Sankt Augustin

Apotheker und Hochschule testen Roboter in Vor-Ort-Apotheke

München - 21.05.2019, 17:50 Uhr

Apotheker Florian Wehrenpfennig testet in seiner Apotheke gemeinsam mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg einen Roboter. (Foto: Wehrenpfennig)

Apotheker Florian Wehrenpfennig testet in seiner Apotheke gemeinsam mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg einen Roboter. (Foto: Wehrenpfennig)


Kampf mit der Technik

Derzeit kämpfen die Wissenschaftler allerdings noch damit, ein stabiles Netz herzustellen, um die Datenübertragung sicherzustellen. Zudem reagieren die Sensoren des Roboters noch unterschiedlich auf Lichtreize. Sowieso kann Charly noch nicht völlig alleine mit den Kunden interagieren – im Hintergrund sitzt daher ein real existierender Mensch, der mithört und den kleinen Mann steuert. Wenn Charly aber dazugelernt hat, könnte er eines Tages Kunden dabei helfen, sich zu registrieren und eine Kartei anzulegen. Vielleicht gelingt es ihm irgendwann auch, die Beratung zu einfachen Produkten, beispielsweise Hustenbonbons, zu übernehmen.

Für eine komplexe Beratung zu ernsthaften Indikationen wird es aber immer den Menschen brauchen, glaubt Vaziri. „Es ist unrealistisch, dass der Computer völlig autonom arbeitet.“ Wehrenpfennig hingegen könnte sich vorstellen, dass der smarte digitale Helfer eines Tages auch komplexere Gespräche und Beratungen durchführt – „das ist alles eine Frage der Software“, sagt der Apotheker. Wenn es zudem immer schwerer fällt, Fachpersonal zu finden, könnte Pepper in ferner Zukunft gar eine Alternative zum realen Mitarbeiter sein. Aber das, so Wehrenpfennig, sei die Königsdisziplin. Und überhaupt, Apotheke sei ein beratungsintensives Geschäft, in dem die Kunden mit Menschen sprechen wollen. Im Übrigen bräuchte es den entsprechenden rechtlichen Rahmen, damit Maschinen anstelle von Menschen komplexe Gespräche führen. Denn was ist, wenn dabei etwas schief läuft? 

Das dürften auch seine 19 Mitarbeiter gerne hören. Mit denen hat er vor dem ersten Arbeitstag von Charly einen Workshop veranstaltet. Es ging ihm darum, Sorgen zu nehmen – niemand, so das Signal, werde durch Pepper ersetzt.

(Foto: Wehrenpfennig)

Einsatz im Baumarkt

Andererseits fallen dem Apotheker durchaus Tätigkeiten ein, die der willige Helfer übernehmen könnte. Dokumentation zum Beispiel, das könnte etwas für Pepper sein. Auch in der Pflege, wo der Personalmangel noch größer ist, könnte der Roboter solche Arbeiten übernehmen. Wehrenpfennig könnte sich auch vorstellen, den Roboter in anderen Branchen einzusetzen, in Baumärkten zum Beispiel. Dort könnte er Kunden den Weg weisen, wenn sie die Wandfarbe oder die Beschläge nicht finden. Eine falsche Beratung hätte dort weniger schwere Folgen als in der Apotheke. Im Übrigen weiß er, dass das Gerät in Japan bereits in Hotels und Banken eingesetzt werde.

Vaziri hält es zudem für möglich, dass durch Pepper & Co. eines Tages ein völlig neues Berufsbild entsteht: dass ein Mensch im Hintergrund mehrere Roboter steuert und per Computer eingreift, wenn diese in einer konkreten Situation, zum Beispiel einer Beratung, an ihre Grenzen stoßen.

Jetzt hofft der Wissenschaftler aber erstmal, dass Charly bis zum Herbst etwa zehn Prozent aller Anwendungsfälle in der Apotheke beherrscht. In knapp zwei Jahren, wenn das Projekt ausläuft, sollten es dann 30 bis 40 Prozent sein. Charly wäre dann ein halbwegs einsetzbarer Mitarbeiter. Allerdings endet dann seine Projektphase.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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