Hexal kontert Ökotest

„Unkonserviertes Mometasonnasenspray technisch nicht möglich“

Stuttgart - 08.03.2019, 17:45 Uhr

Nasales Cortison wird von der Leitlinie bei saisonaler Rhinitis empfohlen. (Foto: 
                                
                                        


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Nasales Cortison wird von der Leitlinie bei saisonaler Rhinitis empfohlen. (Foto: john9595 /stock.adobe.com)


Ökotest hat in seiner März-Ausgabe Arzneimittel gegen Allergie bewertet. Ein Punkt der für Abzüge sorgte, war das Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid. Deswegen schnitt beispielweise das Mometason-Nasenspray von Hexal trotz gut belegter Wirksamkeit nur mit „befriedigend“ ab. Hexal hat dazu Stellung genommen.

Konservierungsmittel sind den Testern von Ökotest immer ein Dorn im Auge. So gab es im aktuellen Test Abzüge für die Cetirizin-Säfte von Al und Ratiopharm, wegen dem Konservierungsstoff Propylparaben. Bei vielen topischen Allergiemitteln sorgte Benzalkoniumchlorid für Abzüge. Benzalkoniumchlorid könne Zellen schädigen, die Haut reizen und seinerseits allergisierend wirken. In der Nase angewendet, könne es die Nasenschleimhaut zum Teil irreversibel schädigen, begründet Ökotest die Kritik. Eines der Präparate, das deswegen Abzüge erhielt war Mometahexal® Heuschnupfenspray, ein nasales Glucocortcoid mit dem Wirkstoff Mometason-furoat. Es erhielt die Gesamtnote „befriedigend“ – trotz gut belegter Wirksamkeit. Wenig überraschend, dass Hexal darüber nicht glücklich ist. 

In einer Stellungnahme „rechtfertigt“ sich der Hersteller: Er schreibt, dass man grundsätzlich mit Ökotest darin übereinstimme, dass bei ansonsten wirkstoffidentischen Mitteln konservierungsmittelfreie Zubereitungen zu bevorzugen seien – soweit solche verfügbar seien. Das ist aber eben laut Hexal nicht gegeben. Die Firma erklärt: „Im Gegensatz zu anderen Arzneimitteln zur nasalen Anwendung liegt aber bei Corticoiden der Wirkstoff in dem Nasenspray nicht in gelöster Form vor, sondern als Suspension mit Mikrokristallen. Der Einsatz von Filtertechnologien, die bei Nasensprays zur Vermeidung von Konservierungsmitteln üblicherweise eingesetzt werden, ist damit nicht möglich, da die Kristalle die Filter verstopfen würden. Konservierungsmittelfreie Zubereitungen sind deshalb bei Sprays zur nasalen Anwendung mit Mometason-furoat nach heutigem Stand der Technik unseres Wissen nach nicht verfügbar.“

Gibt es bessere Alternativen?

Und in der Tat sind die im Markt befindlichen Mometasonsprays konserviert – mit Benzalkoniumchlorid, ebenso wie die meisten anderen Glucorticoidnasensprays. Ausnahmen bilden die Wirkstoffe Budesonid, hier kommt als Konservierungsmittel Kaliumsorbat zum Einsatz, sowie Dexamethason. Dexamethason-Nasensprays gibt es auch konservierungsmittelfrei, zum Beispiel: „Dexa-Rhinospray“ sine oder „Solupen sine“, allerdings handelt es sich hierbei auch um Lösungen und nicht um Suspensionen und sie sind verschreibungspflichtig.

Also vielleicht andere Konservierungsmittel als Benzalkoniumchlorid einsetzen? Dazu ist im NRF zu lesen: „Vor dem Hintergrund des Verkeimungsrisikos und nur weniger Konservierungsmittel-Alternativen hat Benzalkoniumchlorid in Nasentropfenrezepturen weiterhin große Bedeutung.“

Ist Benzalkoniumchlorid wirklich so kritisch?

Ist Benzalkoniumchlorid tatsächlich so kritisch, wie Ökotest sagt? Auch dazu wird man im NRF fündig: Der genaue Wirkungsmechanismus des Benzalkoniumchlorids sei nicht bekannt, heißt es. Das Aufbereitungsergebnis für die Nachzulassung als Wirkstoff sei negativ. Therapeutisch werde es nur in Ausnahmefällen genutzt. Bekannte unerwünschte Wirkungen des Benzalkoniumchlorids sind laut NRF unter anderem:

  • eine lokale Reizwirkung
  • allergene Potenz 
  • fehlende Daten zu einem kanzerogenen Risiko
  • schädigende Wirkung auf neutrophile Granulozyten in der Nasenschleimhaut

Außerdem heißt es: Es gebe hinsichtlich der Beeinflussung des Flimmerepithels der Nase zahlreiche, zum Teil widersprüchliche und interpretationsbedürftige Befunde zur Verträglichkeit der in Nasalia verwendeten Konservierungsstoffe. Auf die fragliche klinische Relevanz von In-vitro-Untersuchungen und In-vivo-Kurzzeituntersuchungen für bestimmte benzalkoniumchloridhaltige Arzneimittel zur Anwendung in der Nase und die Notwendigkeit der Einzelfallbeurteilung werde deshalb hingewiesen.

Warnhinweise auf FAM

Das BfArM hat für Fertigarzneimittel zur nasalen Anwendung bestimmte Warnungen als Maßnahmen gemäß § 28 AMG angeordnet: So müssen Produktinformationen von Fertigarzneimitteln zur nasalen Anwendung mit Benzalkoniumchlorid folgenden Hinweistext enthalten: „Das in xy enthaltene Konservierungsmittel (Benzalkoniumchlorid) kann, insbesondere bei längerer Anwendung, eine Schwellung der Nasenschleimhaut hervorrufen. Besteht ein Verdacht auf eine derartige Reaktion (anhaltend verstopfte Nase), sollte – so weit möglich – ein Arzneimittel zur Anwendung in der Nase ohne Konservierungsstoff verwendet werden. Stehen solche Arzneimittel zur Anwendung in der Nase ohne Konservierungsstoff nicht zur Verfügung, so ist eine andere Darreichungsform in Betracht zu ziehen.“
Das NRF erwähnt als Alternative Kaliumsorbat. Antimikrobiell wirksam ist hier allerdings Sorbinsäure. Es braucht also zumindest ein schwach saures Milieu. Ob diese Art der Konservierung für Rezepturarzneimittel geeignet sei, müsse anhand der pH-abhängigen Stabilität des Wirkstoffes und vor dem Hintergrund der Lokalverträglichkeit beurteilt werden, so das NRF.

Kurzzeitige Anwendung? Andere Darreichungsformen? Bei corticoidhaltigen Nasensprays zur Behandlung der saisonalen Rhinitis gibt es keine wirklich praxistaugliche Empfehlung. Zumal die Symptome nach längerer Anwendung kaum von denen des Heuschnupfens zu differenzieren sein dürften. Bleibt wohl nur eine individuelle Nutzen-Risikoabwägung – der therapeutische Nutzen steht wohl außer Frage. Auf diesen bezieht sich auch Hexal in seiner Stellungnahme und verweist dabei auf die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie: Glucocorticoiden komme in den Leitlinien eine Schlüsselstellung zu, da sie aufgrund der multiplen pharmakologischen Angriffspunkte therapeutisch besonders effektiv sind, so Hexal. Moderne Corticoide wie Mometason-furoat haben dabei aufgrund der niedrigen Bioverfügbarkeit ein minimales Risiko hinsichtlich systemischer Nebenwirkungen. Das reflektiere Ökotest in dem Test für Mometahexal® Heuschnupfenspray mit der Bewertung „sehr gut“ bei dem Kriterium „Wirksamkeitsbelege“.

Pharmazeutisch möglich, aber wirtschaftlich vermutlich kaum umsetzbar, wären wohl nicht konservierte Nasensprays mit einer Aufbrauchfrist von einer Woche.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Unkonserviert sollte machbar sein

von Redaktion DAZ.online am 11.03.2019 um 9:49 Uhr

Hallo,
das konnten wir bislang nicht klären. Der Meinung waren wir nämlich auch. Eine Anfrage an den Hersteller der Systeme, Ursatec läuft. Bei Lösungen wird 3K ja auch von vielen eingesetzt, die Suspensionen sind aber alle konserviert. Die Frage wäre, ob das wirklich technische oder nur lizenzrechtliche Gründe hat.
Wir bleiben dran

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AW: Unkonserviert sollte machbar sein

von Alexander Preuss am 11.08.2019 um 22:34 Uhr

Dürfte ich fragen, ob Sie dazu bereits eine Antwort erhalten konnten? Besten Dank!

Unkonserviert sollte machbar sein...

von Marco Piroth am 11.03.2019 um 9:24 Uhr

Ich sehe persönlich keinen Grund, warum die Anwendung des COMOD-Systems oder des 3K-Systems nicht möglich sein sollte. Damit ließe sich auf eine Konservierung verzichten und die Haltbarkeit bliebe trotzdem lang, da es zu keiner Verkeimung der Suspension kommt. Filter müssen, wenn überhaupt, von der nachströmenden Luft durchlaufen werden, nicht aber vom Produkt.

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