte „Makelverbot“ bei Rezepten? Ich glaube nicht, dass er anstrebt seiner Lieblingsfirma den digitalen Bezug der E-Rezepte zu erschweren. Ganz im Gegenteil wird er hoffen, dass sich die EU wieder für grenzenlosen Warenverkehr AM stark macht und das Apothekenland mit der besten AM Versorgung der Welt so in den APORuin treibt. Es muß doch irgendwie möglich sein, diese Vormachtstellung, die allein wegen ihrer Qualität existiert, zu zerschlagen.
Diese EU ist mit ihrer feudalistischen Grundausrichtung eigentlich nicht mehr tragbar.

Zugaben

von Alexander Zeitler am 07.06.2019 um 2:45 Uhr

Endlich sind die Taler und das Geschenk des Tages 1 oder 2 weg

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Aktuelle BGH Entscheidung

von Stefan Gänsler am 06.06.2019 um 22:29 Uhr

Hallo alle Miteinander ..bin gerade im-ach so tollen - Nachtdienst und lese die DAZ Online .und denke , wie seit Jahren inzwischen , ich bin im falschen Film ..oder wie es Tucholsky einmal gesagt hatte: ..ich könnte gar nicht so viel Essen , wie ich Kotzen Könnte ..was.wir dürfen :
Qms --Praxisrelevanz NULL
Barrierefreiheit
Klimaanlage -
sämtlichen Blödsinn der Apothekenbetriebs(UN)ordnung

Kost ja alle s Nix

Rezeptur Dokumentationswahnsinn-
Securpharm Schwachsinn
Kranke Kasse Sklavenarbeit

Arzneimittelpreisverordung -wird geschlachtet

KURZUM : wir machen uns zum absoluten Vollobst

Ich habe diesen Beruf vor 27 Jahren gerne erlangt, habe mich auf die Selbsständigkeit wie Bolle gefreut ..
was ist blos aus diesen Beruf geworden , was ist mit unser ach so tollen ABDA -ausser Spesen (Zwangsbeitrag ) nix gewesen

Ansonsten dürfen wir NIX - gepflegt in die Insolvenz gehen -und das spätestens mit dem E Rezept ( Gelddruckmaschine für Holland ) , oder warum hat Polen z.B . zwar das E Rezept eingeführt aber das Verbot des RX Versand? -Was sind wir dem Staat hier wert ? Richtig- Gar NIx ! Hätte nie gedacht, das ich die Eu einmal so Satt haben werde ...
Bitte nicht falsch verstehen , ich finde den Zugabewahnsinn auch nicht toll, aber (!) das Urteil macht nur dann SInn , wenn es auch für die Hollandversender gilt , im Background dieser Entscheidung explodiere ich bei der Werbung von Do Mo oder Euro Apothek Venlo ..einen schönen Abend noch

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