Pharmacon Meran

Vorsicht beim Austauschen von Dermatika

Meran - 29.05.2019, 10:15 Uhr

Bei keiner anderen Applikationsart sind Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Arzneimittels so abhängig von den Eigenschaften des Trägersystems wie bei Dermatika (s / Foto: imago images / Panthermedia)

Bei keiner anderen Applikationsart sind Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Arzneimittels so abhängig von den Eigenschaften des Trägersystems wie bei Dermatika (s / Foto: imago images / Panthermedia)


Bei keiner anderen Applikationsart sind Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Arzneimittels so abhängig von den Eigenschaften des Trägersystems wie bei Dermatika: Die Grundlage kann im Idealfall die Dermato-Pharmakokinetik einer Zubereitung optimieren, wie Prof. Dr. Rolf Daniels vom pharmazeutischen Institut der Universität Tübingen auf dem Pharmacon im Meran zeigte.

Bei der Pharmakotherapie von Hautkrankheiten stehen die Auswahl und Dosierung des Wirkstoffs sowie pathologische Veränderungen an der Applikationsstelle im Vordergrund. Doch auch die Grundlage muss essenzieller Bestandteil des therapeutischen Konzepts sein, sie entscheidet über die kutane Bioverfügbarkeit eines Arzneistoffs und seine Wirksamkeit. Berücksichtigt werden sollte auch, dass sich die primäre oder Applikationsmatrix beim Auftragen auf die Haut verändert. So kann zum Beispiel das Verdunsten von Grundlagenbestandteilen, der Salzgehalt auf der Haut oder ihr Lipidfilm zu einer Umstrukturierung und zu geänderten physikochemischen Eigenschaften führen.

Klassische Formulierungen sind in der Regel salzresistent, aber bei modernen tensidarmen oder tensidfreien Zubereitungen auf Carbpolymerbasis ist nach dem Auftragen auf die Haut zu beobachten, dass sie beginnen zu „schmelzen“. Das Polymergerüst bricht in Gegenwart von Salz zusammen und verflüssigt sich mehr oder weniger, die Eigenschaften dieser Sekundärmatrix können sich teils dramatisch verändern. Die Grundlage als Vehikel bestimmt damit über die Stabilität der Zubereitung, über Wirksamkeit und Verträglichkeit.

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Verwirrende Bezeichnungen

Einem Patienten mit seinem individuellen Hautzustand durch die Auswahl eines Arzneimittels gerecht zu werden, ist für den Dermatologen wie für den Apotheker gar nicht so einfach. Zwar steht eine Vielzahl an Grundlagen zur Verfügung, und mit modernen Hilfsstoffen lassen sich Wasser- und Lipidgehalt von dermatologischen Produkten fast unbegrenzt variabel einstellen, doch häufig ist bei Fertigprodukten der Formulierungstypus nicht zu erkennen. Die Namensgebung sei oft eine Katastrophe, so Daniels.

Fast scheint es, die Bezeichnungen werden willkürlich vergeben. Nach den Vorgaben des European Directorate for the Quality of Medicines and HealthCare (EDQM) werden für neue Dermatika „Standardterms“ vorgegeben, die nur noch zwischen Salbe, Creme und Gel unterscheiden. Hersteller verwenden für ihre Produkte aber oft die unter Dermatologen üblichen Begriffe, die durchaus von den Bezeichnungen der europäischen Arzneibuchmonografien abweichen können. So kann eine Darreichungsform, die Dermatologen als Fettsalbe bezeichnen, nach dem Arzneibuch eine wasseraufnehmende Salbe, eine hydrophobe Salbe oder ein lipophiles Gel sein. 

Was bedeutet das für die Apotheke?

Eine auf Kosteneinsparung ausgerichtete Substitution, die sich nur an der Wirkstoffgleichheit und einer nach den Standardterms zwar formal gleichen Darreichungsform orientiert, kann für den Patienten von Nachteil sein. Über Formulierungskonzept, Vehikel, Emulgatoren oder Konservierungsmittel kann im Idealfall gesteuert werden, wo der Wirkstoff ankommt.

Ändern sich die dermato-pharmakokinetischen Eigenschaften einer halbfesten Zubereitung, ist auch die kutane Bioverfügbarkeit eines Wirkstoffs und damit der Therapieeffekt infrage gestellt. Hier ist der Apotheker gefordert, der einen Austausch aufgrund von Rabattverträgen gegebenenfalls durch pharmazeutische Bedenken verhindern sollte. 



Dr. Carolina Kusnick (ck), Apothekerin 
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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