Rote-Hand-Brief zu Benlysta

Belimumab: erhöhtes Risiko für Depressionen und Suizidverhalten

Stuttgart - 04.04.2019, 10:15 Uhr

Patienten mit systemischen Lupus Erythematodes unter Belimumab (Benlysta) zeigen ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Suizidgedanken und Suizidverhalten. (r / Foto: GSK)

Patienten mit systemischen Lupus Erythematodes unter Belimumab (Benlysta) zeigen ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Suizidgedanken und Suizidverhalten. (r / Foto: GSK)


Depressionen, Selbstverletzung, Suizidverhalten – vor diesen schweren Nebenwirkungen unter Belimumab warnt GlaxoSmithKline in einem Rote-Hand-Brief. Benlysta® als Injektion mittels Fertigpen und Fertigspritze oder Benlysta® als Pulver zur Herstellung einer Infusion wird ausschließlich bei systemischem Lupus Erythematodes (SLE) eingesetzt. Belimumab neutralisiert BLyS, einen Überlebensfaktor für B-Zellen, der bei SLE-Patienten erhöht ist.

In einem Rote-Hand-Brief informiert GlaxoSmithKline (GSK) in Abstimmung mit den zuständigen Behörden Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) über schwere Nebenwirkungen unter Belimumab (Benlysta®): Patienten, die Belimumab zur Behandlung ihres systemischen Lupus Erythematodes erhalten, zeigen ein erhöhtes Risiko schwerwiegender psychiatrischer Ereignisse, wie Depression, suizidale Gedanken, suizidales Verhalten – inklusive Vollzug des Selbstmordes – oder Selbstverletzung. 

Die Warnung betrifft alle verfügbaren Belimumab-Präparate: Benlysta® 200 mg Injektionslösung im Fertigpen, Benlysta® 200 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze, Benlysta® 120 mg und 400 mg Pulver zur Herstellung eines Infusionslösungskonzentrats.

Depressionen unter Belimumab – ein bekanntes Risiko

Beide Benlysta®-Fachinformationen informieren bereits über psychiatrische Nebenwirkungen: „Die Inzidenz von Depressionen, die als unerwünschtes Ereignis gemeldet wurden, betrug in beiden Gruppen unter Benlysta® oder Placebo 3 Prozent.“ Depressionen kommen laut Fachinformation „häufig“ vor (Stand der FI: November 2018), was bedeutet, dass unter 100 Benlysta®-Patienten einer bis weniger als zehn eine Depression entwickeln (≥ 1/100, < 1/10).

Wie Ärzte sich verhalten sollen, wenn sie Benlysta verordnen

Nach Markteinführung untersuchte GSK – auf Anfrage der Zulassungsbehörden – Benlysta® weiter in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie (BEL115467). Ziel der Studie war laut GSK „die Gesamtmortalität sowie prädefinierte unerwünschte Ereignisse von besonderem Interesse einschließlich ausgewählter ernsthafter psychiatrischer Ereignisse zu evaluieren“, erklärt der Hersteller in dem Rote-Hand-Brief. Die Studie werde weltweit durchgeführt und laufe weiterhin. „Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen oder Stimmungsschwankungen in der Vorgeschichte waren in dieser Studie nicht ausgeschlossen.“

BEL115467 zeigte bei Auswertung der Ein-Jahres-Daten von 4.003 SLE-Patienten (systemischer Lupus Erythematodes), die Belimumab zusätzlich zur Standardtherapie erhielten, ein erhöhtes Risiko für Depression von 0,3 Prozent im Vergleich zu Placebo mit weniger als 0,1 Prozent. Suizidgedanken, suizidales Verhalten oder Selbstverletzung entwickelten 0,7 Prozent der Belimumab-Patienten, während nur 0,2 Prozent der Placebo-Patienten diese Nebenwirkung zeigten.

Was GSK nun empfiehlt 

In dem Rote-Hand-Brief zu Benlysta® gibt GSK Hinweise, wie Ärzte auf die neuen Studienergebnisse und das Risiko schwerwiegender psychiatrischer Nebenwirkungen reagieren sollen:

  • „Ärzte sollten vor der Verordnung das Risiko für Depressionen, Suizidgedanken, suizidales Verhalten oder Selbstverletzung unter Berücksichtigung der medizinischen Vorgeschichte und der aktuellen psychiatrischen Verfassung gründlich bewerten.
  • Verordnende Ärzte sollten unter der Therapie den Patienten auf neue Zeichen für diese Risiken monitorieren.
  • Verordnende Ärzte sollten ihren Patienten und den betreuenden Personen raten, umgehend medizinische Hilfe zu suchen, falls Depressionen, Suizidgedanken, suizidales Verhalten oder Selbstverletzung neu auftreten oder sich verstärken.“

So wirkt Belimumab bei systemischem Lupus Erythematodes

Ein Antikörper gegen BLyS

Belimumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper gegen das lösliche humane B-Lymphozyten-Stimulator-Protein (BLyS, auch BAFF oder TNFSF13B genannt). BLyS fungiert als Überlebensfaktor für B-Zellen. Dadurch dass Belimumab lösliches BLyS neutralisiert, bindet BLyS nicht mehr an seinen Rezeptor auf den B-Zellen, das Überleben der B-Zellen wird somit gehemmt, einschließlich von autoreaktiven B-Zellen. So wird die Ausdifferenzierung von B-Zellen zu Immunglobulin-bildenden Plasmazellen verringert. Patienten mit SLE (bei systemischem Lupus Erythematodes) oder anderen Autoimmunerkrankungen weisen erhöhte BLyS-Spiegel auf. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den BLyS-Plasmaspiegeln und der Krankheitsaktivität des SLE.

Nur als Zusatztherapie bei aktivem, Autoantikörper-positivem SLE

Bereits seit Juli 2011 ist Benlysta® in der EU zugelassen. Das Patent läuft 2021 aus. Der humane monoklonale Antikörper hat nur eine einzige Indikation: als Zusatztherapie bei erwachsenen Patienten mit aktivem, Autoantikörper-positiven systemischen Lupus Erythematodes (SLE), die trotz Standardtherapie eine hohe Krankheitsaktivität aufweisen.

Benlysta: intravenös versus subkutan

GSK vermarktet Benlysta® zur Injektion in einem Fertigpen beziehungsweise einer Fertigspritze und als Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung.
Der Unterschied liegt in den Applikationsintervallen: Nach einer anfänglichen Aufdosierung von Benlysta® intravenös an den Tagen 0, 14 und 28 erhalten Patienten weitere Belimumab-Infusionen jeweils im Abstand von vier Wochen. Subkutane Injektionen mit dem Benlysta®-Fertigpen oder der Fertigspritze werden von Beginn der Therapie an wöchentlich verabreicht. Die Aufdosierung entfällt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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