Rückschlag für Impfgegner

Frankreich: Klage gegen Impfpflicht scheitert vor Gericht

Remagen - 14.05.2019, 15:45 Uhr

Der Conseil d'état hat als Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht die Klagen von Impfgegnern gegen die Impfpflicht zurückgewiesen. ( r / Foto: dpa)

Der Conseil d'état hat als Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht die Klagen von Impfgegnern gegen die Impfpflicht zurückgewiesen. ( r / Foto: dpa)


In Frankreich haben Impfgegner einen herben Dämpfer hinnehmen müssen. Sie hatten versucht, die Impfpflicht über das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Achtung des Privatlebens auszuhebeln. Der Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht des Landes sah den zufriedenstellenden Impfschutz der gesamten Bevölkerung als höherwertig an. Anderweitig könne dieser nicht erreicht werden, so die Begründung.

Im Januar 2018 wurde in Frankreich durch das Gesetz Nr. 2017-1836 vom 30. Dezember 2017 über die Finanzierung der sozialen Sicherheit eine Reihe neuer Impfpflichten eingeführt. Konkret wurde die Zahl der obligatorischen Impfungen von bis dahin drei (Diphtherie, Tetanus und Kinderlähmung) auf elf ausgedehnt. Hinzu kamen Impfungen gegen Keuchhusten, invasive Haemophilus influenzae Typ B (Hib), Hepatitis-B-Virus, invasive Pneumokokken-Erkrankung, Meningokokken der Serogruppe C, Masern, Mumps und Röteln). 

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Nähere Einzelheiten für die Implementierung der erweiterten Impfpflichten wurden  per Dekret (Nr. 2018-42) vom 25. Januar 2018 festgelegt. Hiernach müssen Kinder diese elf Impfungen in den ersten 18 Lebensmonaten bekommen. Eltern sollen in der Schule oder im Kindergarten entsprechende Impfnachweise vorlegen müssen. Ursprünglich waren auch Strafen bei Strafen bei Nicht-Einhaltung geplant, aber davon rückte der Staat erst einmal wieder ab. Bereits vor mehr als zwei Jahren hatte der französische Verfassungsrat entschieden, dass die Impfpflicht nicht gegen die Grundrechte verstößt. Impfgegner hatten die Entscheidung scharf kritisiert. 

Impfgegner pochen auf Achtung des Privatlebens

Nun hat der französische Staatsrat (Conseil d'État) in seiner Funktion als oberstes Verwaltungsgericht des Landes die Rechtmäßigkeit der Impfpflicht in zwei Entscheidungen erneut bestätigt und die Impfgegner in ihre Schranken verwiesen. Im ersten Fall (Entscheidung Nr. 419242) hatte die Nationale Liga für Impffreiheit beim Conseil d'État einen Antrag auf Nichtigerklärung des Dekrets Nr. 2018-42 über die obligatorische Impfung eingereicht. Die Vereinigung machte im Wesentlichen einen Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit geltend, das sich aus der Achtung des Privatlebens ableitet, gestützt auf Artikel 8 der Konvention über den Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten.

Kollektive Immunität rechtfertigt Pflichtimpfungen

In seiner Entscheidung erinnert der Staatsrat an das Ziel des Gesetzes zur Erweiterung der Liste der obligatorischen Impfungen. Die elf betroffenen Infektionen seien hoch ansteckend und schwerwiegend bis lebensbedrohlich oder anfällig für schwere Komplikationen, betont der Consel d`État. Die Impfpflicht solle die Impfabdeckung zu verbessern, insbesondere, um die für die Immunität der gesamten Bevölkerung erforderliche Schwelle zu erreichen. Von der kollektiven Immunität sollten besonders die Menschen profitieren, die aufgrund medizinischer Kontraindikationen nicht geimpft werden können. Die Impfstoffe seien sehr wirksam, bei einigen Krankheiten bis zu einhundert Prozent und ihre Nebenwirkungen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und den erwarteten Nutzen begrenzt. Der Conseil d'État kommt zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber mit den Pflicht-Impfungen eine durch den Schutz der öffentlichen Gesundheit begründete Einschränkung des Rechts auf Privatsphäre zugelassen hat, und lehnt daher den Antrag auf Annullierung des angegriffenen Dekrets ab.

Aliminiumsalze als Adjuvantien ein Sicherheitsrisiko?

Im zweiten Fall (Entscheidung Nr. 415694) hatten 3.000 Petenten beim Minister für Solidarität und Gesundheit beantragt, die Impfstoffhersteller dazu zu verpflichten, für obligatorische Impfstoffe keine Aluminiumsalze als Adjuvantien zu verwenden. Außerdem sollten sie diese dazu verpflichten, Impfstoffe ohne solche Adjuvantien in ausreichender Menge in Verkehr zu bringen. Dies war ihnen verweigert worden und nun baten sie den Staatsrat darum, die Weigerung zu kippen. Damit kamen sie jedoch ebenfalls nicht durch.

Der Conseil d'État stellt fest, dass die Verwendung dieser Aluminiumsalze nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Wirksamkeit der Impfung selbst unerlässlich sei. Die Produkte seien gut verträglich und sehr wirksam und könnten nicht einfach kurzfristig ersetzt werden. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Impfstoffen, die Aluminiumsalze enthalten, wird als positiv erachtet, und wird die Weigerung der Gesundheitsbehörden, diese zurückzuziehen, als rechtmäßig.

PEI bewertet Aluminium in Impfstoffen als unbedenklich

Nach Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) werden Aluminiumsalze seit etwa 80 Jahren erfolgreich als Adjuvantien in inaktivierten Impfstoffen und Toxoidimpfstoffen zur Wirkungsverstärkung eingesetzt. Bei diesen wäre eine effektive Impfung ohne die Unterstützung nur schlecht oder gar nicht möglich, befindet das PEI. Die Impfantigene (z.B. Diphtherie- oder Tetanustoxoide) sind dabei an schwerlösliches Aluminiumhydroxid oder -phosphat adsorbiert (Adsorbatimpfstoffe).

Auf seiner Webseite hält das PEI eine Sicherheitsbewertung von Aluminium in Impfstoffen bereit. Die Behörde kommt darin zu dem Schluss, dass es in Deutschland aus klinischen Studien und aus der Spontanerfassung von Nebenwirkungen kein Signal zu aluminiumbedingter Toxizität nach Impfungen gebe.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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