Untersuchung der Uni Heidelberg

Bei Wirkstoffpflastern fehlen wichtige Anwendungshinweise

Stuttgart - 26.03.2019, 13:30 Uhr

Wirkstoffhaltige Pflaster werden in vielen Indikationen eingesetzt. (Foto:                                 
                                        


                                        Gilles Paire

                                        
                                / stock.adobe.com)

Wirkstoffhaltige Pflaster werden in vielen Indikationen eingesetzt. (Foto: Gilles Paire / stock.adobe.com)


In den Packungsbeilagen transdermaler therapeutischer Systeme (TTS) fehlen offenbar wichtige Anwendungshinweise. Das ergab eine Untersuchung von Forschern aus Heidelberg, die 81 Beipackzettel von unterschiedlichen Präparaten überprüft hatten.  Langfristig halten die Wissenschaftler bessere Standards für erforderlich, sie fordern aber auch Apotheker auf, Patienten zur richtigen Anwendung zu beraten.

Transdermale therapeutische Systeme (TTS) werden in unterschiedlichen Indikationen eingesetzt, zum Beispiel bei Schmerzen, zur Raucherentwöhnung, bei Parkinson, zur Hormonersatztherapie und zur Verhütung. Die wirkstoffhaltigen Pflaster gehören zu den erklärungsbedürftigen Arzneiformen. Das beginnt beim Aufkleben, geht über die gesamte Anwendungsdauer und endet bei der Entsorgung.

Eine Untersuchung der Kooperationseinheit Klinische Pharmazie am Universitätsklinikum Heidelberg, die in der Fachzeitschrift DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift veröffentlicht wurde, zeigt nun einmal mehr, wie wichtig es ist, dass Patienten in der Apotheke zur richtigen Anwendung der Pflaster beraten werden. 

Die Forscher haben nämlich Packungsbeilagen von allen im Jahr 2016 auf dem deutschen Markt verfügbaren Wirkstoffpflastern untersucht. Insgesamt waren das 81. Dabei stellten sie fest: In jeder Packungsbeilage fehlten wichtige Anwendungshinweise. Und das, obwohl die formellen Vorgaben der Europäischen Zulassungsbehörde jeweils erfüllt waren. Nach Ansicht der Forscher könnte dies die fehlerfreie Anwendung der Arzneimittel gefährden.

Keine Packungsbeilage enthielt alle wichtigen Hinweise

Um herauszufinden, welche Hinweise wichtig sind, ist der aktuellen Untersuchung eine Literaturstudie vorausgegangen. Dabei hatten die Heidelberger bei den TTS Anwendungsschritte identifiziert, die besonders fehleranfällig sind. Und die, wenn der Patient auch tatsächlich etwas falsch macht, mit einer Nebenwirkung oder sogar mit Therapieversagen assoziiert sind. Sie konnten 28 Anwendungshinweise ausmachen, die ihrer Ansicht nach unerlässlich sind. Auf diese Hinweise hin wurden dann in der aktuellen Studie die Packungsbeilagen untersucht. Das Ergebnis: Keine einzige enthielt alle.

Apotheker sollen über die Risiken einer falschen Anwendung informieren

Prof. Dr. Walter E. Haefeli, Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, appelliert daher an Apotheker und Ärzte, Patienten genau über die Risiken einer falschen Anwendung zu informieren und bei der Beratung ein besonderes Augenmerk auf die Aspekte zu legen, die in den Packungsbeilagen noch nicht standardisiert enthalten sind. Auf der Homepage der Arbeitsgruppe sind zur Unterstützung der Beratung Informationsbroschüren für TTS und auch andere Darreichungsformen abrufbar, die von den Heidelberger Wissenschaftlern entwickelt wurden. Nach Ansicht der Leiterin der Kooperationseinheit Klinische Pharmazie, Privatdozentin Dr. Hanna Seidling, sind aber langfristig bessere Standards und behördliche Vorgaben für die Packungsbeilagen erforderlich – insbesondere im Hinblick auf eine sicherere Anwendung dieser fehleranfälligen Darreichungsform.

TTS-Update – was ist zu beachten?

  • Haut muss unverletzt und frei von Haaren sein, vorher mit Wasser, aber ohne Seife reinigen, zum Trocknen abtupfen
  • Hormonpflaster dürfen nicht auf die Brust geklebt werden
  • Haare mit einer Schere entfernen, Nass- und Trockenrasierer können die Haut reizen       
  • TTS nie zerschneiden
  • Applikationsort regelmäßig wechseln, um Hautreizungen zu vermeiden
  • ist die Verpackung, Umhüllung oder Schutzfolie einmal geöffnet beziehungsweise entfernt, das Pflaster umgehend aufkleben
  • nie beschädigte Pflaster verwenden
  • Pflaster mit leichtem Druck aufkleben, mindestens 30 Sekunden mit der flachen Hand andrücken
  • Wärmeeinwirkung zum Beispiel durch Sonnenbäder, Sommerhitze, Heizkissen, Wärmedecken etc. ist zu vermeiden (erhöhte Hauttemperatur führt zu erhöhter Resorption)
  • Schwimmen, Duschen und Baden ist möglich (Wassertemperatur nicht über 37°C)
  • Dosierungsintervall beachten (Datum und Uhrzeit des Pflasterwechsels auf der Verpackung notieren)
  • nach der Entfernung die Klebeseiten zusammenkleben und mit dem Hausmüll und für Kinder bzw. Haustiere unzugänglich entsorgen
  • danach die Hände waschen


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.