Oberlandesgericht Düsseldorf

Das gesamte Arzneimittelpreisrecht wankt

Berlin - 29.05.2019, 17:50 Uhr

Apotheken waren die ersten, die das EuGH-Urteil zu spüren bekamen, - nun folgen offenbar Hersteller und Großhändler. (b/Foto: Phagro)

Apotheken waren die ersten, die das EuGH-Urteil zu spüren bekamen, - nun folgen offenbar Hersteller und Großhändler. (b/Foto: Phagro)


Meyer und Douglas sehen ihre Befürchtungen bestätigt

Für den Gesundheitsrechtsexperten Professor Dr. Hilko Meyer kommt die Entscheidung nicht überraschend. Bei der Jahrestagung der klinik- und heimversorgenden Apotheker am gestrigen Dienstag in Mainz verwies er auf seine eigenen Ausführungen unmittelbar nach dem EuGH-Urteil im Oktober 2016. Schon damals habe er auf die mittelfristigen Auswirkungen hingewiesen – nämlich, dass auch „weitere Interessenten“ versuchen könnten, die Grenzen des geltenden Preissystems auszutesten: nicht nur deutsche Versandapotheken, sondern auch ausländische Großhändler, Hersteller und Reimporteure. Die Rechtsprechung des EuGH sei auf die Arzneimittelpreisverordnung insgesamt anwendbar, mahnte Meyer damals wie heute. Und unterstrich damit den dringenden regulatorischen Handlungsbedarf – doch bekanntlich hat die Politik nun schon zweieinhalb Jahre tatenlos verstreichen lassen.

Ein anderer, der bereits vor dem EuGH-Urteil mahnte, ist der Freiburger Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas. Gegenüber DAZ.online zeigte er sich Ende September 2016 überzeugt: Ein Urteil des EuGH, das die Preisbindung für EU-Versender kippt, hätte weitreichendere Konsequenzen als eines, das das Fremd- und Mehrbesitzverbot aufgehoben hätte. Das gesamte Arzneimittelpreisgefüge stehe auf dem Spiel.

Auch jetzt findet Douglas scharfe Worte:  


Die Entscheidung des OLG Düsseldorf verdeutlicht, welch weitreichende Konsequenzen das EuGH-Urteil für die Arzneimittelversorgung in Deutschland hat. Nicht nur das Verhältnis zwischen Apotheken und Endkunden ist insoweit berührt, sondern die gesamte Distributionskette hinauf bis zum Hersteller. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf wird zu erheblichem Druck der Apotheker auf die Hersteller und den pharmazeutischen Großhandel in Deutschland führen. Denn es gibt auf den ersten Blick keine sachliche Rechtfertigung dafür, die Preisspannen auf den Handelsstufen in Deutschland weiter zu begrenzen, wenn ausländischen Anbietern vollumfänglich Rabatte gewährt werden dürfen. Es stellt sich dann nicht mehr die Frage, ob 0,70 Euro rabattierfähig fähig sind oder nicht. Es stellt sich dann die Frage, ob nicht die Apotheken ihre Preise mit den pharmazeutischen Herstellern frei verhandeln können. Sollte die Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf bestätigt werden, wird das gesamte System des Arzneimittel-Preisrechts damit obsolet. Spätestens jetzt muss die Politik schnell agieren, da an diesem Preissystem auch die Preiskontrollmechanismen zugunsten der GKV hängen, die damit mittelfristig ebenfalls ausgehebelt werden.“

Dr. Morton Douglas


Man darf nun gespannt sein auf die Urteilsgründe des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Dann muss sich zeigen, ob die Politik erkennt, wie weit die EuGH-Entscheidung wirklich reicht – und was sie ihr entgegensetzt.



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6 Kommentare

OLG Urteil

von Hans-Dieter Rosenbaum am 30.05.2019 um 11:24 Uhr

Glaubt wirklich noch irgendwer, dass die Politik sinnstiftend handeln wird ? Der geht es nunmehr um die Frage, ob Spahn Wirtschaftsminister wird. Das ist offenbar viel wichtiger. Die ABDA, die sich ausdrücklich nicht als Interessenvertreter einzelner Apotheker versteht (Originalton Schmidt), hat nun wirklich alle Hände voll zu tun mit ihrem Umzug. Was momentan passiert, passiert nun wirklich zur Unzeit. Weil jeder, der etwas bewegen könnte, sich in Scheinprobleme flüchtet. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten ...

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.

von Anita Peter am 30.05.2019 um 6:36 Uhr

Ist ja nicht so als gäbe es kein Instrument um alles (!!) wieder ins Lot zu bringen.

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Sehr schön

von Stefan Haydn am 29.05.2019 um 22:02 Uhr

Darauf habe ich gewartet.
Dann bitte sofort her mit vergleichbaren Einkaufsrabatten für mich, sonst liegt hier ebenfalls klare Inländerdiskriminierung vor.
Pech für die KrankenKassen :-)
Eine Steilvorlage für Einkaufskooperationen, noch mehr Druck auf die Hersteller.

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Das wird spannend ....

von Bernd Jas am 29.05.2019 um 21:48 Uhr

....wenn der GKV ihre Sklaven und Knechte verloren gehen.
Und die sollen bloß nicht wieder kommen mit "rückwirkend"; wir sind am Zuge, insbesondere dann wenn das SGB V auch mit ins wanken gerät.

Morituri te salutant

Dann bedien´ ich mich auch gerne noch beim Konstantin dem Wecker:
"Und am Rand sind ein paar Unverbesserliche noch verdutzt!
Die alten Ängste, pittoresk gepflanzt
Treiben sehr bunte, neue Blüten
Die Bullen beißen wieder und der Landtag tanzt –
Endlich geschafft, ein Volk von Phagozyten!"

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Jetzt noch .....

von gabriela aures am 29.05.2019 um 19:39 Uhr

...Uber billiger tanken lassen, damit sie ihre Kampfpreise halten können, während die deutschen Taxifahrer mit Auflagen überschüttet bleiben, dann paßt ja alles.

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OLG Urteil

von Küsgens,Bernd am 29.05.2019 um 19:22 Uhr

Das wars dann wohl.

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