Verbindung zu 160.000 Fachärzten

DocMorris und Fachärzte kooperieren beim E-Rezept

Berlin - 27.05.2019, 08:45 Uhr

Paukenschlag aus den Niederlanden: Der Versandhändler DocMorris kooperiert bei seinem eigenen E-Rezept-Projekt mit dem Spitzenverband der Fachärzte, dem größten Fachärzte-Verband Deutschlands, der rund 160.000 Mediziner vertritt. (m / Foto: DocMorris)

Paukenschlag aus den Niederlanden: Der Versandhändler DocMorris kooperiert bei seinem eigenen E-Rezept-Projekt mit dem Spitzenverband der Fachärzte, dem größten Fachärzte-Verband Deutschlands, der rund 160.000 Mediziner vertritt. (m / Foto: DocMorris)


Der Arzneimittel-Versandhändler DocMorris steigt ins Geschäft mit den E-Rezepten ein. Das niederländische Unternehmen ist dabei jedoch nicht alleine. Vielmehr hat sich der EU-Versender für die Umsetzung des eigenen E-Rezept-Konzeptes den Spitzenverband der Fachärzte geangelt, der in Deutschland mehr als 160.000 Mediziner vertritt. Für die Apotheker kann diese Entwicklung gefährlich sein. Das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz erscheint nun in einem ganz anderen Licht.

Beim DAV-Wirtschaftsforum vor etwa zweieinhalb Wochen sagte der ABDA-IT-Chef Sören Friedrich einen Satz, der am heutigen Montag eine ganz neue Bedeutung bekommen wird: „Am schlimmsten wäre es, wenn DocMorris mit einer eigenen E-Rezept-App auftaucht.“ Das ist nun passiert. Doch es ist noch mehr passiert: Die Niederländer haben am heutigen Montagmorgen bekanntgegeben, dass sie bei der Umsetzung ihres Konzeptes mit dem Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) kooperieren – das ist der größte Fachärzte-Verband, den es in Deutschland gibt. Zu ihm gehören zahlreiche Facharzt-Verbände der einzelnen Fachrichtungen.

Der Verband und DocMorris haben am heutigen Montag eine Pressemitteilung veröffentlicht, aus der noch nicht allzu viele Details über die Funktionsweise der Kooperation herauszulesen sind. Klar ist: Das Projekt soll im kommenden Jahr starten und wird seitens der Ärzte über die Sanakey-Gruppe gesteuert, eine Unternehmensgruppe, die zum SpiFa gehört und vom ehemaligen FDP-Bundestagsabgeordneten Lars Friedrich Lindemann geleitet wird. Konkret heißt es in der Mitteilung: „Der SpiFa und die zu ihm gehörende Sanakey-Gruppe werden mit der Apotheke DocMorris bei der Suche nach innovativen Lösungen bei Themen wie Arzneimitteltherapiesicherheit und -distribution zusammenarbeiten sowie ein Pilotprojekt zur Einführung des elektronischen Rezepts umsetzen.“

DocMorris: Wir starten 2020

In dem Projekt gehe es um eine „bessere Information von Ärzten und Patienten durch Apotheker“. Lindemann, der auch Hauptgeschäftsführer beim SpiFa ist, erklärte dazu: „Ärzte und Apotheker werden vor Ort besser zusammenarbeiten können. Das nützt nicht nur ihnen, sondern auch den Patienten.“ Wichtig sei dabei, auch IT und Künstliche Intelligenz (KI) vernünftig einzusetzen, um in der Versorgung zu Verbesserungen zu kommen.

Olaf Heinrich, CEO von DocMorris, sagte: „Die Digitalisierung des Gesundheitssystems erfordert eine Abkehr vom Silo-Denken und die Umsetzung eines Plattformgedankens, der Leistungserbringer, Kostenträger und Patienten verbindet. Unsere Kooperation zeigt, dass Ärzte und Apotheken gemeinsam mit den Krankenkassen bereits viel erreichen können. Dank unserer erprobten E-Rezept-Technologie und umfassenden Arzneimitteltherapie-Sicherheitsprüfung, können alle Marktbeteiligten bereits vor der offiziellen Einführung des E-Rezepts im kommenden Jahr von den Vorteilen profitieren“, so Olaf Heinrich. Und Heinrich weiter: Die Einführung des E-Rezeptes werde den gesamten Gesundheitsmarkt nachhaltig beeinflussen, „weil sie schnellere, kostengünstigere und sicherere Prozesse erlaubt“. 

Horror-Szenario für Apotheker

Für die Apotheker ist diese Marktentwicklung gefährlich. Denn vor nichts hat die ABDA in Bezug auf das E-Rezept in den vergangenen Monaten mehr gewarnt, als dass die freie Apothekenwahl verloren geht. Wenn nun tausende Fachärzte von ihren Fachverbänden die Empfehlung bekommen, bei der Ausstellung eines E-Rezeptes auf DocMorris hinzuweisen, kann sich der Markt alleine dadurch schlagartig verändern.

Vor diesem Hintergrund bekommen auch die geplanten Neuregelungen im Apotheken-Stärkungsgesetz eine ganz neue Bedeutung. Zur Erinnerung: Das Bundesgesundheitsministerium will es den EU-Versendern mit Blick auf das E-Rezept verbieten, Absprachen mit Ärzten zur Weiterleitung von Rezepten zu vereinbaren. Auch das „Makeln“ von E-Rezepten soll verboten werden. Und: Ebenfalls soll es Ärzten und Krankenkassen im SGB V verboten werden, Patienten hinsichtlich ihrer Apothekenwahl zu beeinflussen.

Verbandschef Lindemann, der den DocMorris-Deal für den SpiFa offenbar eingetütet hat, ist kein Unbekannter im Gesundheitswesen. Der Jurist zog 2009 über die Landesliste Berlin der FDP in den Bundestag ein. Nach dem Scheitern der FDP bei der Bundestagswahl 2013 wurde Lindemann Vorsitzender des SpiFa. 2017 kam Lindemann erneut in die Schlagzeilen – er wurde nominiert als potenzieller Kandidat für einen Posten als Unabhängiger im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Doch der Gesundheitsausschuss des Bundestages machte ihm einen Strich durch die Rechnung und stimmte einstimmig gegen seine Ernennung. Die Abgeordneten hatten offenbar große Bedenken bezüglich der Unabhängigkeit von Lindemann für den G-BA. Nach der vergangenen Bundestagswahl sorgte Lindemann erneut für Aufsehen: Laut einem Bericht der „Bild am Sonntag“ stand der Ärzte-Funktionär damals auf der Gehaltsliste eines FDP-Bundestagsabgeordneten.

Auch mit Apothekenthemen hatte LIndemann schon mehrfach zu tun. Im Vorfeld der Anpassung des Fixhonorars im Jahr 2012 erklärte Lindemann, dass er auch Verständnis für die Krankenkassen hat, schließlich brauche man eine „Strukturbereinigung auf dem Apothekenmarkt“. Es müsse nicht an jeder Straßenecke eine Apotheke geben. Die „Welt“ zitierte Lindemann damals mit dem Satz: „ Es gibt mehr Apotheken als Tankstellen in Deutschland, und mir ist kein Deutscher bekannt, der nicht wüsste, wie er rasch an Benzin käme.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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17 Kommentare

Nur offiziel bestätigt!

von Stefan Haydn am 28.05.2019 um 11:42 Uhr

Der Fachärzteverband bestätigt nun nur offiziell die schon seit geraumer Zeit von Patienten angeprangerten Zuweisungen der Fachärzte an Versand-Apotheken. In meinem Umfeld scheint dies gerade im Diabetes-Bereich ohne schlechtes Gewissen zu erfolgen.
Da wundert einen gar nichts mehr und wie Deutschland beim Thema Korruption dasteht, kann man ja in offiziellen Berichten ersehen.
"Bananenrepublik" trifft es ganz gut!

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Über 7 Brücken musst du gehn....

von Klaus Schiller am 28.05.2019 um 11:29 Uhr

Liebe Mitstreiter,

wen wundert diese Entwicklung, wenn ABDA und DAV versuchen MAUERN statt Brücken zu bauen (nach dem "Vorbild" von D.Trump) und das soll die Zukunft sein?

Deutschland ist keine Insel und jeder Versuch den freien Wettbewerb einzuschränken wird zwangläufig in eine Sackgasse führen!

Wir sollten die Chance JETZT ergreifen und versuchen mit dem Versandhandel GEMEINSAME Lösungen zu schaffen bis uns die US-Konzerne (Amazon & Co.) dann ungefragt überrollen.

Getreu der Volksweisheit: "Wenn du den Feind nicht besiegen kannst, dann mache ihn dir zum Freund!"

Das wär mal was NEUES, weil das Gejammer ohne konstruktive Lösungen vieler Kollegen nervt auf Dauer einfach...

Viele Grüße
KS

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"offizielle Reaktion" auf DIESE Ankündigung

von Dr.Diefenbach am 27.05.2019 um 17:22 Uhr

WO bleibt sie?Wo ist endlich das Bekenntnis,dass wir NICHTS mehr ausrichten werden und wenn das (hoffentlich) NICHT zutrifft,WO ist dann die sachliche Gegenpositionierung?Zum wiederholten Male:Der Beruf steht für weit über 5o Mrd Umsatz p.a. und ist NICHT in der Lage,diese positive Ausgangslage für die eigenen Zwecke umzumünzen?Der Begriff für dieses Missmanagement muss erst noch erfunden werden.Hier gleich noch die Nachfrage:Was wurde eigentlich aus dem Ansinnen der Kollegen Dobbert und Engeren in Bezug auf Wechselstrategien in der Spitze??Das steht ja Alles im Zusammenhang.-Von der Politik ,die uns zur Zeit regiert,werden wir allerdings nach der Wahl von gestern nun noch weniger zu erwarten haben.Ausser dort gäbe es Wechsel.zB mit dem jungen CDU Vertreter Linnemann bei Finanzen und eben doch Frau Widmann-Mauz als für uns zuständig?Es kann personell doch nur besser werden.

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Das war schon immer der Sinn des e-rezeptes

von ratatosk am 27.05.2019 um 15:11 Uhr

So tragisch das enden mag, das war immer schon das Ziel der großkapitalistischen Strippenzieher. Wer das nicht so gesehen hat, sollte nicht in Verbänden arbeiten, da dort ein Minimum an Strategieverständnis benötigt wird.
Für die Honorierung der "Zuweisung " die es natürlich nicht geben darf, werden schon Wege gefunden werden, da diese Gruppe ganz sicher nicht ohne Knete für andere einen Finger rührt.

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AW: Das war schon immer der Sinn der EU

von Bernd Jas am 28.05.2019 um 9:48 Uhr

Mit Hilfe der EU wird bei UNS der § 11 ApoG für alle außer UNS zur Lachnummer.

Kooperieren heißt...

von Reinhard Rokitta am 27.05.2019 um 12:32 Uhr

auf NeuDeutsch: Bestechen?
Diese "Dienstleistung" wird bestimmt besser honoriert als sie Spahn für Apotheken vorsieht...

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Wieso

von Karl Friedrich Müller am 27.05.2019 um 11:25 Uhr

Erscheint „nun“ in einem ganz anderen Licht?
War doch klar
und wird und wurde ignoriert

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"Armes"Deutschland

von Peggy Goblirsch am 27.05.2019 um 11:23 Uhr

So etwas geht in keinem anderen Land...nur in Deutschland....und auch noch politisch gewollt....unglaublich

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Der Patient ist am Ende die arme Sau

von Christiane Patzelt am 27.05.2019 um 10:42 Uhr

und Doc Morris braucht keine ABDA!

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AW: Der Patient ist am Ende die arme Sau oder Wir haben einen Kropf

von Bernd Jas am 28.05.2019 um 9:42 Uhr

Brauchst Du die ABDA?

AW: Der Patient ist am Ende die arme Sau

von Christiane Patzelt am 28.05.2019 um 10:05 Uhr

Lieber Bernd, genau DIESE ABDA mit der personellen Besetzung brauche ich überhaupt nicht. Ich finde sowohl Vize Arnold wie auch Lutz Tisch fürchterlich, Friedemann fehlt die Durchsetzung und Durchdringung -- auch hier kein kämpferisches Wollen zu sehen. Das Postengeklebe ist unerträglich, bei Versagen werden keine Konsequenzen gezogen, bei entscheidenen News gibt es kein Statement (wo war gestern irgendetwas von der ABDA bez. DocMo-Ärzte-Vereinbarung zu lesen? ). Ich finde es sehr wichtig, ein oder 2 redende Köpfe zu haben, die uns vertreten---aber nicht im 4 Millionen-Bau und nicht in dieser Haltung einer gekochten Nudel....und wenn du es schon ansprichst --ich bin ein riesen Fan von 4 Kammern und 4 Verbänden! Dieses KleinKlein in unseren Landesvertretungen bindet viel zu viel Ressourcen und hat viel zu wenig Schlagkraft, wenn die ABDA so rumnudelt, wie sie es jetzt tut.....DIESE ABDA ist wie ein Familienmitglied, was sich selber ständig in die Scheiße reitet und die ganze Familie muss es retten...nur dafür haben wir zunehmend weniger Kraft/Zeit/Bock....Die Schwäche genau dieser Selbstverwaltung fällt uns voll auf die Füße und mir fehlen Leute, die für die Sache "Apotheke-vor-Ort" fighten und den Verhandlern mit Visionen kommen, wie die Apotheke 2025 aussehen könnte/sollte. Und dafür sollte man uns auch mal befragen. Aber miteinander reden ist genau das, was DIESE ABDA gar nicht mehr macht----für mich hat DIESE ABDA total verloren/versagt/verpennt/verantwortungslos reagiert! Die Schwäche der ABDA wird zur Stärke der zurRoseGroup!
Wollen/Können wir uns das weiter leisten? Um Energien freisetzen zu können, sollten wir unser Konstrukt der Standesvertretung neu gestalten! Die Verbände und Kammern muten uns durch Fehlentscheidungen ständig zu, unsere Geschäftsaktivitäten neu zu denken -- genau das fordere ich von den Verbänden und Kammern -- jetzt sind auch mal diese verkrusteten Institutionen dran (sorry Herr Dobbert, Sie kennen mich), sich neu zu denken! Es gäbe keinen besseren Zeitpunkt! Und ich weiß, da draussen gibt es soviel engagierte KollegInnen, die sich das genau so wünschen. Ein wenig Zukunftssicherheit wäre schön für unsere Familien! Grüße dich, Bernd -ich hoffe, wir sehen uns bald mal wieder :)

AW: Der Patient ist am Ende die arme Sau

von Bernd Jas am 29.05.2019 um 22:04 Uhr

Danke,
was kann ich dem noch hinzufügen?
Vielleicht; Lass uns doch einhaken in den Kieferschen Rettungsanker der pharmazeutischen Dienstleistungen, unter Wasser ist´s wenigstens konkreter als im Nebel künftiger Verhandlungen zu Gunsten der GKV,

DocMorris und Fachärzte kooperieren beim E-Rezept

von Uwe Hüsgen am 27.05.2019 um 10:03 Uhr

Müssten die Mitglieder des ABDA-Gesamtvorstandes nicht spätestens jetzt ihren Beschluss bekräftigen, zum Rx-VV zurückkehren zu wollen - und damit zu einem zweiten Versuch beim EuGH antreten?!!

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AW: DocMorris und Fachärzte kooperieren

von Uwe Hansmann am 27.05.2019 um 10:45 Uhr

. . . das müssten sie unbedingt !!!

AW: Die Abda tut wieder nichts!

von Peter Krause am 27.05.2019 um 13:45 Uhr

Es wird mich und meine gesamte Familie treffen! Trotzdem werde ich zynisch lachen wenn alle feststellen, dass DocM eben nicht mit falsch ausgestellten Rezepten umgehen kann. Jedenfalls hat sich das Theme Fachkräftemangel im pharmazeutischen Bereich erledigt.

AW: AWDocMorris und Fachärzte kooperieren

von Bernd Jas am 28.05.2019 um 9:40 Uhr

Lieber Herr Hüsgen,
da habe ich arge Bedenken, dass die Abda sich zu irgend etwas gemüßigt fühlen könnte.
Ich für meinen Teil impfe ab sofort alles was nicht bei drei auf dem HV-Tisch tanzt und dabei die mitgebrachten Mock Dorris Prospekte aus den Arztpraxen mampft.

Erfüllungsgehilfe des Arztes ...

von Christian Timme am 27.05.2019 um 9:16 Uhr

Diese Definition stand schon länger „im Raum“ ... jetzt wird sie sichtbar und ... kommt auch noch über die Fachärzte. Spahn kann „schreiben“ was er will ... die ABDA weiter „schweigen“ ... die Apotheke darf es richten ... Ende dieser „Witzveranstaltung“ ...

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