Pharmacon Meran 2019

Warum ist Cefuroxim so beliebt?

Meran - 28.05.2019, 17:50 Uhr

Krankenhausapothekerin Edith Bennack mahnt vor der leichtfertigen Verordnung von Cefuroxim. (Foto: DAZ/ck)

Krankenhausapothekerin Edith Bennack mahnt vor der leichtfertigen Verordnung von Cefuroxim. (Foto: DAZ/ck)


Besser zweimal Cefuroxim als gar keine Antibiose?

Kein Cefuroxim, dafür plädiert Bennack vor allem auch bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen (HWI). Abgesehen davon, dass die Leitlinie zu Harnwegsinfektionen das Cephalosporin nicht berücksichtigt, besticht es negativ auch mit hohen Resistenzen gegen E. coli – dem häufigsten Erreger bei HWI – im ambulanten und stationären Setting. Das Robert Koch-Institut (RKI) ermittelte E. coli-Resistenzen für 2017 (veröffentlicht September 2018) und fand 11,5 Prozent Cefuroxim-resistente E. coli und 36,5 Prozent intermediär resistente E. coli-Stämme für Cefuroxim (ambulant). In der Klinik waren 17,2 Prozent der E. coli resistent und 34 Prozent intermediär resistent gegen Cefuroxim. Bennack erklärt: „Bei intermediär resistenten Keimen bräuchte man eigentlich höhere Dosen, um eine ausreichende Wirksamkeit von Cefuroxim gegen E. coli zu gewähren“. Das Problem hierbei: „Eine Dosiserhöhung bei Cefuroxim ist außerhalb der Zulassung", so die Krankenhausapothekerin.

Patientenangst vor Penicillinen

Die Antibiotika der ersten Wahl bei Harnwegsinfektionen sind Fosfomycin, Nitrifurantoin, Nitroxolin und Pivmecillinam – und zwar gleichberechtigt, die Reihenfolge in der Leitlinie fußt rein auf dem Alphabet. Nach Ansicht Bennacks ist Pivmecillinam das Mittel der Wahl, hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit.

Warum aber verordnen viele Ärzte das Penicilinderivat nicht? Erika Fink, ehemalige Präsidentin der Bundesapothekerkammer und der Landesapothekerkammer Hessen, gibt in der Diskussion nach Bennacks Vortrag zu bedenken, dass manche Ärzte Cefuroxim wegen der nur zweimal täglichen Einnahme bevorzugen könnten. Ihrer Erfahrung nach stünde die arbeitsame Bevölkerung einer dreimal täglichen Einnahme, wie bei Penicillinen aufgrund der kurzen Halbwertszeit üblich, kritisch gegenüber. Somit könnten Ärzte eine zweimal tägliche Cefuroximgabe noch als kleineres Übel vor gar keine Antibiose sehen, gibt Fink zu bedenken. Auch mahnt Fink, dass die Angst bei Patienten vor Penicillinen, meist das einzige Antibiotikum, das sie überhaupt kennen, in der Bevölkerung weit verbreitet sei, und Patienten aus diesem Grund „alles was ,-cillin' enthält nicht einnehmen wollen". Auch wenn diese Argumente Apothekern vielleicht fachlich unverständlich seien, könnten diese dennoch zum Verordnungsverhalten der Ärzte beitragen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Cefuroxim - PPI

von Heike Nickolay am 29.05.2019 um 6:36 Uhr

Zusätzliches Problem: Vielen Ärzten scheint die Wechselwirkung mit PPI´s (Bioverfügbarkeit sinkt unter wirksame Dosis) nicht bekannt zu sein. Macht immer wieder Spaß, vor allem ab Freitagmittag, wenn die Ärzte in Ihrem wohlverdienten Wochenende sind.

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