Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich

Spahn will System der GKV-Finanzierung reformieren

Berlin - 26.03.2019, 11:30 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will sich in einen Streit einmischen, der seit Jahren im Kassenlager herrscht. (m / Foto: imago)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will sich in einen Streit einmischen, der seit Jahren im Kassenlager herrscht. (m / Foto: imago)


Geteilte Reaktionen

Die Öffnung der regionalen Kassen dürfte insbesondere den Ersatzkassen entgegenkommen, die bereits bundesweit tätig sind, im Gegensatz zu den AOKen. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK) erklärte: „Die Eckpunkte zeigen, dass der Gesundheitsminister die wesentlichen Probleme des [...] RSA aufgreift und entschlossen ist, für Fairness im Wettbewerb der Kassen zu sorgen. Das Eckpunktepapier skizziert ein sinnvolles Gesamtkonzept.“

Christoph Straub, Vorstandschef der Barmer argumentierte: „Spahn setzt die richtigen Impulse für einen fairen Wettbewerb der Krankenkassen um die beste Versorgung der Versicherten. Vor allem mit der geplanten Einführung einer Regionalkomponente wird gewährleistet, dass die Beitragsgelder dort hinfließen, wo sie für die Versorgung der Patientinnen und Patienten tatsächlich benötigt werden.“

Huml: Wettbewerb wird erlahmen

Obwohl Spahn das System des Morbi-RSA nun reformieren will, ist Bayerns Gesundheitsministerin Huml (CSU) gar nicht zufrieden. In einer Pressemitteilung erklärte sie: „Bayern lehnt eine bundesweite Öffnung aller bisher landesunmittelbaren Krankenkassen strikt ab. Eine rein bundesweite Kassenlandschaft wird weder den Wettbewerb verstärken noch die Versorgung verbessern.“ Die Versorgung erfolge regional. Bei nur noch bundesweiten Krankenkassen und dem Wegfall starker regionaler Träger „wie zum Beispiel der AOK Bayern“ sei eine Vernachlässigung der Region als Ort von zielgerichteten Leistungen und flächendeckendem Service im Gesundheitssystem zu befürchten. Schließlich werde der bisherige Wettbewerb zwischen bundesweiten und regionalen Krankenkassen erlahmen.

Hermann: Zentralismus und Dirigismus

Auch Dr. Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, ist mit den Vorschlägen des Ministers nicht zufrieden. „Gesundheitliche Versorgung spielt sich regional ab. Denn wer vor Ort ist, kennt Bedürfnisse und Bedarfe der Menschen vor Ort besser und kann auf dieser Grundlage zielgenau gestalten. Andernfalls entscheiden Menschen irgendwo in der Republik ohne tiefe Kenntnis über die regionalen Versorgungsstrukturen und -notwendigkeiten konkret in Baden-Württemberg“, erklärt der Kassenchef in einer Mitteilung.

Grundsätzlich kritisiert Hermann, dass sich die Gesetzgebung des Ministers durch „klare Tendenzen zu noch mehr Zentralismus und Dirigismus“ auszeichne. „Herr Spahn will elf AOKs in den bundesweiten Scheinwettbewerb stellen, ob ihm die Zentralisierung in einer Bundes-AOK vorschwebt, weiß ich nicht. Um effiziente und qualitativ hochwertige Versorgungsstrukturen wie zum Beispiel eine hausarztzentrierte Versorgung aufzusetzen, sind aber regionale Verwurzelung und die Kenntnis der Bedürfnisse der Menschen vor Ort unerlässlich“, so Hermann. 

Spahn möchte seine RSA-Reform sicherlich rasch über die Bühne bringen. Schließlich ist sie auch Bedingung dafür, dass die gesetzlichen Kassen ab dem 1. Januar 2020 zu einem Abbau ihrer Rücklagen verpflichtet werden.  



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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