Plädoyer für feste Rx-Preise

PKV-Verband warnt vor Aufweichung der Rx-Preisbindung

Berlin - 10.05.2019, 12:30 Uhr

Rx-Boni für Privatversicherte? Der PKV-Verband sieht große Gefahren und verteidigt die Rx-Preisbindung. (j/Foto: imago images, STPP)

Rx-Boni für Privatversicherte? Der PKV-Verband sieht große Gefahren und verteidigt die Rx-Preisbindung. (j/Foto: imago images, STPP)


Was passiert, wenn man die „alte“ Rx-Preisbindung aus dem Arzneimittelgesetz streicht? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Nun mischt sich auch der PKV-Verband in die Diskussion ein und hält ein beeindruckendes Plädoyer für die Arzneimittelpreisverordnung und die festen Rx-Preise. Der Verband warnt: Wenn man die Rx-Preisbindung für Privatversicherte streicht, könnten auch andere Mechanismen kippen.

Seit Wochen dreht sich die apothekenpolitische Diskussion rund um das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz um einen Satz im Arzneimittelgesetz, den der Bundestag 2012 beschlossen hatte. Mit dem Satz wurden EU-Versender verpflichtet, sich an die Rx-Preisbindung zu halten. Der EuGH erklärte ihn für nicht vereinbar mit der Warenverkehrsfreiheit, jetzt will das Bundesgesundheitsministerium ihn mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz streichen. Der Plan: Das Rx-Boni-Verbot für alle Marktteilnehmer soll künftig im SGB V stehen. Klar ist aber: Das Boni-Verbot würde dann nicht für Privatversicherte gelten.

Erstmals hat sich nun auch der PKV-Verband in diese Diskussion eingemischt. In seiner Stellungnahme zum geplanten Apothekengesetz freut sich der Verband mitnichten über die eventuell anstehenden, neuen Boni-Möglichkeiten. Vielmehr warnen die Arzneimittelexperten des PKV-Verbandes davor, dass ein Wegfall des AMG-Satzes zur Rx-Preisbindung dazu führen könnte, dass andere Preismechanismen, die für die Privatversicherungen gelten, auch kippen könnten.

PKV: Apotheker könnten Preise auch erhöhen

Zunächst einmal warnt der Verband davor, dass Apotheker den Wegfall der Rx-Preisbindung auch dafür nutzen könnten, die Abgabepreise für Privatversicherte zu erhöhen. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme zum geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz: „Es ist darauf hinzuweisen, dass aus dem kurzfristigen Vorteil der Inanspruchnahme von potentiellen Boni mittel- und langfristig ein Nachteil erwachsen kann, da die Nichtgeltung der Arzneimittelpreisverordnung insgesamt zu einem höheren Preisniveau führen könnte. Dies wäre im o.g. Sinne den Unternehmen und Versicherten der PKV nicht zumutbar.“

Doch der PKV-Verband sieht auch eine „kurzfristige“ Gefahr: Die Privatversicherer sorgen sich davor, dass sich mit dem Wegfall der Rx-Preisbindung auch andere Rabatte erledigt haben könnte, insbesondere die 7-prozentigen Herstellerrabatte. Zur Erklärung: Seit Januar 2011 gilt der Herstellerrabatt auch für Privatversicherer. Er wird aber nur dann gewährt, wenn ein Privatversicherter die Rechnung  zur  Erstattung bei seiner Versicherung einreicht. Übernimmt er die Kosten wegen besonderer Vertragsvereinbarungen (Selbstbeteiligung, etc.) selbst, kommt der Rabatt nicht zum Tragen. Die Sorge des PKV-Verbandes ist klar: Gelten keine festen Rx-Preise mehr, gibt es auch keine Berechnungsgrundlage mehr für die Herstellerrabatte.

Starke Worte für die festen Rx-Abgabepreise

Der Verband der Privatversicherer warnt ebenso auf die Auswirkungen anderer Rabatte – unter anderem die Nachlässe, die sich aus der frühen Nutzenbewertung ergeben. Nach der frühen Nutzenbewertung verhandeln Hersteller und Kassen einen Rabatt auf den Originalpreis, der auch für PKV-Unternehmen gilt. Der PKV-Verband weist darauf hin, dass im Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz ausdrücklich festgehalten wurde, dass auch PKV-Versicherte von den Rabatten profitieren sollen. Und so kommt der Verband zu dem Schluss: „Deshalb dürfen sich die Preise für gesetzlich und privat Versicherte nicht auseinanderentwickeln, denn unterschiedliche Preise für gleiche – gesundheitlich notwendige – Produkte wäre nicht zumutbar.“

Insgesamt liest sich die Stellungnahme der PKV wie ein großes Plädoyer für die festen Rx-Preise und die Arzneimittelpreisverordnung. Denn aus Sicht des PKV-Verbandes sind die Festpreise eng verknüpft mit dem Verbraucherschutz. Überzeugen Sie sich selbst:


Das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt, dass auf Grund der Einführung der Pflicht zur Versicherung eine Verantwortlichkeit des Gesetzgebers dafür besteht, dass die privaten Krankenversicherer nicht in unzumutbarer Weise belastet werden. Das Ziel eines bezahlbaren Krankenversicherungsschutzes für Privatversicherte und die dauerhafte Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der PKV sind demnach beachtliche Interessen des Gemeinwohls. (…)

Im Bereich der Versorgung von Patienten insbesondere mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln funktionieren die üblichen Preismechanismen nicht. Anders als bei nicht dringlichen, verzichtbaren oder austauschbaren Gütern kann der Preis hier nicht als Lenker wirken. Die Nachfrage wird insbesondere bei Rx-Arzneimitteln nicht durch den Preis, sondern durch die medizinische Notwendigkeit bestimmt. Die Preiselastizität ist also gleich Null.

Dieses „Preisversagen“ ist der Grund für die Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung. Hauptziel der Regulierung ist es, den Preiswettbewerb auf der Versorgungsstufe zur Vermeidung eines Verdrängungswettbewerbs im Interesse der gleichmäßigen Flächendeckung sowie im Interesse der Verbraucher und zur Ermöglichung einer Mischkalkulation zu verhindern. Es sollen die Verbraucher – unabhängig vom Versicherungsstatus – und die Sicherungssysteme im Hinblick auf die Unverzichtbarkeit medizinisch notwendiger Leistungen und das Fehlen der Konsumentensouveränität vor überhöhten Preisen geschützt werden.“

Stellungnahme des PKV-Verbandes zum geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz


PKV-Verband sieht Honorar-Anpassungen kritisch

Die Stellungnahme des PKV-Verbandes enthält allerdings auch einige Passagen, die den Apothekern nicht wirklich schmecken dürften. Konkret geht es um die geplanten Honorar-Anpassungen. Zur Erinnerung: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will neue Pauschalen für pharmazeutische Dienstleistungen einführen sowie die Notdienstpauschale und die BtM-Vergütung anheben. Was die pharmazeutischen Dienstleistungen betrifft, weist der PKV-Verband darauf hin, dass Beratungsleistungen ja zum Teil jetzt schon im Apothekenhonorar eingepreist seien. Auch deswegen verwundere es, dass im Gesetz jetzt schon eine Vergütung für die Dienstleistungen enthalten ist, obwohl noch nicht einmal feststeht, welche Services überhaupt angeboten werden sollen. Außerdem wünscht sich der PKV-Verband, als gleichberechtigter Verhandlungspartner bei den Gesprächen zwischen Kassen und Apothekern über die Dienstleistungen auftreten zu können.

Bezüglich der BtM-Vergütung weist der Verband darauf hin, dass der Zuschlag erst vor zwei Jahren von 0,26 Euro auf 2,91 Euro erhöht worden sei. Jetzt ist eine weitere Erhöhung um 46 Prozent auf dann 4,26 Euro vorgesehen. Die Privatversicherer haben grundsätzlich nichts dagegen, fordern aber einen Ausgleich „an anderer Stelle“ Was die Notdienstpauschale betrifft, nimmt der PKV-Verband eine Systemkritik vor. Den Privatversicherern schmeckt es nicht, dass die Apotheker für ihre bloße Dienstbereitschaft Geld bekommen:

Schon bei der Einführung des Nacht- und Notdienstfonds hat der PKV-Verband den Übergang zur pauschalen Mehrvergütung bloßer Dienstbereitschaft kritisiert: Diese Systematik widerspricht dem für alle Gesundheitsdienstleister geltenden Grundprinzip, wonach nur tatsächlich erbrachte Leistungen zu vergüten sind. Würden weitere Gesundheitsdienstleister eine flächendeckende Vergütung bloßer Leistungsbereitschaft fordern, kämen auf die Versicherten unübersehbare Kosten zu. Systematisch richtig wäre daher eine Steuerfinanzierung.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Durchdachtes PKV- Manöver

von Heiko Barz am 11.05.2019 um 13:34 Uhr

Vordergründig angenehm liest sich der PKV-Bericht und das Gefühl wird genährt, die PKV hätte sich ernstlich auch um die Apotheker gesorgt.
Im letzten Absatz ihres Statements aber lassen die Protagonisten der PKV dann aber doch die „Hosen runter“.
Die BTM Erhöhung liege doch erst 2Jahre zurück, da muß man noch nicht wieder ran!
Die bloße Dienstbereitschaft der Apotheker wäre kein ausreichender Grund, schon wieder an eine überflüssige Erhöhung der im Nachtdienst wahrscheinlich doch nur schlafenden Apotheker zu denken!
Gottseidank haben diese „Vorrechner“ die unnötigen Rezepturen vergessen zu bewerten.
Resümee: das umfangreiche Gewäsch der PKV Leute ist nicht das Papier wert.......! Das RXVV und die Gleichpreisigkeit wird nur deswegen in den Fokus gerückt verbunden mit der Angst, die AMPreise könnten ja unverantwortlicher Weise in die Höhe gehen. - Das ist leider des Pudels ( der PKV-Sorge ) Kern.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.