BfArM-Ausschreibung

Geht’s doch voran bei „Cannabis made in Germany“?

Berlin - 04.04.2019, 12:45 Uhr

Grünes Licht für den deutschen Medizinalhanfanbau? Seit dem gestrigen Mittwoch wissen die Bewerber der Ausschreibung zumindest, woran sie sind. (c / Foto: imago)

Grünes Licht für den deutschen Medizinalhanfanbau? Seit dem gestrigen Mittwoch wissen die Bewerber der Ausschreibung zumindest, woran sie sind. (c / Foto: imago)


Beim Vergabeverfahren für den deutschen Medizinalhanfanbau scheint es Fortschritte zu geben. Nach Informationen von DAZ.online hat das BfArM die Anbaubewerber am gestrigen Mittwoch benachrichtigt, ob eine Zuschlagserteilung beabsichtigt ist oder nicht. Damit könnte die erste Ernte im vierten Quartal 2020 vielleicht doch klappen. 

Zartes Pflänzchen Hoffnung für Cannabispatienten: Am gestrigen Mittwoch haben die 79 Unternehmen, die sich auf die BfArM-Ausschreibung für den deutschen Medizinalhanfanbau beworben haben, offenbar erfahren, woran sie sind. Dies bestätigte das BfArM gegenüber DAZ.online.

Bewerber erhalten Wasserstandsmeldung

Gemeint sind Benachrichtigungen gemäß § 134 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen). Laut GWB müssen öffentliche Auftraggeber die Bieter, deren Angebote voraussichtlich nicht zum Tragen kommen sollen, unverzüglich darüber informieren, weshalb nicht und welche Unternehmen die Zuschläge voraussichtlich wann erhalten.

Laut GWB kann das BfArM die Zuschläge an die „Gewinner“ frühestens 15 Tage nach dem Versandtag der Informationen erteilen, beziehungsweise zehn Tage, wenn die Bieter auf elektronischem Weg benachrichtigt wurden.

Zuschläge ab Mitte April möglich

Unter der Annahme, dass die Behörde die Bieter per Mail informiert hat und Werktage für die Fristberechnung herangezogen wurden, könnten die Vertragsabschlüsse beispielsweise ab dem 17. April erfolgen. In den Angebotsblättern, die zuletzt vor Bewerbungsschluss im Dezember 2018 auf der Vergabeseite zu finden waren, war der 25. April als Termin für die Zuschlagserteilung vermerkt.

Unter den Bewerbern befinden sich unter anderem kanadische Konzerne mit deutschen Niederlassungen, wie beispielsweise Wayland oder Aphria, sowie auch kleinere Firmen aus Deutschland wie das Unternehmen Lexamed, das im vergangenen Jahr gegen das BfArM erfolgreich geklagt hatte. Welche von den 79 Bietern am gestrigen Mittwoch eine gute oder eher nicht so gute Nachricht bekommen haben, ist derzeit noch nicht offiziell bekannt.*

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Anmerkung der Redaktion 4.4.2019 - 14:30: Einem Medienbericht zufolge soll es sich bei den Gewinnern um die kandadischen Unternehmen Aphria, Aurora und der deutschen Firma Demecan handeln.

Ausschreibung mit Hindernissen

Eigentlich liegt das Vergabeverfahren damit in dem Zeitplan, den das BfArM bislang kommuniziert hatte. Doch in den vergangenen Monaten kamen in der Cannabisbranche Zweifel an den behördlichen Zeitschienen auf. Die Skepsis ist verständlich, nachdem der erste Anlauf für die deutsche Cannabisausschreibung an einer Bieterklage gescheitert war.

Und auch beim laufenden zweiten Ausschreibungsverfahren schienen sich, ebenfalls wegen einer Bewerberklage, juristische Probleme abzuzeichnen. So hatte die Behörde noch vor kurzem erklärt, dass sie vor der Zuschlagsvergabe noch eine Verhandlung am OLG Düsseldorf am 10. April abwarten müsse. 

BfArM ist zuversichtlich

Das Gericht hat diese Verhandlung inzwischen auf den 22. Mai verlegt. Ein schlechtes Zeichen? Offenbar nicht. Laut BfArM erfolgte die Verschiebung „aufgrund des zwischenzeitlichen Fortschritts im Vergabeverfahren“. Hängt die Zuschlagserteilung nun doch nicht mehr von dieser Auseinandersetzung ab, wie ursprünglich kommuniziert? Geht die Behörde davon aus, diese zu gewinnen? Oder wollte das sonst eher vorsichtige BfArM Tatsachen schaffen, um das Verfahren voranzubringen?

Über die näheren Hintergründe und wann die Zuschläge tatsächlich final erteilt werden, dazu wollte sich die Behörde nicht äußern, da das Verfahren noch laufe. Nach wie vor geht das BfArM davon aus, dass im vierten Quartal 2020 Medizinalhanf auf deutschem Boden geerntet werden kann.

Importe weiterhin nötig

Für die Cannabispatienten ist zu wünschen, dass die Behörde Recht behält. Denn die aktuelle Versorgungslage ist seit Inkrafttreten des sogenannten Cannabisgesetzes durch Lieferengpässe bei der Importware geprägt. Im vergangenen Jahr wurden für die direkte Patientenversorgung über die Apotheken aus Kanada und den Niederlanden 3,1 Tonnen Cannabisblüten importiert. Bei besserer Liefersituation hätte dies vermutlich deutlich mehr sein können.

Der tatsächliche Bedarf ist schwer abzuschätzen. Im vergangenen Jahr wurden laut dem Marktforschungsinstitut IQVIA 142.000 GKV-Rezepte über Cannabismedizin ausgestellt. Daten zu Privatversicherten oder Selbstzahlern fehlen. Importe werden also weiterhin nötig sein. Denn das BfArM sieht in der deutschen Ausschreibung eine Produktionsmenge von lediglich 10,4 Tonnen über vier Jahre, also 2,6 Tonnen pro Jahr, vor.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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