Apotheken, Verbände und Pharmaindustrie

Frauenpower im Gesundheitswesen: Wie ist der Status quo?

Stuttgart - 08.03.2019, 07:00 Uhr

Ein Bild wie dieses ist nicht ungewöhnlich, wenn Apotheker und Pharmaverbände aufeinandertreffen. (m / Foto: Schelbert)

Ein Bild wie dieses ist nicht ungewöhnlich, wenn Apotheker und Pharmaverbände aufeinandertreffen. (m / Foto: Schelbert)


Immerhin jedes dritte Mitgliedsunternehmen des Verbandes der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) wird von einer Frau geführt. Von den DAX-Unternehmen ist es übrigens kein einziges – nicht nur auf den Bereich Pharma bezogen, sondern überhaupt. Und wie sieht es sonst so mit den Frauenquoten im Pharma- und Apothekenbereich sowie bei den Kassen aus? Anlässlich des heutigen Weltfrauentages haben wir sie uns einmal angesehen.

„Die Pharma-Industrie ist für Frauen eine vielversprechende Karriereoption“, das teilte der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) vor wenigen Tagen mit. So liege in der Belegschaft der Frauenanteil bei 42 Prozent – bezogen auf die Vollzeitbeschäftigten. Demgegenüber seien in der Chemieindustrie (ohne Pharma) nur 22 Prozent der Belegschaft weiblich, im verarbeitenden Gewerbe, in Fahrzeug- und Maschinenbau sogar nur Anteile zwischen 12 und 19 Prozent. Und auch in den Geschäftsführungen der Mitgliedsunternehmen sieht es laut vfa gar nicht so schlecht aus: So werde inzwischen schon jedes dritte Mitgliedsunternehmen in Deutschland von einer Frau geführt, erklärt der Verband, der mit Birgit Fischer übrigens auch eine Hauptgeschäftsführerin hat. Der Anteil der Frauen in Führung sei in den letzten Jahren gewachsen, heißt es. Jedoch trifft dies auf keines der DAX-Unternehmen zu. Von denen wird nämlich keines, weder aus dem Pharma- noch aus einem anderen Bereich von einer Frau geleitet. In den DAX-Vorständen betrug der Frauenanteil 2018 13,8 Prozent, wobei die Pharmaunternehmen hier zum Teil nicht gut aussehen: Bayer 0 Prozent, Fresenius Medical Care 0 Prozent; besser stehen Fresenius mit 14,3 Prozent und Merck mit 16,7 Prozent da.

BAH, BPI und GKV-Spitzenverband

Wie sieht es bei den anderen Pharma-Verbänden aus? Die dreiköpfige Geschäftsführung des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller ist rein männlich, bei den Vorständen sind immerhin zwei von 14 weiblich, nämlich Patricia Alison Hartley und Henriette Starke, das entspricht 14,2 Prozent. Bei Pro Generika ist Ingrid Blumenthal die einzige Frau im siebenköpfigen Vorstand. Die Geschäfte führt ein Mann. Beim BPI, dem Bundesverband der pharmazeutischen Industrie ist der Vorstand ein reiner Männerclub, die Geschäftsführung hat zwar weibliche Mitglieder, Hauptgeschäftsführerin gibt es aber keine. Beim Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) sieht es nach dem Ausscheiden von Bernadette Sickendieck, der langjährigen Geschäftsführerin, im vergangenen Jahr auch schlecht aus mit den weiblichen Führungskräften.

Beim GKV-Spitzenverband gibt es tatsächlich eine Vorstandsvorsitzende, seit 2007 steht Dr. Doris Pfeiffer an der Spitze der Dachorganisation der Kassen, flankiert von zwei männlichen Kollegen. Bei den Krankenkassen selber sind zwar etwa 70 Prozent der Beschäftigen Frauen, ihr Anteil bei den Vorständen liegt aber zwischen 0 (Innungskrankenkassen) und 21 Prozent (BKKen).

Und die Apotheker?

Und wie sieht es bei den Apothekern aus? Schließlich sind der Großteil der Beschäftigten in den Apotheken Frauen, 2017 waren es laut ABDA 72,6 Prozent, bei den PhiP 73,7 Prozent und bei den PTA sogar 97,2 Prozent. Bei den Leitern spiegelt sich diese Quote schon lange nicht mehr wieder. So war Ende 2017 knapp die Hälfte aller Apotheken unter weiblicher Führung (48,4 Prozent), wobei diese Zahl seit Jahren steigt. Die Apobank hat die von ihr begleiteten Apothekengründungen im vergangenen Jahr geschlechterspezifisch unter die Lupe genommen und dabei festgestellt, dass 60 Prozent der „Jungunternehmer“ Frauen waren – 2015 waren es noch 55 Prozent.

Bei der ABDA ist Luft nach oben

An der Spitze von ABDA, Bundesapothekerkammer und Deutschem Apotheker Verband stehen jeweils Männer. Die Bundesapothekerkammer hatte aber bereits zweimal eine Frau an der Spitze: Von 2005 bis 2008 war es Magdalene Linz (Niedersachsen). Erika Fink (Hessen) bekleidete das Amt nach dem Rücktritt von Ulrich Krötsch von 2009 bis 2012. Bei der Bundesärztekammer möchte jetzt im Sommer mit Martina Wenker die erste Frau an die Spitze. Im 13-köpfigen geschäftsführenden ABDA-Vorstand, vielleicht das wichtigste Gremium in der Standesvertretung, sind lediglich zwei Frauen vertreten: Ursula Funke und die Angestellten-Vertreterin Cynthia Milz aus Bayern. Der ABDA-Gesamtvorstand besteht aus 40 Personen. Nur acht davon sind Frauen.

Von den 17 Kammerpräsidenten der Apotheker sind drei weiblich: Ursula Funke in Hessen, Magdalene Linz in Niedersachsen und Gabriele Regina Overwiening in Westfalen-Lippe. Magdalene Linz hat angekündigt, in diesem Jahr bei den Wahlen nicht mehr anzutreten. Die Kammergeschäftsstellen werden übrigens in Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg von Frauen geleitet, hier gibt es Geschäftsführerinnen.

Bei 10 Kammern der halbe Vorstand weiblich

Geht man noch eine Ebene weiter, also in die Vorstände der Kammern, sitzen dort immerhin in zehn Kammern mindestens 50 Prozent Frauen (Präsident und Vize mitgerechnet). Spitzenreiter ist Brandenburg mit 64 Prozent Frauenanteil im Vorstand, übrigens auch die einzige Kammer in den neuen Bundesländern mit einer Vizepräsidentin. Die schlechtesten Frauenquoten haben Sachsen und Westfalen-Lippe: Dort sitzen jeweils nur drei Frauen im Vorstand. Bei einem jeweils elfköpfigen Vorstand ergibt das einen Frauenanteil von 27 Prozent.

Bei den Landesapothekerverbänden gibt es mit Christiane Lutter (Bremen) und Claudia Berger (Saarland) lediglich zwei weibliche Vorsitzende.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

Wahlen vs Quote

von Tobias Kast am 08.03.2019 um 7:31 Uhr

Solange es für Dinge wie Kammer-/Verbandsvertretungen, -Vorständen und ähnliche Gremien freie Wahlen gibt, halte ich jedes Rufen nach einer Quote für lächerlich.

Mir ist jedenfalls das Geschlecht beim Ausfüllen von Wahlzetteln vollkommen egal.

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Frauenpower

von Conny am 08.03.2019 um 7:08 Uhr

Na ja, nach der Nachricht das Spahn und Max Müller es geschafft haben, werden demnächst erstmal tausende Frauen in den Vorortapotheken entlassen !

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