Nitrosamine in Pioglitazon

Nicht nur Sartane: Antidiabetikum mit NDMA verunreinigt

Stuttgart - 29.04.2019, 17:55 Uhr


Welche weiteren Hersteller könnten betroffen sein?

Ein CEP (Certificate of Suitability of Monographs of the European Pharmacopoeia) – das im Fall Valsartan vor allem zu Beginn im Sommer 2018 in aller Munde war – belegt, dass eine Monographie des Europäischen Arzneibuchs geeignet ist, die Qualität eines Wirkstoffs angemessen zu prüfen. CEPs werden vom „European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare“ (EDQM) in Straßburg erteilt, das auch für das Europäische Arzneibuch zuständig ist. Mit einem CEP wird also bescheinigt, dass ein Wirkstoff durch die vorliegende Monographie des Europäischen Arzneibuchs ausreichend kontrolliert wird. Welche Hersteller seit wann über solche CEP-Zertifikate für welche Wirkstoffe verfügen, lässt sich in einer Datenbank des EDQM online einsehen.

Während eine Suche nach dem Wirkstoff Valsartan verrät, dass zahlreichen Herstellern das CEP für die Valsartan-Herstellung entzogen wurde, verrät die Suche nach Pioglitazon, dass noch alle erteilten CEPs gültig sind. Der von der NDMA-Verunreinigung betroffene Hersteller Hetero Labs Limited erhielt sein CEP für Pioglitazon (als Hydrochlorid) im September 2018 – also nach dem Bekanntwerden des Falls Valsartan. Außerdem scheint es noch einen zweiten Prozess der Firma zu geben, für den das CEP erst am 5. April 2019 erteilt wurde.

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Was außerdem ins Auge fällt: Neben Hetero Labs tauchen zwei weitere aus dem Fall Valsartan bekannte Namen auf – nämlich Zhejiang Huahai Pharmaceuical (ZHP), der Wirkstoffhersteller aus China, der im Zentrum des Falls Valsartan steht und Mylan Laboratories Limited, das Unternehmen stammt wie Hetero Labs aus Hyderabad, Indien. ZHP verfügt seit 2015 über ein gültiges CEP für den oben genannten zweiten Prozess, Mylan seit September 2018 für Pioglitazon (als Hydrochlorid). Weitere Verunreinigungen sind aber bislang nicht bekannt.

In der Diskussion: Pioglitazon und Blasenkrebs

Wer in der Berichterstattung der Deutschen Apotheker Zeitung einen Blick zurück wirft, der entdeckt mehrere Artikel zum Thema Pioglitazon und Blasenkrebs: Mal wird gewarnt und dann wieder entwarnt. In einem Rechtsstreit zum Thema (um verschwiegene Krebsrisiken) sollen die Pharmakonzerne Takeda und Eli Lilly 2014 laut Medienberichten schließlich erheblich günstiger davongekommen sein als zunächst angenommen. Außerdem wird Pioglitazon seit April 2011 nur noch in begründeten Einzelfällen von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattetIn der Fachinformation von Actos® (Pioglitazon, Stand Mai 2016) wird jedenfalls auf das Blasenkrebsrisiko hingewiesen.

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Entwarnung für Pioglitazon

Die Behandlung des Typ-2-Diabetes mit den als PPAR-gamma-Agonisten wirkenden Glitazonen ist bzw. war aber nicht nur bei Pioglitazon bezüglich der Nebenwirkungen problematisch: Lebertoxizität bei Troglitazon, erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei Rosiglitazon. Warum es wohl bei den Glitazonen immer wieder zu Überraschungen kommt? PPAR-Agonisten (peroxisome proliferator activated receptor) können eine Vielzahl von Genen entweder aktivieren oder in ihrer Aktivität hemmen. Man wisse aber meist nicht, welche biologischen Effekte die Zielproteine der Gene haben, heißt es in einem alten DAZ-Artikel.

Nun drängt sich aber leider auch die Frage auf, ob potenziell enthaltenes NDMA das (Blasen)-Krebsrisiko (zusätzlich) erhöhen könnte. DAZ.online schrieb dazu im Juli 2018: „Die Toxizität und Kanzerogenität von N-Nitrosaminen ist laut BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) in zahlreichen Monographien umfassend dokumentiert. Ein besonderes Merkmal dieser krebserzeugenden Stoffe sei die eingeschränkte Organspezifität ihrer Wirkung, die von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird.“ Bevorzugte Zielorgane von NDMA, NDEA und NDBA seien Leber, oberer Gastrointestinaltrakt, Respirationstrakt, Niere und Harnblase. 

Was auch immer der neue NDMA-Fund in Pioglitazon bedeuten mag: Noch gilt weiterhin, sowohl bei Sartanen als auch anderen eventuell betroffenen Wirkstoffen, dass Arzneimittel nicht ohne Alternative einfach abgesetzt werden dürfen – weil das gesundheitliche Risiko des Absetzens schwerer wiegen dürfte, als das Risiko, das durch die möglichen Verunreinigungen (in niedriger Konzentration) entsteht. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

GKV als Tod der Qualität

von ratatosk am 30.04.2019 um 11:48 Uhr

Geiz ist geil rächt sich langfristig immer !!

Qualität hat einen Preis

Leider sind unsere GKV und Politik nicht in der Lage billig von günstig zu unterscheiden, sie verstehen es offensichtlich nicht.
Deutsche Kontrollen sind nur noch lächerlich, wenn jemand was findet sind es die USA, Frankreich oder England, sollte man mal bedenken, welche Interessen hier alse geschützt werden sollen.

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