Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft

Gallenwegskarzinome unter Inkretinmimetika: Vorläufige Entwarnung

Berlin - 07.05.2019, 12:45 Uhr

Gallenwegskarzinome unter Inkretinmimetika: Die AkdÄ schätzt die individuelle Gefahr für den einzelnen Patienten als gering ein. (b/Foto: nerthuz / stock.adobe.com)

Gallenwegskarzinome unter Inkretinmimetika: Die AkdÄ schätzt die individuelle Gefahr für den einzelnen Patienten als gering ein. (b/Foto: nerthuz / stock.adobe.com)


Erhöhen GLP-1-Level das Karzinomrisiko?

Dass Cholangiokarzinome im Zusammenhang mit Inkretinmimetika stehen, ist laut den Wissenschaftlern der im  BMJ publizierten Studie plausibel. Sie erklärten den Zusammenhang zwischen einer möglicherweise erhöhten Inzidenz für Gallenwegskrebs und den Inkretinmimetika damals, dass ein Mechanismus erhöhte GLP-1-Level einschließen könnte. Mit denen stehen sowohl DPP-4-Inihibitoren als auch mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten im Zusammenhang. GLP-1 könnte über seine proliferative Wirkung und antiapoptotische Wirkung auf das Wachstum und die Entwicklung von Cholangiozyten das Karzinomrisiko fördern.

Incretin based drugs and risk of cholangiocarcinoma among patients with type 2 diabetes: population based cohort study

In der Studie wurden die epidemiologischen Daten von Typ-2-Diabetikern ausgewertet, diese erhielten unterschiedliche Antidiabetika, unter anderem Inkretinmimetika sowie Sulfonylharnstoffe beziehungsweise Thiazolidindione (die letzteren zwei dienten als Vergleichsgruppe). Bei diesen drei Gruppen wurde in einem Follow-up von 614.274 Personenjahren das Auftreten von Gallengangkarzinomen ermittelt. Dies war bei 105 Patienten der Fall. Ein Vergleich innerhalb der drei Gruppen zeigte unter der Einnahme inkretinbasierter Antidiabetika ein beinahe doppelt so hohes Risiko als unter der Einnahme von Sulfonylharnstoffen oder Thiazolidindionen (HR für DPP-4-Inhibitoren 1,77; HR für GLP-1-Agonisten 1,97). Angesichts der geringen Fallzahlen sprechen die Autoren von einem möglicherweise erhöhten Risiko; das absolute Risiko ist gering.

DPP-4-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptor-Agonisten

Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4)-Inhibitoren werden zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzt. Sie dienen der Blutzuckerkontrolle, indem sie die Spiegel der aktiven Inkretinhormone anheben. Inkretinhormone, wie das Glucagon-like-Peptide-1 (GLP-1) und das Glucose-dependent insulinotropic Polypeptide (GIP), werden vom Darm über den Tag hinweg in die Blutbahn freigesetzt, und ihre Spiegel steigen als Reaktion auf eine Mahlzeit an. Als Bestandteil des endogenen Systems regulieren Inkretine mit die Glukosehomöostase. Zugelassen sind Saxagliptin, Sitagliptin und Vildagliptin in Deutschland.
Die Glucagon-like-Peptide-1(GLP-1)-Rezeptor-Agonisten Exenatid, Liraglutid, Dulaglutid oder Albiglutid fungieren als GLP-1-Analoga und binden an den GLP-1-Rezeptor und aktivieren diesen. Als endogenes Inkretinhormon stimuliert GLP-1 glucoseabhängig die Insulinsekretion von pankreatischen Betazellen. Im Gegensatz zu nativem GLP-1 weisen die GLP-1-Analoga eine höhere enzymatische Stabilität gegenüber abbauenden Enzymen wie DPP-4 und der neutralen Endopeptidase (NEP) auf.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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