Was ist zu beachten?

Sichere Arzneimitteltherapie auch während des Ramadan

Bonn - 03.05.2019, 17:55 Uhr

Viele Apotheken bieten auch fremdsprachige Beratung an, das kann in manchen Fällen Medikationsfehler, die auf Verständigungsproblemen basieren, verhindern. (j / Foto: imago images / Becker&Bredel)

Viele Apotheken bieten auch fremdsprachige Beratung an, das kann in manchen Fällen Medikationsfehler, die auf Verständigungsproblemen basieren, verhindern. (j / Foto: imago images / Becker&Bredel)


Weitere problematische Arzneimittel während des Ramadan

Bei den levothyroxinhaltigen Arzneimitteln gibt es während des Ramadan zwei Lösungen: Da die Einnahme normalerweise nüchtern mit Leitungswasser direkt nach dem Aufstehen und eine halbe Stunde vor dem Frühstück erfolgt, kann hier die Einnahme soweit vorverlegt werden, dass Ramadanfastende das Schilddrüsenhormon noch vor der Morgendämmerung einnehmen können. Gemäß einer niederländischen Studie kann die Gabe des Schilddrüsenhormons alternativ auch an dem Abend vor dem Fastenbrechen eingenommen werden.

Allerdings ist es nicht immer so einfach, die Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten: Bei Antibiotika, die unbedingt mehrmals täglich, unter Umständen auch dreimal täglich (wie Amoxicillin) eingenommen werden müssen, kann die Wirksamkeit durch schwankende Plasmaspiegel gefährdet und die Ausbildung von Resistenzen möglich sein. Wenn auch andere Antibiotika die gleiche Wirksamkeit bei der Infektion zeigen, können Ärzte auf Wirkstoffe ausweichen, die Ramadanfastende nur einmal täglich einnehmen müssen, wie Azithromycin .

Besonderes Augenmerk bei Diabetikern

Besonders kritisch ist die Therapie eines Diabetes mellitus während des Ramadan. Nicht nur aufgrund der ungewöhnlichen Essenszeiten, sondern ebenso wegen der ungleichmäßig über den Tag verteilten Essensmengen besteht die Gefahr für Hyperglykämien beim reichhaltigen Mahl nach Sonnenuntergang und Hypoglykämien während der Nahrungsmittelkarenz tagsüber. Um Hypoglykämien langfristig vorzubeugen und um Blutzuckerspitzen zu vermeiden, sollten Diabetiker kurz vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang möglichst keine „leeren“ Kohlenhydrate aufnehmen, sondern vorzugsweise komplexe Kohlenhydrate (Vollkornprodukte) bevorzugen, also Nahrungsmittel mit hohem Faseranteil und niedrigem glykämischen Index. Besonders wichtig ist es, den Blutzucker während des Fastenmonats engmaschiger als sonst zu kontrollieren, um Symptome einer Hypo- oder Hyperglykämie rechtzeitig zu bemerken. Für den Notfall ist auch tagsüber Traubenzucker und somit das Fastenbrechen erlaubt, wenn die Gesundheit in Gefahr ist.

Das individuelle Therapieschema muss den geänderten Umständen unter ärztlicher Aufsicht angepasst werden. Bei Typ-2-Diabetes kann beispielsweise eine bislang erfolgte dreimal tägliche Metformingabe auf eine Dosis zum Frühstück vor Sonnenaufgang und die beiden übrigen Dosen am Abend zum Fastenbrechen eingenommen werden. Geringe Gefahren für Hypoglykämien bestehen bei den Gliflozinen, Dapagliflozin (Forxiga®) und Empagliflozin (Jardiance®), hier ist beispielsweise keine Dosisanpassung erforderlich. Nahrungsmittel mit hohem glykämischen Index sind möglichst ganz zu meiden, besonders aber in der ersten halben Stunde nach Einnahme des Antidiabetikums.

Vorsicht bei insulinpflichtigen Diabetikern

In Deutschland begehen geschätzt 100.000 Diabetiker den Fastenmonat Ramadan. Im Rahmen der konventionellen Insulintherapie sollte die morgendliche Dosis des Mischinsulins reduziert werden. Die zweite Injektion erfolgt zur Abendmahlzeit nach Sonnenuntergang. Hier ist eine Anpassung an Umfang und Art der Lebensmittel erforderlich. Unter Beachtung einiger Vorsichtsmaßnahmen ist das Fasten auch mit der intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT, Basis-Bolus-Therapie) möglich. Der basale Insulinbedarf sollte ebenfalls durch ein Verzögerungsinsulin gedeckt werden. Mit dem kurz wirksamen Insulin werden die zugeführten Kohlenhydrate nach Sonnenuntergang entsprechend reguliert.



Lars Peter Frohn, Apotheker, Autor DAZ.online
radaktion@daz.online


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2 Kommentare

Ramadan

von Roland Mückschel am 06.05.2019 um 12:03 Uhr

Darf man hier auch sagen dass
einem das Wurst ist oder ist man
dann ein übler Nazi?

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Immer wieder?

von Stefan Haydn am 03.05.2019 um 19:46 Uhr

Muß das Thema jedes Jahr erneut durchgekaut werden?
Bis repetitia non placet!
Bisher war noch nie etwas Neues dabei und wer bisher beratungsresistent war, wird dies auch diesmal bleiben!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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