Importförderklausel

Importeure: Die AMK agiert widersprüchlich bis peinlich!

Berlin - 05.04.2019, 15:20 Uhr

Kohlpharma reagiert verärgert auf die Resolution der AMK. (j / Foto: Kohlpharma)

Kohlpharma reagiert verärgert auf die Resolution der AMK. (j / Foto: Kohlpharma)


Der Streit um die Importförderklausel dürfte in den kommenden Wochen erneut aufflammen. Denn am gestrigen Donnerstagabend hat der Bundestag erstmals über das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) debattiert, in dessen Rahmen es auch immer wieder um die Streichung der Importförderklausel aus dem SGB V ging. Die AMK hat sich pünktlich dazu in einer Resolution für die Abschaffung ausgesprochen. Der Importeur Kohlpharma schießt nun zurück und wirft der Kommission vor, sich „massiv im Ton“ zu vergreifen.

Am gestrigen Donnerstagabend hat im Deutschen Bundestag die erste Lesung zum Entwurf eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) stattgefunden. Inhaltlich gab es nicht viel Neues – die meisten Reden wurden zu Protokoll gegeben, da die Debatte erst gegen 22.30 Uhr stattfand. Die einzigen Redner waren Michael Hennrich (CDU) und Detlev Spangenberg (AfD). Die AfD hatte kürzlich einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem es um die Streichung der Importförderklausel geht. Spangenberg sprach sich in seiner Rede erneut dafür aus, die Regelung zu streichen, unter anderem weil sie deutsche Unternehmen benachteilige. 

Was sind die Inhalte des GSAV?

Zur Erinnerung: Mit dem GSAV will die Große Koalition in erster Linie auf die Arzneimittel-Skandale des vergangenen Sommers reagieren (Bottrop, Valsartan, Lunapharm). Beispielsweise geht es um die Kommunikation von Rückrufen und die Kontrolle von Apotheken. Im Gesetz enthalten ist aber auch eine Neuregelung der Importförderklausel. Künftig soll sich die Abgabepflicht der importierten Arzneimittel mehr nach deren Preis richten. Insgesamt ähnelt die geplante Regelung sehr der Einigung, die der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband dazu im Rahmenvertrag getroffen hatten.

Rechtzeitig zur ersten Lesung im Bundestag hat die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) einstimmig eine Resolution unter dem Titel „Patientensicherheit vor ökonomischen Interessen“ verabschiedet. Darin geht die Kommission auf die wenig transparenten Arzneimittel-Vertriebswege über Vermittler, Zwischenhändler und Importeure ein. Um diese Missstände zu beheben, fordert die AMK, die sogenannte Importquote für rezeptpflichtige Arzneimittel abzuschaffen, die Transparenz von komplexen Lieferketten innerhalb Europas zu erhöhen und den Austausch von zurückgerufenen Arzneimitteln zu entbürokratisieren.

Kohlpharma: Wir erwarten eine Entschuldigung!

Der Reimporteur Kohlpharma hat nun auf den Beschluss der AMK reagiert. In einem Statement erklärt das Unternehmen, dass es nicht die Aufgabe der AMK sei, politische Arbeit zu machen oder Resolutionen zu verabschieden. Dass die AMK die Versorgung sichern und die Kontrolle durch Behörden unterstützen will, findet Kohlpharma „selbstverständlich“. Die AMK hatte den Skandal rund um den Bottroper Zyto-Apotheker nicht konkret erwähnt, aber erklärt, dass das „habgierige Streben Einzelner“ das Vertrauen in die Arzneimittelsicherheit verletze. Kohlpharma meint, dass die Kommission den Fall nicht angemessen einordne. „Herr S. war nicht irgendein Apotheker, sondern führte lange Jahre die wohl umsatzstärkste Apotheke Deutschlands.“

Zudem wirft der Importeur der AMK vor, sich im Ton zu vergreifen, „wenn sie die Geschäftstätigkeit der mittelständischen Importeure, die Teil der deutschen securpharm-Familie sind, aus berufspolitischem Kalkül ‚außerhalb der legalen Vertriebskette‘ verortet.“ Jeder einzelne Mitarbeiter von Kohlpharma erwarte jetzt „eine umgehende Entschuldigung des AMK-Vorstandes“.

Kohlpharma: Nur 0,8 Prozent Manipulationen und Fälschungen

Dass Patienten durch Arzneimittel-Importe gefährdet würden, will Kohlpharma ebenso nicht unkommentiert stehen lassen – und erklärt: „Von insgesamt 6.527 Meldungen zu Qualitätsmängeln in 2018 an die AMK, entfielen lediglich 53 (0,8 Prozent) auf Manipulations- bzw. Fälschungsverdachtsfälle. Eine genaue Zuordnung auf Importpräparate oder eine Statistik bestätigter Fälle findet sich bei der AMK nicht.“ Deswegen kommt das Unternehmen zu dem Fazit: 


Ökonomische Interessen im Gesundheitswesen (Industrie, Kostenträger,  … ) pauschal in Opposition zur Patientensicherheit zu stellen und in unangebrachtem Pathos zu geißeln, ist vor dem Hintergrund der jüngsten Forderungen für eine im Grunde berechtigte bessere Honorierung der Apotheker seitens der ABDA widersprüchlich bis peinlich.“

Kohlpharma-Sprecher


Tut sich da noch was?

Dass sich an der derzeit im GSAV festgehaltenen Import-Regelung noch etwas tut, ist allerdings nicht ausgeschlossen. Neben der AfD hatte auch die Linke einen Antrag zur Abschaffung der Quote und der Förderklausel in den Bundestag eingebracht. Im Februar hatte auch Lars Nickel, Leiter der Abteilung Arzneimittel im Bundesgesundheitsministerium, geäußert, dass in diesem Punkt „noch ein bisschen Musik drin“ sei. Wie berichtet, gab es im GSAV-Entwurf bereits drei unterschiedliche Neuregelungen – eine davon sah die ersatzlose Streichung der bisherigen Regelung in § 129 Abs. 1 SGB V vor. Und: Die Bundesregierung hat nach einer ersten Stellungnahme des Bundesrats zugesagt, den Vorschlag der Länder, die Importförderklausel zu streichen, zu prüfen. Wie es weiter geht, werden die nächsten Wochen zeigen. Am 10. April wird im Gesundheitsausschuss des Bundestages die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf stattfinden.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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