Geplante Apotheken-Reform

Apothekern droht neuer Konflikt zum Rx-Versandverbot

Berlin - 21.03.2019, 14:00 Uhr

Einige Apothekerkammern, darunter auch Hessen (hier Kammerpräsidentin Ursula Funke), wollen ein Zurück zum Rx-Versandverbot, weil der neue Spahn-Plan zu unsicher ist. (m / Foto: Schelbert)

Einige Apothekerkammern, darunter auch Hessen (hier Kammerpräsidentin Ursula Funke), wollen ein Zurück zum Rx-Versandverbot, weil der neue Spahn-Plan zu unsicher ist. (m / Foto: Schelbert)


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist von seinem Plan abgewichen, die Rx-Preisbindung teilweise zu öffnen und will nun das Rx-Boni-Verbot im SGB V verankern. Eigentlich müsste sich die ABDA darüber freuen – schließlich hatte sie genau das im Januar empfohlen. Doch im Apothekerlager gibt es nach der Intensivierung des EU-Vertragsverletzungsverfahrens eine Meinungsverschiedenheit: Nach den Brandenburger Apothekern meint nun auch die LAK Hessen, dass man wieder das Rx-Versandverbot einfordern müsse. Doch es gibt Gegenwind.

Eigentlich hätten sich die ABDA-Mitglieder über die neuesten Entwicklungen in der Apothekenpolitik freuen können. Denn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will in seinen neuen Apotheken-Plänen grundsätzlich das umsetzen, was die ABDA-Mitgliederversammlung Mitte Januar beschlossen hat. Zur Erinnerung: In einem ersten Eckpunktepapier hatte Spahn vorgeschlagen, dass für EU-Versender ein Rx-Boni-Deckel in Höhe von 2,50 Euro eingeführt wird. Die ABDA-Mitgliederversammlung hatte daraufhin am 17. Januar selbst einen Plan vorgelegt. Dieser sieht die Etablierung eines kompletten Rx-Boni-Verbotes im SGB V vor, also die Gleichpreisigkeit. Spahn und die Unionsfraktion im Bundestag haben diesen Vorschlag nun aufgegriffen – er steht im neuesten Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministeriums.

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Neue Dynamik durch die EU-Kommission

Doch mit dem Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission ist nun eine neue Dynamik in die Sache gekommen. Die EU verlangt von der Bundesrepublik innerhalb von zwei Monaten Maßnahmen einzuleiten, die zur kompletten Aufhebung der Rx-Preisbindung für EU-Versender führen, sonst droht eine Klage vor dem EuGH. Das BMG will mit seinen Eckpunkten auch auf dieses Verfahren reagieren. Im Eckpunkte-Papier ist vorgesehen, dass das in § 78 des Arzneimittelgesetzes (AMG) festgehaltene Rx-Boni-Verbot für EU-Versender gestrichen wird – dafür soll es nun im SGB V an neuer Stelle erneut geregelt werden. Und mehr noch: Spahn will, dass den Kassen und EU-Versendern Sanktionen drohen, wenn sie beispielsweise Selektivverträge über Rx-Boni abschließen.

Doch einige Apotheker sind davon nicht überzeugt. Vor einigen Tagen schickten die Brandenburger Landesapothekerkammer und der dortige Verband einen Brief an Friedemann Schmidt, in dem ein Zurück zum Rx-Versandverbot gefordert wurde. Nun legt die Landesapothekerkammer Hessen nach. Die Kammer von Präsidentin Ursula Funke hat im Rahmen einer Klausurtagung beschlossen, dass man beim Rx-Versandverbot als „einzig zielführende Lösung“ zur Wiederherstellung der Geleichpreisigkeit bleibe.

Die hessischen Apotheker sehen große Probleme bei der Streichung des oben beschriebenen Rx-Boni-Verbots aus dem Arzneimittelgesetz.

Hessen: SGB V-Regelung ist nicht sicher

Wörtlich heißt es in einer Mitteilung der LAK:


Eine Streichung von § 78 Abs. 1. S. 4 AMG (…) führt dazu, dass der Gesetzgeber ordnungsrechtlich nicht mehr am einheitlichen Apothekenabgabepreis festhält. Eine ausschließliche Überführung in das Sozialgesetzbuch (…) ist ein untaugliches Mittel. Gleichpreisigkeit besteht nur dann, wenn gleiche Preise für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel, das ein Patient in Deutschland erhält, gelten. Durch die vorgesehene Regelung werden Arzneimittel für Selbstzahler sowie privatversicherte Patientinnen und Patienten nicht umfasst.“

LAK Hessen


Deswegen kommen die Delegierten aus Hessen zu dem Schluss, dass die von Spahn gefundene Lösung sich nicht eignet, um die Gleichpreisigkeit wieder herzustellen. Man fordert die ABDA nun auf, sich wieder auf das Rx-Versandverbot zu besinnen. Zur Erklärung: Die ABDA-Mitgliederversammlung hatte im Januar auch beschlossen, dass man automatisch wieder zum Rx-Versandverbot als Forderung zurückkehre, wenn die Politik keine ausreichenden Maßnahmen zum Erhalt der Gleichpreisigkeit einführe.

Nach Informationen von DAZ.online soll es in dieser Woche auch ein Gespräch zwischen der ABDA und allen Kammer- und Verbandschefs gegeben haben, bei dem diese Thematik aufkam. Demzufolge sollen insbesondere einige Kammerchefs signalisiert haben, dass man mit den aktuellen Entwicklungen nicht zufrieden sein könne. Dem Vernehmen nach sollen aber insbesondere die Verbände und auch die ABDA auf die Vorteile des Spahn-Plans hingewiesen haben.

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ABDA zum neuen Spahn-Plan

Schmidt: Die Summe reicht nicht aus

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte in einem Video-Statement Teile des Pakets begrüßt, dazu gehört auch die Einführung vergüteter pharmazeutischer Dienstleistungen. DAV-Chef Fritz Becker begrüßte die Pläne grundsätzlich ebenfalls, merkte aber an, dass es auf die „wasserdichte“ Umsetzung ankomme. Schmidt hatte ebenso angemerkt, dass man eine vollständige Kommentierung erst vornehmen könne, wenn genaue Formulierungen vorliegen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Strategie ist klar

von ratatosk am 23.05.2019 um 18:29 Uhr

Die Strategie gegen die Apotheken ist immer klar und gleich. Zuerst werden die fundamentalen Grundlagen entzogen und durch halbseidene Gesetze und Verordnungen ersetzt, im Wissen, daß später die Juristerei dies aushöhlt. Dann waren die anderen schuld. Hat schon die Ulla so gemacht um einen Spaltpilz setzen zu können. Sollte man immer dran denken. In D soll immer was unmöglich sein, was überall woanders problemlos geht. Sind wir nur zu blöd, oder warum soll es hier nicht gehen, scheint einfach eine Verschleierungstaktik zu sein.

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Eindeutige Ansage

von Dr Mathias Keil am 22.03.2019 um 8:38 Uhr

Nur mit dem Rx-Versandverbot geben wir dem Arzneimittel als besonderer Ware den benötigten Beratungsrahmen. Es ist nicht einzusehen, warum für Tierarzneimittel die EU das Versandverbot verlangt und für Humanarzneimittel Logistikunternehmen ausreichend seien. Die meisten EU Länder haben das richtig erkannt, nur in Deutschland geht Lobbyismus vor der berechtigten Arzneimittelsicherheit(s.a Re-Importe)
Ich habe die Hoffnung zwar verloren, dass ABDA und BAK im Sinne des Berufsstandes arbeiten, aber die Äußerungen aus den LAK Hessen und Niedersachsen lassen aufhören. Mögen sich noch weitere vehement anschließen . Es war ein Fehler vom ursprünglich geforderten Versandverbot Abstand zu nehmen und dieses Verbit ausschließlich auf finanziellevAuswirkungen zu reduzieren. Die Beratung und Arzneimittelsicherheit hätte im Vordergrund stehen müssen, Abgeben von FAM kann auch ein Automat und ist alleine betrachtet keine pharmazeutische Aktivität!!!

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AW: Eindeutige Ansage

von Dirk Krüger am 22.03.2019 um 8:52 Uhr

Alles richtig. Nur: es ist zu spät! Der Teufel ist aus der Flasche. Die Versandlobbyisten Spahn und Lauterbach lachen sich ins Fäustchen.

Einmal aufgegebenes Terrain ist dauerhaft verloren

von Dirk Krüger am 22.03.2019 um 8:18 Uhr

Ich habe es hier an dieser Stelle mehrfach geschrieben: das Aufgeben der Forderung nach dem Rx-Versandverbot durch die ABDA war der GAU. Dieses Terrain ist für immer verloren. Somit kamen die Gegner der Apotheker*innen mal wieder aus den eigenen Reihen. Vorauseilender Gehorsam war schon immer eine "Stärke" unseres Berufsstandes.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Bis jetzt hat die Gesundheitspolitik regelmäßig versagt ...

von Christian Timme am 22.03.2019 um 6:42 Uhr

und für dieses „Versagen“ gibt es Gründe ... denn „Input is Output“. Es dürfte unbestritten sein: RXVV wirkt stärker als die Gleichpreisigkeit, weil letztere leichter „umgangen“ werden kann.

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