Interpharm 2019

„Pillenmüde“ – von den Nebenwirkungen der Kontrazeptiva

Stuttgart - 19.03.2019, 16:45 Uhr

Prof. Dr. Martina Düfer von der Universität Münster auf der Interpharm 2019 in Stuttgart: Sie empfiehlt vor der Abgabe oraler Kontrazeptiva auf das Vorliegen depressiver Störungen zu prüfen. (Foto: Matthias Balk)

Prof. Dr. Martina Düfer von der Universität Münster auf der Interpharm 2019 in Stuttgart: Sie empfiehlt vor der Abgabe oraler Kontrazeptiva auf das Vorliegen depressiver Störungen zu prüfen. (Foto: Matthias Balk)


Erhöhtes Risiko für suizidales Verhalten abhängig vom Präparat?

Spätestens seit dem Rote-Hand-Brief im Januar 2019 stellt die Aufklärung über mögliche depressive Störungen und suizidales Verhalten einen wichtigen Aspekt in der Beratung von hormonellen Kontrazeptiva dar. Wie eine dänische Studie aus dem Vorjahr zeigte, verdoppelte sich durch die Anwendung (in der Altersgruppe von 15  bis 19 Jahren) die Zahl der versuchten Selbsttötungen. Das höchste Risiko zeigte sich in den ersten zwei Monaten nach Einnahmebeginn und flachte dann in der Langzeitanwendung wieder ab.  

Wie bereits beim thromboembolischen Risiko erwähnt, unterscheidet sich das Nebenwirkungsprofil der einzelnen Fertigarzneimittel – hier jedoch in umgekehrter Reihenfolge: Kombinationspräparate waren Gestagen-Monopräparaten hinsichtlich der Suizidalität überlegen. Und auch nicht orale Darreichungsformen stellten hinsichtlich dieser Nebenwirkung keine Alternative dar: Denn Vaginalringe und TTS (Transdermal therapeutische Systeme) wiesen sogar das höchste Risiko für Selbsttötungsabsichten auf.

Als Resultat dieser Ergebnisse empfiehlt Düfer, vor der Abgabe oraler Kontrazeptiva auf das Vorliegen depressiver Störungen zu prüfen (z. B. durch Medikationsanalyse) und Kundinnen auf die Selbstbeobachtung der Stimmungslage hinzuweisen.

Auch Interaktionspotenzial beachten

Nicht nur Nebenwirkungen sind in der Beratung zu beachten. Auch Wechselwirkungen spielen bei der Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle. So können Enzyminduktoren wie Rifampicin, Johanniskraut, HIV-Therapeutika, Barbiturate und Antiepileptika die verhütende Wirkung der hormonellen Kontrazeptiva beeinträchtigen. In diesen Fällen sind eine Rücksprache mit dem Arzt sowie eine zusätzliche Barrieremethode (z. B. Kondom) für bis zu 28 Tage nach Absetzen des Enzyminduktors notwendig.

Antibiotika beeinflussen die Darmflora, weshalb die Resorption der weiblichen Hormone gestört und der enterohepatische Kreislauf unterbrochen werden kann. Daher ist auch bei gleichzeitiger Einnahme von Antibiotika mit oralen Kontrazeptiva eine zusätzliche Anwendung einer Barrieremethode anzuraten. 



Nadine Sprecher, Apothekerin, Redakteurin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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