DocMorris und der SpiFa

Warum kooperiert die ABDA beim E-Rezept nicht mit den Fachärzten?

Berlin - 29.05.2019, 13:15 Uhr

Hat die ABDA auch angeboten bekommen, mit dem Spitzenverband der Fachärzte ein E-Rezept-Projekt zu starten? Die Standesvertretung dementiert. (m / Foto: Imago images / Westend 61)

Hat die ABDA auch angeboten bekommen, mit dem Spitzenverband der Fachärzte ein E-Rezept-Projekt zu starten? Die Standesvertretung dementiert. (m / Foto: Imago images / Westend 61)


Nun ist es also raus: Auch DocMorris bastelt an einem eigenen E-Rezept-Projekt und kooperiert dazu sogar mit dem Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa). Im Apothekenmarkt kursieren derzeit Gerüchte, nach denen auch die ABDA mit den Fachärzten ein E-Rezept-Projekt hätte haben können, dies aber ablehnte. Die ABDA selbst dementiert dies und nennt gute Gründe, warum eine Kooperation mit dem Fachärzte-Verband wenig Sinn machen würde für die Standesvertretung der Apotheker.

Die Kooperation des SpiFa und DocMorris sorgt derzeit für Aufregung im Apothekenmarkt: Der Ärzte-Verband und das niederländische Unternehmen kündigten kürzlich an, dass sie gemeinsam ein E-Rezept-Projekt planen, das Anfang 2020 starten soll. Während eine erste Pressemitteilung dazu sehr vage blieb, verrieten die Kooperationspartner in einem Zeitungsbericht inzwischen mehr: Laut DocMorris sollen auch Vor-Ort-Apotheker an dem Projekt beteiligt werden. Wie das genau passieren soll, wurde aber bislang nicht bekannt. Sowohl der EU-Versender als auch der SpiFa versichern, dass die freie Apothekenwahl erhalten bleibe.

Gerüchte zu Gesprächen mit der ABDA

Hört man sich im Apothekenmarkt zu diesem Thema um, heißt es immer wieder, dass auch die ABDA mit dem SpiFa über ein solches E-Rezept-Projekt gesprochen habe – dies dann aus mehreren Gründen aber abgelehnt habe. Die ABDA will von solchen Gesprächen über das E-Rezept allerdings nichts wissen. Ein Sprecher erklärte gegenüber DAZ.online: „Wir haben in den vergangenen Jahren mehrere Gespräche mit dem SpiFa geführt. Das letzte Gespräch zu einem konkreten Kooperationsprojekt fand allerdings im Jahr 2017 statt. Es ging damals um eine mögliche Zusammenarbeit im Bereich der geriatrischen Pharmazie, die aber aus inhaltlichen, haushalterischen und ordnungsrechtlichen Erwägungen nicht realisiert wurde. Das E-Rezept war seinerzeit kein Thema.“

Warum wäre eine Kooperation mit den Ärzten schwierig?

In der Tat wäre eine Kooperation mit dem SpiFa gleich aus mehreren Gesichtspunkten für die ABDA schwierig. Erstens hört man immer wieder, dass der Fachärzte-Verband eine recht hohe Summe für das E-Rezept-Projekt aufrief – gesucht war also ein Kooperationspartner, der das Konzept mitfinanzieren kann und will. Die ABDA selbst hat in den vergangenen Monaten und Jahren aber bereits viel Zeit und Geld in die eigene E-Rezept-App investiert – eine zweite Investition wäre wohl nur schwer möglich gewesen.

Zweitens wäre eine Zusammenarbeit mit den Fachärzten auch strategisch nicht gerade klug gewesen. Denn die Standesvertretung der Apotheker ist innerhalb der Gematik für die flächendeckende Einführung des E-Rezeptes im Rahmen der Telematikinfrastruktur federführend verantwortlich. Den Partnern in der Gematik, dazu gehört übrigens auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), hätte man nur schwer erklären können, dass man parallel zu den „offiziellen“ Plänen in der Gematik ein eigenes Konzept mit den Fachärzten plane.

Drittens ist der ABDA derzeit sehr wichtig, die im geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen zu unterstützen. Im Entwurf ist vorgesehen, dass weder Ärzte noch Krankenkassen Versicherte zu EU-Versendern lotsen dürfen. Auch das Makeln von E-Rezepten soll verboten werden. Kurzum: Das ohnehin schon für inländische Marktteilnehmer geltende Zuweisungsverbot soll ausgeweitet und strenger gefasst werden. Der ABDA-Sprecher wollte auf diese Punkte nicht eingehen, erklärte aber: „Die Einführung des E-Rezepts verhandeln wir ja ohnehin in der Gematik gemeinsam mit der KBV, die die gesamte Vertragsärzteschaft repräsentiert."

DAV: Die Zeche zahlt der Verbraucher

Schon am gestrigen Dienstag veröffentlichte die ABDA eine Pressemitteilung zu dem Thema. Darin warnte DAV-Chef Fritz Becker davor, die freie Apothekenwahl zu opfern. „Das E-Rezept soll für Patienten leichter handhabbar und sicherer einlösbar sein, darf aber keinesfalls Verbraucherrechte einschränken oder zur Steuerung des Patienten an einen bestimmten Anbieter missbraucht werden."

Becker weiter: „Jeder Patient muss in jedem einzelnen Fall selbst entscheiden, zu welchem Arzt er geht und in welcher Apotheke er das elektronische Rezept einlöst. Kein Arzt, kein Apotheker, keine Krankenkasse und schon gar kein privates Unternehmen darf dieses Selbstbestimmungsrecht unterlaufen. Auch in Zeiten der Digitalisierung, die zweifelsfrei viele Vorteile für Patienten und Heilberufler bringen kann, darf der Patientenschutz nicht gegen die Gewinnmaximierung Einzelner eingetauscht werden.“

Da es vermehrt Berichte darüber gebe, wie „Großunternehmen aus Versandhandel oder IT die Patienten zu bestimmten Leistungserbringern lenken wollen, müsse politisch gegengesteuert werden", fordert der DAV-Chef. „Der Gesetzgeber ist gefordert, Geschäftsmodelle der Patientensteuerung und das Makeln von Rezepten schon in der Anbahnung zu unterbinden. Die Zeche für den Makler bezahlt am Ende immer der Verbraucher.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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