Umstrukturierung des Apothekensektors

Frankreichs Wettbewerbshüter empfehlen bahnbrechende Maßnahmen

Frankreich / Remagen / Stuttgart - 23.04.2019, 09:00 Uhr

Die französische Wettbewerbsbehörde hält die Apothekenlandschaft in Frankreich für „renovierungsbedürftig“ und plant nicht nur die Erneuerung der Fassade, wie hier an einer Pariser Apotheke. (Foto: cel)

Die französische Wettbewerbsbehörde hält die Apothekenlandschaft in Frankreich für „renovierungsbedürftig“ und plant nicht nur die Erneuerung der Fassade, wie hier an einer Pariser Apotheke. (Foto: cel)


Apotheker sind erbost

In einer gemeinsamen Pressemitteilung reagieren diverse Apothekerverbände auf die Vorschläge der ADLC mit Entrüstung. Die Öffnung der Offizinapotheken für Fremdkapital würde ihrer Meinung nach das Apotheken-Netzwerk zerstören, die Unabhängigkeit des Apothekers in Frage stellen und die Schließung lokaler Apotheken provozieren. Die Liberalisierung des Online-Verkaufs von Arzneimitteln sei nur im Interesse der großen Internetplattformen und vernichte lokale Arbeitsplätze, so die weitere Kritik. Auch die Freigabe von Arzneimitteln für die Abgabe außerhalb von Apotheken wird kategorisch abgelehnt. Die rein kommerzielle Sichtweise der Apotheke, die von der Wettbewerbsbehörde getragen werde, sei „eng und dogmatisch“. Ihre Positionen seien nicht vereinbar mit den Bedürfnissen der Bevölkerung.

Auch die französische Apothekerkammer (Ordre National des Pharmaciens) erteilt dieser Sichtweise eine klare Absage: „Ein Modell zerstören, das die gesundheitliche Sicherheit der Patienten garantiert: Nein danke!“

Die Union der Gewerkschaften der Offizinapotheker (l’Union des syndicats de pharmaciens d’officine, USPO) hat eine Petition gestartet. Mit einer Unterschriftenaktion, die über die Apotheken gefördert wird, können die Patienten ihre Unterstützung bekunden. Sie läuft noch bis zum Ende des Monats.

Landapotheken als tragende Säule der Versorgung

Schützenhilfe von politischer Seite bekommen die französischen Apotheker von einer Gruppe von Abgeordneten. Sie stellen sich speziell gegen die vorgeschlagene Lockerung des Online-Handels und der Apothekenpflicht. Die Parlamentarier befürchten, dass damit das empfindliche Gleichgewicht der Arzneimittelversorgung vor allem in ländlichen Gebieten ins Wanken geraten könne. Diese seien durch die medizinische Unterversorgung ohnehin schon beeinträchtigt, und die Apotheken seien dort die tragenden Säulen für die Versorgung, bekräftigen die Abgeordneten. Sie sollten gestärkt und nicht erschüttert werden und zudem entsprechende Unterstützung vom Staat erhalten.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


4 Kommentare

Pharma for you ... it’s so easy ...

von Christian Timme am 24.04.2019 um 7:22 Uhr

Man könnte auch gleich die Pharma-Industrie als Investor zur „letzten Rx-Meile“ verpflichten ... Zucky&Co. warten schon ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ähm

von Stefan Haydn am 23.04.2019 um 19:35 Uhr

Jetzt erkläre man mir mal bitte, wie Fremdkapital Abhilfe schafft bei einer Nichtrentabilität, bedingt durch zu niedrige Abrechnungspreise?
Mit gesundem Menschenverstand wäre dann doch eine Erhöhung der Abrechnungspreise die 1. Maßnahme.

Fremdkapital zuschießen ohne Aussicht auf Gewinn ist wie Dividende mit Schuldenaufnahme zu finanzieren.
Ups, erinnert mich an das Geschäftsmodell großer europäischer/schweizer Versandapotheken!

Offenbar ist die Intelligenz bei Wettbewerbshütern in Europa doch ziemlich gleich(gering) verteilt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Grüne und FDP

von Dr Schweikert-Wehner am 23.04.2019 um 10:40 Uhr

War gestern in den Niederlanden, im schönen Roermond. Die NL haben ja alles "liberalisiert".
Ergebnis: In der Stadt gibt es hunderte Klamottenläden, aber keine einzige Apotheke, außer die Historische alte Apotheke als Museum, ohne Betrieb.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Steuerparadies

von Stefan Haydn am 23.04.2019 um 19:37 Uhr

So ist das halt in einem Niedrigsteuerparadies für Unternehmen.
Da bleibt dann leider nicht mehr genug Geld für Allgemeinwohlpflichten übrig.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.