Apotheken Umschau fragt zu Schmerzmitteln

Deutsche sind sorgsam im Umgang mit Analgetika

Stuttgart - 15.05.2019, 16:45 Uhr

90 Prozent der Deutschen wissen, dass Analgetika die Leber schädigen können oder sich nicht alle Schmerzmittel in der Schwangerschaft eignen. (Foto: areeya_ann / stock.adobe.com)

90 Prozent der Deutschen wissen, dass Analgetika die Leber schädigen können oder sich nicht alle Schmerzmittel in der Schwangerschaft eignen. (Foto: areeya_ann / stock.adobe.com)


Die Apotheken Umschau hat nachgehakt – was wissen die Bundesbürger über Schmerzmittel? Wie sorglos oder pflichtbewusst praktizieren sie ihre Analgesie, und gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen? Frauen scheinen zumindest für alle Schmerzeventualitäten besser vorbereitet.

Schmerzmittel: Wer nimmt sie? Gegen welche Beschwerden? Und was wissen die Bundesbürger allgemein über Analgetika? In einer repräsentativen Umfrage ermittelte die GfK Marktforschung Nürnberg im Auftrag des Wort & Bild Verlages das Wissen der Bundesbürger über und den Gebrauch von Schmerzmittel. Durchgeführt wurde die persönlichen Interviews an 994 Frauen und Männern ab 14 Jahren im Zeitraum von 7. bis 14. Dezember 2018.

Profundes Wissen über Analgetika

In der ersten Rubrik „Allgemeine Aussagen zu Schmerzmitteln“ prüften die Marktforscher, wie profund das Wissen über Analgetika in der Bevölkerung ist. Die Ergebnisse können sich durchaus sehen lassen, geschlechterspezifische Unterschiede gibt es kaum. Über 90 Prozent der Männer und Frauen wissen, dass manche Schmerzmittel die Leber schädigen können oder für Kinder ungeeignet sind oder während einer Schwangerschaft nicht eingenommen werden dürfen. Dass manche Analgetika das Risiko für Magenblutungen steigern oder gar die Gefahr für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen, wissen rund 80 Prozent. Bei Analgetika scheinen die Deutschen besser informiert als bei Antibiotika - in diesem Themenfeld förderte eine Umfrage vor geraumer Zeit enorme Wissenslücken zutage. 60 Prozent der Befragten wussten nicht, dass Antibiotika gegen bakterielle Infektionen wirken.

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Wie oft greifen die Befragten zu Analgetika? Und aus welchem Gründen? Ob rezeptfrei oder verschreibungspflichtig therapiert wird, hält sich laut Angaben der Befragten mehr oder weniger die Waage: 32,9 Prozent nehmen mindestens einmal im Monat Rx-Analgetika ein, bei den rezeptfreien bestätigen dies 31,3 Prozent. Vor allem bei Kopfschmerzen greifen die Bundesbürger zu Analgetika in der Selbstmedikation (20,4 Prozent), gefolgt von Rückenschmerzen (10,1 Prozent) und Gelenkschmerzen (8,8 Prozent). Verschreiben hingegen lassen sich die Befragten Schmerzmittel vor allem bei Rücken- (16,4 Prozent) und Gelenkschmerzen (15 Prozent) und 12,9 Prozent, wenn sie unter Kopfschmerzen leiden. Bei Menstruationsschmerzen greifen 8,6 Prozent der Frauen mindestens einmal monatlich zu Analgetika – und zwar gleichermaßen zu Rx- und Non-Rx-Präparaten. Das ist jede zwölfte Frau.

Frauen horten eher Schmerzmittel

In zwei Punkten gibt es geschlechterspezifische Unterschiede: Signifikant mehr Frauen (32,4 Prozent) als Männer (17,9 Prozent) greifen aufgrund von Kopfschmerzen mindestens einmal monatlich zu Analgetika, sowohl zu verschreibungspflichtigen als auch zu rezeptfreien. Und: „Ich habe mehrere unterschiedliche Schmerzmittel zum Einnehmen zuhause, um für verschiedene Arten von Schmerzen vorbereitet zu sein“, diese Aussage bestätigen mit 48,1 Prozent signifikant mehr Frauen als Männer (35,5 Prozent).

Leitlinie regelt Übergebrauch von Schmerzmitteln

Der Umgang mit Analgetika scheint jedoch laut Ergebnissen der Apotheken-Umschau-Umfrage sehr pflichtbewusst: Knapp 70 Prozent warten vor Einnahme möglichst lange, ob sich die Schmerzen nicht von alleine bessern, 41 Prozent sorgen sich um Abhängigkeiten und vermeiden darum die Einnahme von Analgetika. In der Tat sind Arzneimittelabhängigkeiten bei Schmerzmitteln nicht von der Hand zu weisen. Das Problem besteht, erst 2018 hatte die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DGMK) darauf reagiert und die neue S1-Leitlinie „Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH)“ veröffentlicht. Die Experten definieren Grenzwerte für einen Übergebrauch der einzelnen Substanzgruppen. Ein Übergebrauch liegt laut Leitlinie dann vor, wenn Patienten Triptane, Opioide, Ergotamine und kombinierte Analgetika an mindestens zehn Tagen pro Monat einnehmen. Bei einfachen Analgetika setzen sie die Grenze bei 15 oder mehr Tagen an.

Nur ein Drittel der Befragten gab an, „Ich nehme bei Bedarf immer sofort ein Schmerzmittel ein, um die Schmerzen möglichst schnell wieder loszuwerden". 

Knapp die Hälfte differenziert nicht, welche Schmerzart sie plagt und nimmt bei Schmerzen aller Art immer das „Lieblingsschmerzmittel" ein. In einigen Fällen ist dies nicht verkehrt. Allerdings sollte Acetylsalicylsäure bei Zahnschmerzen nicht das Mittel der Wahl sein oder auch bei einer gewünschten Entzündungshemmung nicht unbedingt Paracetamol eingesetzt werden, auch wenn das vielleicht die Lieblingsanalgetika der Patienten sind.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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