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Bundesgerichthof
Auch kleine Apotheken-Werbegaben bei Rezepteinlösung bleiben verboten
EuGH-Urteil führt zu keiner anderen Beurteilung
Vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rx-Preisbindung vom Oktober 2016 lässt sich der Bundesgerichtshof bei diesen inländischen Sachverhalten nicht beeindrucken. Diese Entscheidung stehe der Anwendung der Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes, auf die das Heilmittelwerbesetz Bezug nimmt, für in Deutschland ansässige Apotheken nicht entgegen. Die Regelungen zur Warenverkehrsfreiheit gelten hier nicht, schließlich gibt es keinen grenzüberschreitenden Verkauf.
Das EuGH-Urteil führe auch nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Inländerdiskriminierung. Aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folge nicht, dass eine Regelung für Inländer derjenigen für andere Unionsbürger entsprechen muss, solange die Ungleichbehandlung auf sachlichen Gründen beruht. Und einen solchen gewichtigen sachlichen Grund sehen die Richter. Er ergebe sich bereits aus „der Tatsache, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit zwar hinsichtlich des grenzüberschreitenden Verkaufs von Arzneimitteln durch die im Primärrecht der Europäischen Union geregelte Warenverkehrsfreiheit und die dazu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingeschränkt ist, für den Vertrieb von Arzneimitteln innerhalb Deutschlands aber keine entsprechende Einschränkung besteht.“
Eine unterschiedliche Behandlung deutscher und EU-ausländischer Apotheken sei zudem gerechtfertigt, weil sich die Arzneimittelpreisbindung im Hinblick auf die Besonderheiten des deutschen Marktes auf hierzulande ansässige Apotheken weniger stark auswirke als auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken. Letztere seien für einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt in besonderem Maße auf den Versandhandel angewiesen.
Umsatzanteil der EU-Versender noch zu gering
Einen Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit im Inland ansässiger Apotheken sieht der Bundesgerichtshof ebenfalls nicht. Auch wenn mit den preisrechtlichen Bestimmungen in diese eingegriffen werde, sei dies mit Blick auf den Zweck der Sicherstellung einer im öffentlichen Interesse gebotenen flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verhältnismäßig. Aber die Richter räumen ein, dass sich das möglicherweise ändern könnte. Und zwar dann, „wenn der Gesetzeszweck infolge des Umfangs des Verkaufs preisgebundener Arzneimittel durch ausländische Versandapotheken nicht mehr allgemein erreicht werden kann oder die gesetzliche Regelung für inländische Apotheken angesichts des Konkurrenzdrucks aus dem europäischen Ausland nicht mehr zumutbar ist.“ Noch sei dies nicht der Fall, erklärt der Bundesgerichtshof mit Blick auf entsprechende Feststellungen der Vorinstanzen.
Jede Zuwendung ist unzulässig – finanzielle Geringwertigkeit ist nicht entscheidend
Last but not least: Der Verstoß gegen das heilmittelwerberechtliche Zuwendungsverbot beeinträchtigt die Interessen von
Marktteilnehmern auch spürbar. „Der Umstand, dass es sich sowohl
bei einem Brötchen-Gutschein als auch bei einem Ein-Euro-Gutschein um
Werbegaben von geringem Wert handelt, ändert daran nichts.“ Nach dem EuGH-Urteil war wieder die rechtliche Diskussion aufgekommen, ob die sogenannte „Spürbarkeitsschwelle“, die der Bundesgerichtshof einst annahm, wiederbelebt werden müsse, kleine Geschenke also doch erlaubt sein müssten.
Doch der Bundesgerichtshof macht deutlich, dass hierfür kein Raum mehr ist, seit der Gesetzgeber im August 2013 das Heilmittelwerbegesetz so geändert hat, dass gerade diese ausgeschlossen sein sollte. Der Gesetzgeber sei dabei davon ausgegangen, dass jede gesetzlich verbotene Abweichung vom Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel geeignet ist, einen unerwünschten Preiswettbewerb zwischen den Apotheken auszulösen. „Die eindeutige gesetzliche Regelung, nach der jede Gewährung einer Zuwendung oder sonstigen Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG, die gegen die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt, unzulässig ist, darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein solcher Verstoß als nicht spürbar eingestuft und damit als nicht wettbewerbswidrig angesehen wird.“ Kurzum: Auf die finanzielle Geringwertigkeit der Werbegabe darf man nicht abstellen, denn die Preisbindung ist nach dem Willen des Gesetzgebers strikt einzuhalten.
11 Kommentare
Apotheke
von Birgit schwietert am 11.06.2019 um 20:37 Uhr
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Und wenn...
von Jana Nix am 06.06.2019 um 22:11 Uhr
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wieder ein Beweis
von Peter Krause am 06.06.2019 um 21:17 Uhr
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Versender dürfen,
von Karl Friedrich Müller am 06.06.2019 um 15:48 Uhr
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Was ist die Europäische Gesetzgebung eigentlich wert?
von Heiko Barz am 06.06.2019 um 12:25 Uhr
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erstaunlich, wie Realität ausgeblendet wird.
von Karl Friedrich Müller am 06.06.2019 um 11:51 Uhr
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AW: erstaunlich, wie Realität ausgeblendet
von Karl Friedrich Müller am 06.06.2019 um 11:55 Uhr
AW: erstaunlich, wie Realität ausgeblendet
von Anita Peter am 06.06.2019 um 12:10 Uhr
Rx ab sofort ohne Zugaben
von Ulrich Ströh am 06.06.2019 um 11:21 Uhr
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RX-Versandverbot
von Dr. Radman am 06.06.2019 um 10:47 Uhr
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Zugaben
von Roland Mückschel am 06.06.2019 um 9:58 Uhr
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