öffentliche Anhörung

ABDA zum GSAV: Importklausel streichen, Biosimilar-Austausch überdenken 

Berlin - 09.04.2019, 17:45 Uhr

Am morgigen Mittwoch steht das Arzneimittelpaket von Jens Spahn im Mittelpunkt einer öffentlichen Anhörung im Gesundheistausschuss des Bundestages. ( r / Foto: imago)

Am morgigen Mittwoch steht das Arzneimittelpaket von Jens Spahn im Mittelpunkt einer öffentlichen Anhörung im Gesundheistausschuss des Bundestages. ( r / Foto: imago)


Am morgigen Mittwoch findet im Gesundheitsausschuss des Bundestages eine öffentliche Anhörung zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung statt. Einige Interessensvertretungen haben bereits ihre Stellungnahmen veröffentlicht – so auch die ABDA. Darin erteilt die Apotheker-Spitzenorganisation der Importförderklausel eine klare Absage und schließt sich damit der Auffassung des Bundesrates an. Beim Thema Hämophilieversorgung dagegen sind ABDA und der Bundesrat gegensätzlicher Meinung.

Das neue Arzneimittelpaket von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist am morgigen Mittwoch Thema einer öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss. Neben dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) stehen auch thematisch verwandte Anträge auf der Agenda. Beispielsweise wollen die Grünen verhindern, dass Pharmafirmen durch Anfechtungsklagen es aufschieben können, Anordnungen des BfArM umsetzen zu müssen, wie es im Fall Iberogast passierte. AfD- und Linksfraktion im Bundestag wollen, wie der Bundesrat es jüngst empfohlen hat, die Importförderklausel streichen.

Im Vorfeld der Anhörung wurden bereits rund 30 Stellungnahmen veröffentlicht. Auch die ABDA hat sich zum GSAV positioniert – erneut. Denn nach Bekanntwerden des Referentenentwurfs haben die Apotheker und andere Verbände diesen im Dezember 2018 bereits kommentiert. Mit ihrer jüngsten Stellungnahme ist die Apotheker-Spitzenorganisation im Wesentlichen bei ihren Positionen geblieben.

ABDA, Bundesrat, Linke & AfD: Importförderklausel muss weg

Wie beispielsweise beim Thema Importförderklausel, deren Abschaffung die Apotheker auch schon im Dezember vorschlugen, Spahns Modifizierung jedoch noch als Schritt in die „richtige Richtung“ bezeichnet hatten. In ihrer aktuellen Stellungnahme rücken sie noch deutlicher vom Regierungsvorschlag ab. Die im Gesetzentwurf vorgenommene Modifikation der Importquote ändere nichts daran, dass importierte Arzneimittel weiterhin einseitig gefördert werden würden. Der richtige Weg sei es, die Importförderklausel komplett zu streichen.

In ihrer Begründung stützen sie sich zusätzlich auf die Empfehlung des Bundesrates und dessen Argumentationslinie: „Diesen vom Bundesrat aufgezeigten strukturellen Risiken steht kein adäquater wirtschaftlicher Nutzen gegenüber.“ So seien 2018 laut dem Deutschem Arzneiprüfungsinstitut e.V. (DAPI) durch Importe Einsparungen in Höhe von 124 Millionen Euro erzielt worden. Im gleichen Zeitraum hätten die Kassen durch Rabattverträge 4,4 Milliarden Euro gespart. Damit unterstützen die Apotheker indirekt auch die gleichlautenden Anträge der Linken und AfD, auch wenn auf diese in der ABDA-Stellungnahme kein Bezug genommen wird.

Der GKV-Spitzenverband dagegen ist mit dem bisherigen Import-Kompromiss der Bundesregierung im GSAV einverstanden. Auch der Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands (VAD) hält erwartungsgemäß an der grundsätzlichen Importförderung im § 129 SGB V fest. Die Bundesregierung hatte vor kurzem als Reaktion auf die Bundesratsempfehlung erklärt, dass sie beabsichtige, die Importförderklausel auf den Prüfstand zu stellen.

Biosimilars: Auswirkungen des Apothekenaustauschs prüfen

Auch beim strittigen Thema – Apothekenaustausch von Biosimilars – teilt die ABDA die Auffassung des Bundesrates. Die Bundesregierung hatte vorgeschlagen, Biosimilars nach einer Übergangsfrist von drei Jahren, unter die Aut-idem-Regelung zu stellen, sofern der G-BA den Austausch vorgibt. Damit würde sich das bisherige Austauschverbot in eine Austauschplicht verwandeln. Biosimilars sind jedoch im Gegensatz zu klassischen Generika nur wirkstoffähnlich, nicht wirkstoffgleich. Außerdem handelt es sich um eine relativ junge Arzneimittelkategorie.

Der Bundesrat ist daher vorsichtiger als die Bundesregierung und hatte empfohlen, die möglichen Auswirkungen der gesetzlichen Änderung nach zwei Jahren in einem Bericht zu bewerten, bevor man die Biosimilars nach der Übergangsfrist zum Austausch freigibt. Dieser Auffassung schließt sich die ABDA an. Grundsätzlich sei eine Austauschbarkeit in der Apotheke jedoch denkbar. Doch für die Beratung und Dokumentation würde sich ein erhöhter Arbeitsaufwand ergeben, der nach näherer Festlegung im Rahmenvertrag adäquat vergütet werden solle.

Hämophilieversorgung: Vertriebsweg Apotheke stärken

Bei dem GSAV-Vorschlag zur Hämophilieversorgung dagegen ist die ABDA anderer Meinung als der Bundesrat. So sieht der Gesetzesentwurf vor, Arzneimittel zur Therapie von Gerinnungsstörungen wie etwa gentechnisch hergestellte Faktorenkonzentrate, die bislang meist direkt an sogenannte Hämophilie-Zentren geliefert wurden, der Apothekenpflicht zu unterstellen. Nur Blutprodukte sollen weiterhin unter die Ausnahme gemäß § 47 AMG fallen.

Der Bundesrat bewertet den Vorstoß der Regierung kritisch. „Der Bundesrat befürchtet, dass die mit dem Gesetzentwurf geplanten Änderungen eine Schwächung der Zentrumsversorgung zur Folge hätte, weil die enge Bindung zwischen Zentrum und Patient durchbrochen würde“, heißt es in der Stellungnahme des Bundesrates. Der Vorschlag stieß im Bundestag bei FDP, SPD und Grüne auf Kritik. Die ABDA dagegen begrüßt den Vorschlag der Regierung, weil dadurch der Vertriebsweg der Apotheke gestärkt werde.

ACM schlägt zentrale Prüfung von Cannabisblüten vor

Mehrere Abschnitte in der ABDA-Stellungnahme drehen sich um Medizinalhanf. Die Bundesregierung will mit dem GSAV die Cannabiskosten halbieren. Dafür sollen sich der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband auf einen niedrigen Zuschlag einigen. Ob sich die Apotheker darauf einlassen, ist fraglich. Da sich am Arbeitsaufwand bei der Identitätsprüfung und Verarbeitung nichts ändern würde, gäbe es nur drastisch weniger Geld für dieselben Leistungen.

Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM), die ebenfalls auf der Sachverständigenliste für den morgigen Mittwoch steht, hat für dieses Dilemma einen Vorschlag. Und zwar solle die Identitätsprüfung, ähnlich wie in den Niederlanden, von zentraler Stelle, beispielswiese durch die Cannabisagentur, erfolgen. Damit könnte die Prüfung jeder einzelnen Dose derselben Charge in den Apotheken entfallen und die Blüten als fiktives Fertigarzneimittel behandelt werden. Grundsätzlich begrüßt die Arbeitsgemeinschaft die Intention, die Abgabepreise zu senken. Doch die im Referentenentwurf vorgeschlagene Lösung, die Arbeitspreise der Apotheker bei gleichem Arbeitsaufwand drastisch zu reduzieren, stellt aus Sicht des ACM jedoch keine tragfähige Lösung dar.

Wie geht’s weiter?

Das Gesetzgebungsverfahren zum GSAV ist noch im vollen Gange. Auch nach der Anhörung sind weitere Änderungsanträge möglich. Der Kabinettsentwurf wurde Ende Januar verabschiedet. Das GSAV passierte den Bundesrat Mitte März zum ersten Mal. Die erste Lesung im Bundestag erfolgte vergangene Woche. Beim GSAV bedarf es der Zustimmung des Bundesrates. Termine für die zweite Lesung beziehungsweise den nächsten Bundesratsdurchgang stehen noch nicht fest. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums soll das GSAV Mitte dieses Jahres in Kraft treten.

Mit dem GSAV will die Regierung auf die Skandale des vergangenen Sommers – Valsartan, Lunapharm und Bottrop – reagieren. In dem Paket stecken allerdings auch andere vielfältige Arzneimittelthemen wie beispielsweise Neuregelungen zu Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen oder dem elektronischen Rezept.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Importquote

von Jörg Geller am 09.04.2019 um 22:11 Uhr

Bei der Forderung nach der Abschaffung der sog. Importförderung befindet sich die ABDA in bester Gesellschaft. Dabei übernimmt sie wider besseren Wissens die Argumente der Linken. Weder das Sicherheitsargument noch die angeblich zu geringen Einsparungen überzeugen. Gerade hat eine neue Studie gezeigt, dass alleine die indirekten Einsparungen belaufen gemäß einer neuen Studie auf 2,6 Milliarden Euro jährlich. Das ist ein sehr stattlicher Betrag, auch in Relation zu den immer wieder genannten 4,4 Milliarden angeblicher Einsparungen durch Rabattverträge.

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AW: Importquote

von Michael Mischer am 10.04.2019 um 10:22 Uhr

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