CVS

US-Apothekenkette verkauft Cannabidiol-Produkte in 800 Filialen

Berlin - 26.03.2019, 16:00 Uhr

Der Apothekenketten-Konzern CVS steigt ins Cannabisgeschäft mit CBD-Produkten ein. Abgesehen davon, dass es in Deutschland keine Apothekenketten gibt - wäre eine Nachahmung aus regulatorischer Sicht empfehlenswert? (Foto: imago)

Der Apothekenketten-Konzern CVS steigt ins Cannabisgeschäft mit CBD-Produkten ein. Abgesehen davon, dass es in Deutschland keine Apothekenketten gibt - wäre eine Nachahmung aus regulatorischer Sicht empfehlenswert? (Foto: imago)


Großer Cannabis-Deal in den USA: Medienberichten zufolge bietet die US-amerikanische Apothekenkette CVS seit der vergangenen Woche in 800 Filialen Cannabidiol-Produkte an. Ist das in Amerika legal? Und welchen regulatorischen Status hat CBD eigentlich in Deutschland?

Die größte US-Apotheken- und Drogeriekette CVS ist nicht gerade für kleine Brötchen bekannt. So hatte der Konzern 2018 den Krankenversicherer Aetna übernommen. Nun ist CVS offenbar auch ins Cannabisgeschäft eingestiegen: Medienberichten zufolge hat die Apothekenkette am vergangenen Mittwoch einen Vertrag über den Vertrieb von Cannabis-Produkten mit Curaleaf abgeschlossen. Das in Massachusetts ansässige Cannabis-Unternehmen bietet CBD-haltige Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika sowie Produkte zum Verdampfen an.

US-Apothekenkette: Nur CBD-Topika

Über den Inhalt der Vereinbarung weichen die Äußerungen der beiden Vertragsparteien etwas voneinander ab. So erklärte Curaleaf-CEO Joseph Lusardi vergangene Woche gegenüber dem Wirtschaftsnachrichtensender CNBC, dass seine Produkte ab sofort in 800 CVS-Filialen in zehn Bundestaaten erhältlich sein sollen. In Kürze sei auch der Vertrieb der Curaleaf-Produkte über den CVS-Onlineshop geplant.

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Laut CVS handele es sich allerdings um acht statt zehn US-Bundesstaaten und zwar um Alabama, California, Colorado, Illinois, Indiana, Kentucky, Maryland und Tennessee. Ein Sprecher der Apothekenkette stellte zudem klar, dass es in den Filialen nur CBD-Topika wie beispielsweise Cremes und aber keine Präparate zum Einnehmen wie etwa Nahrungsergänzungsmittel geben solle.

USA: keine Lebensmittelzutat

Diese Differenzierung ist folgerichtig. Denn in Amerika bewegen sich CBD-haltige Nahrungsergänzungsmittel in einer Grauzone. Zwar ist Nutzhanf in den Staaten nicht mehr illegal, seitdem US-Präsident Donald Trump im Dezember 2018 die sogenannte Farm Bill unterzeichnet hatte. Aber so einfach ist es für CBD-Anbieter doch nicht. Denn die amerikanische Arznei- und Lebensmittelbehörde FDA hatte zeitnah klargestellt, dass es sich bei CBD um einen Arzneistoff und nicht um eine erlaubte Lebensmittelzutat handele. Im vergangenen Jahr hatte die FDA nämlich das Epilepsie-Medikament Epidiolex® mit dem Wirkstoff Cannabidiol zugelassen. Die Behörde wolle sich allerdings im April im Rahmen einer Anhörung mit der CBD-Frage befassen, erklärte FDA-Chef Scott Gottlieb vergangenen Monat gegenüber CNBC.

BVL: entweder Arzneimittel oder Novel Food

Wie sieht es eigentlich hierzulande mit CBD-Produkten aus? Nach Auffassung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sind CBD-haltige Nahrungsergänzungsmittel derzeit nicht verkehrsfähig. Hersteller von CBD-Produkten müssen vor dem Inverkehrbringen entweder eine Arzneimittelzulassung beantragen oder einen Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels (Novel Food) stellen. Letzteren Weg hat nach Informationen des BVL noch kein Hersteller beschritten. Im Arzneimittelbereich unterliegt Cannabidiol seit 2016 der Verschreibungspflicht.

Ein starker Gegensatz zur Marktrealität. Medienberichten zufolge hat in Trier der erste Automat mit Nutzhanfprodukten seinen Betrieb aufgenommen. Weitere seien in Planung, erklärte der Automatenbetreiber. Im Netz werden schon seit geraumer Zeit zahlreiche CBD-Produkte wie beispielsweise Öle verkauft. Die Anbieter werben mit mannigfaltigen Wirkversprechen von Schmerzlinderung, Entzündungshemmung, Abnehmen, Immunmodulation bis hin zur Angstlösung. Eine eindeutige Zuordnung zu einer Produktkategorie oder Informationen zum Herstellungsverfahren fehlen häufig. Alles unseriös?  

Medizinisches Potenzial größer als angenommen

Eigentlich sollten Nicht-Arzneimittel per definitionem keine arzneilichen Wirkungen entfalten. Und längst nicht jede Produktaussage ist durch eine klinische Studie gedeckt. Noch nicht. Denn in dem nicht-psychotropen Cannabiswirkstoff steckt vermutlich ein größeres medizinisches Potenzial als angenommen. Im Gegensatz zum psychotropen THC wirkt Cannabidiol weniger durch direkte Interaktion mit Cannabinoid-Rezeptoren, sondern moduliert vielmehr das Endocannabionid-System als Gesamtheit. Und dieses erstreckt sich quasi über den gesamten Organismus. Cannabinoid-Experte Dr. Franjo Grotenhermen spricht sogar von einer Art individuellem „Endocannabinoid-Tonus“ beim Menschen. „Die etwa 200 menschlichen Endocannabinoide machen uns zu dem, was wir sind“, fasste der Mediziner in einem Vortrag auf der Cannabiskonferenz des DHV im vergangenen November zusammen.

Wissenschaft und Big Pharma haben das Potenzial von CBD jedenfalls erkannt. Derzeit laufen laut der Datenbank ClinicalTrials mehr als 100 CBD-Studien bei unterschiedlichen Indikationen wie beispielsweise posttraumatischer Belastungsstörung, Angsterkrankungen, Opioid-Entzugssyndromen, Schizophrenie oder Arthritis.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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