Untersuchung aus den USA

Inhalationstechnik: Kinder mit Asthma überschätzen ihre Kompetenz

Stuttgart - 07.05.2019, 07:00 Uhr

Kinder afroamerikanischer Abstammung haben ein zwei-bis dreimal höheres Risiko, an Asthma zu erkranken, als  Kinder kaukasischer
Abstammung. (j/Foto: biker3/stock.adobe.com)

Kinder afroamerikanischer Abstammung haben ein zwei-bis dreimal höheres Risiko, an Asthma zu erkranken, als  Kinder kaukasischer Abstammung. (j/Foto: biker3/stock.adobe.com)


Inhalativa gehören zu den fehleranfälligsten Darreichungsformen überhaupt. Und anscheinend sind sich Anwender dieser Fehler oft gar nicht bewusst. Das zeigte eine Untersuchung unter US-amerikanischen Kindern mit Asthma im Alter zwischen acht und 14. Die große Mehrheit schätzte ihre Inhalationstechnik besser ein, als sie tatsächlich war. Und auch die Eltern überschätzten ihre Sprösslinge in dieser Hinsicht. Folglich reicht es nicht aus, bei der Abgabe in der Apotheke zu fragen, ob der Patient mit der Anwendung vertraut ist.

„Es reicht nicht aus, ein Kind mit Asthma oder dessen Eltern nur zu fragen, ob der kleine Patient weiß, wie der jeweilige Inhaler anzuwenden ist. Mit einer einfachen Nachfrage, kann man das nicht zuverlässig herausfinden.“ Zu diesem Schluss kommt der US-amerikanische Allergologe und Präsident des American College für Allergie, Asthma und Immunologie (ACAAI) laut einer Pressemitteilung. Anlass für diese Aussage ist eine vor kurzem durchgeführte Untersuchung, in die 65 acht- bis 14-jährige Kinder mit Asthma, die öffentliche Schulen in Chicago besuchten, einbezogen wurden. Die Teilnehmer waren größtenteils männlich und afroamerikanischer Abstammung – deren Risiko an Asthma zu erkranken, ist zwei-bis dreimal höher als das von Kindern kaukasischer Abstammung. Im Rahmen der Untersuchung sollten die Kinder zeigen, wie sie ihre Asthmamittel anwenden. Das wurde anhand von zwölf Einzelschritten bewertet. Außerdem wurden sie befragt, wie sie ihre Kompetenz, das Device richtig anzuwenden einschätzten. Auch von den Eltern wollte man wissen, ob ihre Kinder die korrekte Technik beherrschten. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Annals of Allergy, Asthma und Immunology“.

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97 Prozent hatten Defizite bei der Anwendung

Und die waren wenig ermutigend. So wendeten 97 Prozent der Studienteilnehmer ihren Inhalator falsch an. Im Schnitt führten die Teilnehmer zwischen drei und vier von zwölf Schritten korrekt aus. Nur ein Kind hatte die perfekte Inhalationstechnik. Allerdings waren oft weder Eltern noch Kindern diese Defizite bewusst. So überschätzten 67 Prozent der Kinder ihre Fähigkeiten, das Asthmaspray richtig anzuwenden. Bei den Eltern waren es sogar 89 Prozent, die die Inhaliertechnik ihrer Kinder besser einschätzten, als sie es tatsächlich war. Dass die Technik in der Realität sogar besser war als gedacht, kam überhaupt nicht vor.

Ein kleiner Prozentsatz schätzt sich richtig ein

Immerhin schätzte ein kleiner Prozentsatz seine Fähigkeiten richtig ein. So wendeten fünf Prozent der Kinder, die selbst glaubten, richtig zu inhalieren, die Arzneimittel ohne größere Fehler an. Bei den Kindern, die nicht richtig inhalierten, lagen 29 Prozent mit ihrer Selbsteinschätzung richtig. Die Einschätzung der Eltern war schlechter. So wendeten nur 3,5 Prozent der Kinder, denen ihre Eltern eine gute Technik bescheinigten, die Devices zufriedenstellend an. Bei den Kindern, die fehlerhaft inhalierten, waren sich 8,1 Prozent der Eltern dieser Tatsache bewusst. In den Augen der Autoren zeigen diese Ergebnisse trotz eines gewissen Bias wegen der geringen Teilnehmerzahl und der fehlenden Randomisierung, dass bei jeder sich bietenden Gelegenheit, die korrekte Anwendung wiederholt werden muss. Zudem sollten sich Ärzte und andere Heilberufe bei jeder Evaluation der Therapie, die Anwendung zeigen lassen.

Auch ABDA-Studie zeigt große Defizite bei der Anwendung

Dass das Problem der fehlerhaften Anwendung mitnichten nur Kinder und Jugendliche trifft, wie sie an der Untersuchung teilnahmen, zeigt eine vor Jahren von der ABDA in Apotheken durchgeführte Untersuchung. Sie schloss 757 erwachsene Patienten mit Asthma oder COPD ein. Von diesen machten 78,9 Prozent mindestens einen Fehler bei der Anwendung des jeweiligen Devices. Im Schnitt waren es 2,5 Fehler pro Patient. Nach Schulung durch einen Apotheker machten bei der Wiedervorstellung nach einigen Wochen nur 28,3 Prozent mindestens einen Fehler. Jeder Patient machte im Schnitt nur noch 0,5 Fehler. 

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Die ABDA-Untersuchung, die vermutlich kaum an Aktualität verloren hat, unterstreicht die Quintessenz aus der aktuellen US-amerikanischen Studie. Man sollte bei jeder sich bietenden Gelegenheit – also auch bei der Abgabe in der Apotheke – auf die korrekte Anwendung hinweisen und sich diese zeigen lassen. Die ABDA-Untersuchung zeigt, dass die Intervention in der Apotheke einen messbaren Effekt hat.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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