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EU-Vertragsverletzungsverfahren
Polen will Rx-Versand doch nicht erlauben – wegen Boni-Konflikt in Deutschland
Der Versandhandelskonflikt in Deutschland hat erste
internationale politische Auswirkungen: Die polnische Regierung will laut
mehreren übereinstimmenden Medienberichten in letzter Minute ein geplantes
Arzneimittelgesetz abändern, mit dem der Rx-Versand teilweise erlaubt werden
sollte. Die Regierung begründet dies mit den Problemen, die die Apothekerschaft
hierzulande mit dem Rx-Versand hat und nennt ausdrücklich das EU-Vertragsverletzungsverfahren.
Was den Arzneimittel-Versandhandel betrifft, galten in Polen bislang ähnliche Regeln wie in den meisten anderen europäischen Staaten: Der OTC-Versand ist zwar erlaubt, der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Präparaten und Medizinprodukten aber strengstens untersagt. Dass der Versandhandel in Polen aber auf dem Vormarsch ist, zeigt eine Studie des Marktforschungsunternehmens Sempora: Demnach lag der Marktanteil der Versender im OTC-Bereich 2016 noch bei etwa 5 Prozent. Für 2020 hatte Sempora aber einen Marktanteil von 11 Prozent vorhergesagt – was die Marktanteile des Versandhandels betrifft, liegt Polen demnach auf Platz 5 in Europa (hinter Österreich, Norwegen, Großbritannien und Deutschland).
Die von der nationalkonservativen PiS-Partei geführte Regierung Polens wollte den Versandhandel mit einer Änderung des Arzneimittelgesetzes eigentlich noch weiter vorantreiben. Konkret war geplant, dass nicht mobile und behinderte Menschen auch Rx-Arzneimittel über den Versandhandel bestellen dürfen. Der Behindertenausweis hätte die Patienten dann ermächtigt, Rx-Arzneimittel aus dem Versandhandel zu erhalten. Die Regelung galt so gut wie sicher, es stand nur noch eine Abstimmung im Gesundheitsausschuss und dann im Plenum des Sejm (eine der beiden Kammern in der Nationalversammlung) an. Das Inkrafttreten des Gesetzes war für den 1. Juli dieses Jahres geplant.
Doch nun kommt alles anders: Mehrere polnische Medien berichteten in den vergangenen Tagen, dass die regierende PiS-Partei quasi in letzter Minute einen Änderungsantrag zu dem geplanten Arzneimittelgesetz in den Gesundheitsausschuss einbrachte. Der Änderungsantrag sieht vor, die vorgesehenen Regelungen zur Ermöglichung des Rx-Versandhandels komplett zu streichen. Da die PiS-Partei eine knappe absolute Mehrheit im Sejm besitzt, wurde dieser Antrag angenommen.
Begründung: Versandhandelskonflikt in Deutschland
Sehr spannend ist aber die Begründung der Regierung dazu: Die polnische Apotheker-Zeitschrift „mgr.farm“ berichtet, dass der stellvertretende Gesundheitsminister Janusz Cieszyński bei der Besprechung im Gesundheitsausschuss die Entscheidung seiner Partei ausschließlich mit den derzeitigen Entwicklungen in Deutschland begründet habe. Demnach soll Cieszyński zwar erklärt haben, dass seine Partei weiterhin ermöglichen wolle, dass behinderte und nicht mobile Menschen einen besseren Zugang zu Arzneimitteln erhalten sollen. „Internationale Entwicklungen“ hätten aber dazu geführt, dass man dies nicht über eine Aufhebung des Rx-Versandverbotes erreichen wolle.
Laut „mgr.farm“ hat Cieszyński auf das derzeit laufende Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik wegen der Rx-Preisbindung für EU-Versender hingewiesen: „Wie Sie alle (…) in Bezug auf den Versandhandel wissen, ist kürzlich die umstrittene Entscheidung der Europäischen Kommission gegenüber Deutschland bekannt geworden.“ Die Apotheker-Zeitung fügt in ihrem Artikel dann den Satz hinzu: „Wir möchten Sie daran erinnern, dass das vom stellvertretenden Gesundheitsminister erwähnte Problem der Grund war, warum hunderte Apotheker in Berlin öffentlich protestiert haben.“
Apotheker-Demo in Berlin landete in polnischen Medien
Zur Erinnerung: Aufgrund der Intensivierung des
EU-Vertragsverletzungsverfahrens hatten die drei Nachwuchsapotheker Maria
Zoschke, Dr. Joachim Schrot und Maximilian Wilke einen Protestmarsch in Berlin
organisiert, an dem sich rund 500 Apotheker und Apothekenmitarbeiter
beteiligten. Die polnische Apotheker-Zeitung hatte schon nach der Demonstration ausführlich über die Aktion #rettedeineapotheke berichtet.
Bei der Sitzung im Gesundheitsausschuss meldete sich dem Bericht zufolge auch der PiS-Gesundheitspolitiker Tomasz Latos zu Wort. „Aufgrund von Zweifeln hinsichtlich des Versandhandels mit Medikamenten müssen wir die vorgeschlagenen Änderungen aufgeben“, sagte der Gesundheitsexperte. Und weiter: „Wir brauchen jetzt Zeit dafür, die Auswirkungen einer solchen Verordnung unter Berücksichtigung der Entscheidungen im deutschen Markt gegenüber Versandhändlern zu analysieren.“ Cieszyński fügte mit Blick auf das EU-Vertragsverletzungsverfahren erneut hinzu: „Wir können keine Situationen schaffen, die uns mit solchen Konsequenzen bedrohen könnten.“
4 Kommentare
Es gibt noch Meldungen die hoffen lassen ...
von Christian Timme am 04.04.2019 um 13:02 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Rx-VV ist EU-Rechts-konform - und für die AMTS geboten
von Dirk Krüger am 04.04.2019 um 12:58 Uhr
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Wirklich kein Fan
von Stefan Haydn am 04.04.2019 um 12:13 Uhr
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geht doch!
von Karl Friedrich Müller am 04.04.2019 um 12:01 Uhr
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