Fragen zur aktuellen BGH-Entscheidung

Kein Traubenzucker, keine Taschentücher – keine Umschau?

Berlin - 06.06.2019, 17:50 Uhr

Was wird aus den kleinen Werbegeschenken für Apothekenkunden? Müssen sie künftig in der Schublade bleiben? ( r / Foto: Sket)

Was wird aus den kleinen Werbegeschenken für Apothekenkunden? Müssen sie künftig in der Schublade bleiben? ( r / Foto: Sket)


Kundenzeitschriften nicht betroffen

Das völlige Ende der Zuwendungen in der Apotheke sieht der Stuttgarter Rechtsanwalt und HWG-Experte Dr. Timo Kieser dennoch nicht gekommen. Auch nicht für die Apotheken-Umschau und ähnliche Publikationen. Der Mitteilung des BGH ist nämlich durchaus zu entnehmen, dass Zuwendungen im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes auch künftig zulässig sind, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 des § 7 Abs. 1 HWG ausdrücklich geregelten Ausnahmen vorliegt. Und die Nummer 5 betrifft ausdrücklich Kundenzeitschriften:

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HWG

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass (…)

5. es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).

An dieser Regelung hatte der Gesetzgeber nicht Hand angelegt, als er 2013 die Regelung des § 7 HWG nachjustierte. Dass er gerade Kundenzeitschriften in Apotheken verhindern wollte, ist nicht ersichtlich. Zudem: Die Abgabe von Kundenzeitschriften ist keinesfalls zwingend an die Rezepteinlösung gekoppelt. Oft liegen sie in der Apotheke aus – auch Kunden die nichts, nur OTC oder Waren des Randsortiments kaufen, können sie sich mitnehmen.  

DAZ.online hat auch beim Verlag der Apotheken Umschau nachgefragt. Auch im Wort & Bild Verlag ist man überzeugt, dass die Umschau von den aktuellen Urteilen nicht betroffen ist:


Das heutige Urteil des BGH zu Apotheken-Boni bei Rezepteinlösung betrifft nur die in § 7 Abs. 1 Ziffer 1 des Heilmittelwerbegesetzes genannten Zuwendungen und Werbegaben von geringem Wert. Diese an sich erlaubten Zuwendungen oder Werbegaben sind nach der aktuellen Fassung der genannten Vorschrift dann unzulässig, wenn sie für Arzneimittel entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes angeboten, angekündigt oder gewährt werden. Die Kundenzeitschriften des Wort & Bild Verlages fallen nicht unter diese Regelung. Für sie gilt vielmehr die spezielle Ziffer 5, wonach Kundenzeitschriften generell, also auch beim Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel, abgegeben werden dürfen.“


Jan Wagner, Leiter Gesamtvertrieb Wort & Bild Verlag




Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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7 Kommentare

Missstände

von Irina Rotgans am 09.06.2019 um 21:38 Uhr

Die vorangegangene Kommentare bringen es auf den Punkt!!
Aber mal ehrlich:sind wir nicht selbst unser größter Feind??
Warum senken wir die OTC-Preise ??nur um eventuell ein paar Kunden mehr zu bekommen??
Warum gehen wir auf alles einund machen gute Miene zu allem??warum schaffen wir es nicht zusammen zu halten und zeigen der Regierung zum Beispiel durch geschlossene Apotheken, was es bedeutet,wenn die Vor-Ort-Apotheke nicht mehr da ist??gegt aber nicht,da der nette Kollege von der Nachbarapotheke dich dann freut und die verärgerten Kunden freudestrahlend begrüßt.

Darüber sollten wir mal nachdenken!!

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Herstellungskosten geringwertig (Kundenzeitschriften)

von atopom am 09.06.2019 um 13:51 Uhr

Ich wünsche mir eine TV mit Umschau und Rätsel
für Herstellungskosten von deutlich unter einer
Geringwertigkeit von 1,00 Euro.

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Zeigt Quali

von Thomas Kerlag am 08.06.2019 um 22:43 Uhr

Als Politiker würde ich denken:
Plumpe, peinliche, primitive, kriechende Taschentücher-Anbiederei, was für ein schäbiger Beruf..
Weg mit der Preisbindung-unverblümt Preisabschlag her für nicht vorhandene akademische Leistung!

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Missstände

von Fritz Klein am 07.06.2019 um 7:43 Uhr

Ein Misstand ausgeräumt, nun alles paletti?
Wettbewerb mit Beratung?

Einer bei der ABDA hat mal veröffentlicht, wieviel Rx Packungen in seiner Apotheke abgegeben werden im Jahr.
Der mit der Klingel. Mit der sich Kunden bemerkbar machen müssen. Weil wohl so oft keine kommen.
Oh, hab ich gedacht, das sind so viele Packungen wie bei uns. Nur - ich muss dafür viele kunden bedienen. die müssen nicht auf sich aufmerksam machen. Da frage ich mich, wie kommen die Rezepte für die Packungen in die Apotheke von dem von der ABDA?
Gut, wir verkaufen auch viel OTC, aber trotzdem.

Die Geschäftsmodelle der Pflegedienste, rezepte einzusammeln und in einer bestimmten Apotheke einzulösen, die dann liefert.
Dass Praxen Rezepte zuweisen, zufaxen, gleich in bestimmte Apotheken liefern und der Kunde dann gleich in die Apotheke geht
Die Modelle,, bei der Rezepte einfach in eine Apotheke gehen, die ware gleich in die praxis und der Kunde noch nicht mal weiß, dass eines ausgestellt wurde.

DA WIRD TOLL BERATEN; GELL

Einen Schei.... wird . Ich hab gar keine Chance, der Kunde auch nicht.

Blendwerk (deutsch: Verarschung!)
Gesetz bitte:
der Kunde muss sein rezept IN DIE HAND bekommen. Oder auf die Karte.
Verbot für Pflegedienste, Rezepte einzusammeln.
Verbotr für Praxen, Rezepte weiterzuleiten.
Der Kunde muss sich selbst um die Einlösung kümmern.
KEIN Einschreibemodell, weil das der gleiche Schwindel ist!
RxVV!
Ich hab einen dicken Hals!
Diese Versuche, eine heile Welt zu präsentieren. DABEI IST SO VIELES VERLOGEN UND KACKE!
IMMER MEHR DRUCK. Siehe auch neue Regelungen von gestern.
Was soll das noch bringen? wenn alles sowieso den Bach runter geht? und alles nur noch in Richtung Versand und "Beziehungen" läuft?

Ich mag nicht mehr!

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AW: Missstände

von Heiko Barz am 07.06.2019 um 12:20 Uhr

Sie haben so ziemlich alles auf den Knackpunkt gebracht, Herr Kollege, —Das E-Rezept. —
Als die ersten Modalitäten zum E-Rezept vor Jahren bekannt wurden, war mir klar und das habe ich schon vor Jahren angemahnt,
DAS E-REZEPT IST DAS ENDE DER DEUTSCHEN VOR-ORT APOTHEKE:
Die von Ihnen beschriebenen Vorlaufsszenarien mit der schon seit langem, leider auch geduldeten Rezeptverschiebungen vom Sprechstundencounter aus, ist das E-Rezept nur noch eine weitere Potenzierung bei der Lancierung in vorgegebene Richtungen. Da gibt es Praxen, die haben festgelegte Boxen für die Rezepte, die bestimmten Apotheken zugeordnet sind. Da werden diese „privilegierten“ Apotheker dann auch mal aufgefordert, Überweisungen, Rechnungen für die Patienten und vieles mehr an die Rezeptadressen mitzubringen. Diesen Zustand kenne ich nun schon Jahrzehnten. Die Krankenversorgungsdienste habe schon rechtzeitig diese Gier nach Rezepten auch für sich nutzbar gemacht und lassen diese Apotheker dann auch für sich,und damit kostensenkend, ihre zugewiesene Arbeit erledigen. Das Ganze hat Ausmaße angenommen, die unglaublich apothekendiskreditierend geworden sind.
Bei allen Unwägbarkeiten ist dieser Faktor ein Minimum der Gefahr gegenüber dem, was uns das E-Rezept bringen (oder besser nicht bringen)wird.
Was bedeutet denn dem Herrn Spahn das sogenannte „Makelverbot“ bei Rezepten? Ich glaube nicht, dass er anstrebt seiner Lieblingsfirma den digitalen Bezug der E-Rezepte zu erschweren. Ganz im Gegenteil wird er hoffen, dass sich die EU wieder für grenzenlosen Warenverkehr AM stark macht und das Apothekenland mit der besten AM Versorgung der Welt so in den APORuin treibt. Es muß doch irgendwie möglich sein, diese Vormachtstellung, die allein wegen ihrer Qualität existiert, zu zerschlagen.
Diese EU ist mit ihrer feudalistischen Grundausrichtung eigentlich nicht mehr tragbar.

Zugaben

von Alexander Zeitler am 07.06.2019 um 2:45 Uhr

Endlich sind die Taler und das Geschenk des Tages 1 oder 2 weg

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Aktuelle BGH Entscheidung

von Stefan Gänsler am 06.06.2019 um 22:29 Uhr

Hallo alle Miteinander ..bin gerade im-ach so tollen - Nachtdienst und lese die DAZ Online .und denke , wie seit Jahren inzwischen , ich bin im falschen Film ..oder wie es Tucholsky einmal gesagt hatte: ..ich könnte gar nicht so viel Essen , wie ich Kotzen Könnte ..was.wir dürfen :
Qms --Praxisrelevanz NULL
Barrierefreiheit
Klimaanlage -
sämtlichen Blödsinn der Apothekenbetriebs(UN)ordnung

Kost ja alle s Nix

Rezeptur Dokumentationswahnsinn-
Securpharm Schwachsinn
Kranke Kasse Sklavenarbeit

Arzneimittelpreisverordung -wird geschlachtet

KURZUM : wir machen uns zum absoluten Vollobst

Ich habe diesen Beruf vor 27 Jahren gerne erlangt, habe mich auf die Selbsständigkeit wie Bolle gefreut ..
was ist blos aus diesen Beruf geworden , was ist mit unser ach so tollen ABDA -ausser Spesen (Zwangsbeitrag ) nix gewesen

Ansonsten dürfen wir NIX - gepflegt in die Insolvenz gehen -und das spätestens mit dem E Rezept ( Gelddruckmaschine für Holland ) , oder warum hat Polen z.B . zwar das E Rezept eingeführt aber das Verbot des RX Versand? -Was sind wir dem Staat hier wert ? Richtig- Gar NIx ! Hätte nie gedacht, das ich die Eu einmal so Satt haben werde ...
Bitte nicht falsch verstehen , ich finde den Zugabewahnsinn auch nicht toll, aber (!) das Urteil macht nur dann SInn , wenn es auch für die Hollandversender gilt , im Background dieser Entscheidung explodiere ich bei der Werbung von Do Mo oder Euro Apothek Venlo ..einen schönen Abend noch

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