Flächendeckende Arzneimittelversorgung

Antrag der AfD: Botendienst statt Rx-Versandhandel

Berlin - 06.03.2019, 07:00 Uhr

Die AfD-Bundestagsfraktion fordert das Rx-Versandverbot. Anstelle des Rx-Versandes solle der Botendienst der Vor-Ort-Apotheken ausgebaut werden, denn hier sei Beratung nicht ausgeschlossen. (r/Foto: imago)

Die AfD-Bundestagsfraktion fordert das Rx-Versandverbot. Anstelle des Rx-Versandes solle der Botendienst der Vor-Ort-Apotheken ausgebaut werden, denn hier sei Beratung nicht ausgeschlossen. (r/Foto: imago)


Die AfD-Bundestagsfraktion sieht die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch EU-Versender gefährdet. Deshalb fordert sie in einem Gesetzesantrag, den Versand mit Rx-Arzneimitteln zu verbieten und dafür den Botendienst der Vor-Ort-Apotheken auszubauen. Gegenüber DAZ.online relativiert Professor Axel Gehrke jedoch den Vorschlag seiner Fraktion: Selbst das Rx-Versandverbot könne nicht helfen, den Apothekenschwund langfristig aufzuhalten.

Gedeckelte Rx-Boni oder Gleichpreisigkeit? Mit Spannung wird erwartet, wie die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen den Versandhandelskonflikt lösen wollen. In diese politisch bewegte Zeit fällt ein Antrag der AfD-Bundestagsfraktion zur Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung, der am 14. März erstmals im Bundestag beraten werden soll.

Unter Federführung ihres gesundheitspolitischen Sprechers, Professor Axel Gehrke, fordert die AfD, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Im Gegenzug solle es Vor-Ort-Apotheken nicht nur im Einzelfall sondern regelhaft erlaubt sein, Botendienste zu erbringen. Diese Forderungen stehen im Einklang mit dem gesundheitspolitischen Eckpunktepapier (Berliner Erklärung) der AfD-Bundestagsfraktion sowie zum Wahlprogramm zur Europawahl.

Präsenzapotheken vielfach benachteiligt

Die AfD begründet ihre Forderungen damit, dass seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Jahre 2016 eine Wettbewerbsverzerrung im Apothekenmarkt bestehe. Denn der EuGH hat entschieden, dass EU-Versender, im Gegensatz zu Präsenzapotheken und deutschen Versandapotheken, offiziell Rx-Boni gewähren dürfen.  

Unabhängig davon bestünden für deutsche Apotheken noch weitere Nachteile gegenüber EU-Versendern. So ist es den Apotheken in Deutschland verboten, für verschreibungspflichtige Arzneimittel Rabatte der Hersteller anzunehmen mit Ausnahme von Skonto und Direktbezugsvorteilen. Hinzu kommen unterschiedliche   Mehrwertsteuersätze für Arzneimittel von 19 Prozent in Deutschland und zum Beispiel nur 6 Prozent in den Niederlanden.

Solitärapotheken am stärksten bedroht

In der Summe führen diese Bedingungen dazu, dass die Apothekenzahl in Deutschland sinke, während die EU-Versender expandierten. Dabei seien insbesondere die „Solitär-Apotheken“ bedroht, in deren Umkreis von 5 Kilometer keine weitere Apotheke angesiedelt ist. Doch einem Gutachten der Apothekergenossenschaft Noweda zufolge, sind insbesondere diese Apotheken für die flächendeckende Arzneimittelversorgung essenziell. Besonders kleinere Orte mit weniger als 5.000 Einwohnern seien vom Apothekenschwund am härtesten betroffen. 

Andererseits bestehe offenbar ein Bedarf daran, sich Arzneimittel nach Hause liefern zu lassen, da zunehmend mehr Packungen im Internet bestellt würden.  Um diese Nachfrage zu bedienen, solle aus Sicht der AfD der Botendienst, der „im Einzelfall“ erlaubt ist, nun auch im Regelfall erlaubt sein.

Botendienst: für den Patienten die bessere Alternative

Im Gegensatz zum Versandhandel biete der Botendienst für den Patienten entscheidende Vorteile, erklärte Gehrke gegenüber DAZ.online. „Der Botendienst ist etwas völlig anderes als der Versandhandel. Es wird zwar bei beiden das benötigte Medikament nach Hause geliefert, aber der Botendienst schließt ein vorheriges informatives Beratungsgespräch in der Apotheke nicht aus, der Versandhandel sehr wohl“, so der Kardiologe.  

Die Apothekerschaft müsse sich allerdings auf den Wandel vorbereiten. So werde die sich die Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes unmittelbar auf die Apotheken auswirken. „Letztendlich ist eine Beratung wie in der Apotheke auch durch Telemedizin vorstellbar, zumindest für den Gesetzgeber. Denn bei Ärzten stellt er direkte Beratung und telemedizinische Beratung auf eine Stufe, was ich ausgesprochen kritisch sehe“, kommentiert Gehrke. So könne eine Videosprechstunde das persönliche Beratungsgespräch nicht ersetzen, weil nonverbale Signale, die für die Einschätzung der Situation wichtig seien, nicht übermittelt würden. Dies trifft aus Sicht des Gesundheitspolitikers auch für die Apothekenberatung zu.

Gehrke: Raus aus der Schockstarre

Auf Dauer werde auch das Rx-Versandverbot den Apothekenschwund auf dem Land nicht aufhalten können, prognostiziert Gehrke. Denn die Nachteile bezüglich Herstellerrabatten sowie die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze bestünden auch im Falle eines Verbotes. „Es wird zwangsläufig zu anderen Formen der pharmazeutischen Versorgung auf dem Lande kommen und die deutschen Apotheker wären gut beraten, sich nicht wie der Frosch vor der Schlange in Schockstarre zu versetzen, sondern sich innovativ damit auseinanderzusetzen, um ausländischen Begehrlichkeiten rechtzeitig Paroli bieten zu können.“

So wie schon im Europawahlprogramm der AfD beschwert sich Gehrke über den zunehmenden Einfluss der EU auf die Gesundheitsversorgung hierzulande. „Deutschland verzichtet zunehmend auf nationale Rechte und die deutschen Apotheker spüren das gerade in dem Urteil des europäischen Gerichtshofes zur Aufhebung der deutschen Arzneimittelpreisverordnung im EU Ausland.“  

Rx-Versandverbot: für ABDA derzeit Plan B

Mit ihrem Antrag geht die AfD zum Teil sogar etwas weiter als das, was die ABDA mit ihrem Gegenvorschlag zum Apothekenpaket von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) derzeit fordert. So ist das Rx-Versandverbot in der aktuellen ABDA-Kommunikation kein Top-Thema mehr. Diese Maximalforderung wollen die Apotheker erst dann wieder auf den Tisch zu bringen, wenn Spahn ihre Forderung nach Gleichpreisigkeit nicht berücksichtigen sollte.

Was den Botendienst betrifft, sieht die ABDA derzeit keinen Handlungsbedarf. Spahn hatte vorgeschlagen, den Botendienst im Zusammenhang mit dem E-Rezept als Alternative zum Versandhandel auszubauen.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wie solls laufen ? Vergütung - schon mal gehört ?

von Alfons Neumann am 06.03.2019 um 23:48 Uhr

Wäre mal interessant: Ist dann der Botendienst eine bspw. ggü. KraKa´s zu einem vernünftigen Betrag einforderbare Leistung, oder sollen Apothekers allgemein sowas gefälligst für lau machen?
Eine Vergütung dafür ist sowieso schon lange überfällig - meinetwegen auch mit noch ´ner Sonder-PZN...

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