Nach Rezepturänderung

L-Thyroxin: Urteil im Schadenersatzprozess gegen Merck in Frankreich erwartet

Stuttgart - 05.03.2019, 10:20 Uhr

Die Rezepturänderung bei Levothyrox führte in Frankreich zu einer Klage. (m / Foto: imago)

Die Rezepturänderung bei Levothyrox führte in Frankreich zu einer Klage. (m / Foto: imago)


Hat der deutsche Pharmahersteller Merck in Frankreich nicht ausreichend über die neue Zusammensetzung seines L-Thyroxin-Präparats Levothyrox informiert? Ein Gericht in Lyon will am Dienstag sein Urteil in einem Schadenersatzprozess verkünden. Mehr als 4000 Kläger fordern mit einer Sammelklage 10.000 Euro Schadenersatz pro Person. In Deutschland steht die Umstellung noch bevor.

Merck hat in Frankreich die Zusammensetzung des Schilddrüsentherapeutikums Levothyrox geändert. Der Hersteller hatte die neue Zusammensetzung auf Bitten verschiedener internationaler Gesundheitsbehörden, darunter auch der französischen Medikamentenbehörde ANSM, entwickelt. Die Gesundheitsbehörden forderten schärfere Wirkstoffspezifikationen von Schilddrüsen-Präparaten. Die Rezepturänderung soll eine höhere Stabilität und Konsistenz des Wirkstoffes während der ganzen Haltbarkeitsdauer gewährleisten. Künftig muss der Levothyroxin-Gehalt über die Gesamtdauer der Haltbarkeit innerhalb eines Bereiches von 95 bis 105 Prozent liegen. Bislang war für die Wirkstoffspezifikation ein Schwankungsbereich von 90 bis 110 Prozent Levothyroxin-Natrium erlaubt.

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Patienten klagten über Nebenwirkungen

Patienten hatten sich allerdings über Nebenwirkungen der im Frühjahr 2017 in Frankreich eingeführten neuen Rezeptur des Schilddrüsenmittels Levothyrox beschwert. Rund drei Millionen Menschen werden in Frankreich damit behandelt. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa-AFX haben sich mehr als 4100 Kläger einer Sammelklage angeschlossen. Sie würden jeweils 10.000 Euro Schadenersatz fordern. Die Kläger werfen dem Pharmahersteller vor, nicht ausreichend über die veränderte Rezeptur und mögliche Auswirkungen aufgeklärt zu haben. Die Zivilklage der Levothyrox-Patienten in Lyon zielt daher nicht auf Körperverletzung, sondern auf „fehlende Information“ und „moralischen Schaden“ ab, weil die Patienten nicht gewusst hätten, weshalb sie plötzlich gesundheitliche Probleme hatten.

Merck weist die Anschuldigungen zurück und erklärt: „Merck lehnt die von den Anwälten der Kläger erhobenen Ansprüche entschieden ab und weist ausdrücklich darauf hin, dass die Qualität der neuen Zusammensetzung von Euthyrox® (Lévothyrox® in Frankreich) bereits mehrmals bestätigt worden ist. Darüber hinaus erlauben wir uns den Hinweis, dass die Informationen, die Ärzte, Apotheker und Patientengruppen zu der Einführung dieser neuen Zusammensetzung erhalten haben, im Rahmen der geltenden französischen Vorschriften vorbildlich waren.“

Die große Zahl der gemeldeten unerwünschten Wirkungen im Zusammenhang mit der neuen Rezeptur von Lévo­thyrox® zwang zumindest die französische Arzneimittelbehörde ANSM, das Problem ernst zu nehmen. Seither ist man um Aufklärung und Transparenz bemüht, arbeitet das Geschehene systematisch in Pharmakovigilanzberichten auf, richtete eigens zu diesem Zweck eine kostenlose Telefon-Hotline ein, führt epidemiologische Studien zum Wechsel durch und begleitet den Prozess Schritt für Schritt auf der Website der ANSM. 

Was hat Merck eigentlich geändert?

Neben Frankreich ist zum Beispiel auch in der Schweiz die neue Formulierung bereits eingeführt. Im Sommer vergangenen Jahres hat auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die neue Formulierung des Merck-Schilddrüsenmedikaments zur Zulassung empfohlen. Eingeführt ist es bislang nicht. „Die neue Formulierung zielt darauf ab, die Dosierung des Wirkstoffs präziser zu steuern und Patienten dabei zu helfen, ihr Schilddrüsenhormon-Level während der Behandlung besser zu kontrollieren“, erklärt Merck die Rezepturänderung in einem Schreiben an DAZ.online. Und weiter: „Die Rezepturänderungen haben keine Auswirkung auf die Wirksamkeit oder das Sicherheitsprofil von Levothyroxin, da der Wirkstoff derselbe bleibt.“

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Merck bestätigt, dass die neue Rezepturformulierung bioäquivalent zur früheren ist. Die Zusammensetzung, der Wirkstoff und die Erscheinungsweise bleiben nach Angaben von Merck gleich. Allerdings hat Merck zwei Hilfsstoffe geändert: Die neue Formulierung enthält Mannitol statt Lactose-Monohydrat und zusätzlich wasserfreie Zitronensäure.

Das BfArM will es besser machen

Das BfArM scheint allerdings einiges besser machen zu wollen als die Behörden in Frankreich: „Im aktuell noch laufenden Verfahren werden die Erfahrungen aus Frankreich sehr sorgfältig berücksichtigt. Für den Zeitpunkt nach Abschluss des Verfahrens ist deshalb in Deutschland eine umfassende mehrstufige Kommunikation an Ärzte, Apotheker, Patientenorganisationen sowie Patienten geplant. Unser Ziel ist es, alle Beteiligten vor und mit Einführung der neuen Formulierung bestmöglich zu informieren und damit mögliche Risiken und Verunsicherungen zu minimieren.“

Klage abgewiesen

Update, 5. März, 20.30 Uhr: Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Alle Informationen zu dem Urteil finden Sie hier.



dpa / DAZ.online
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1 Kommentar

Levothyrox 75 ug

von Christel Hale am 04.12.2019 um 10:52 Uhr

Ich nehme seit 1975 Schilddruesentabletten und habe mich gut gefuehlt. Seit 3 Wochen geht es mir richtig schlecht. Ich fuehle mich ausgelaugt ,habe Schwaecheanfaelle und zittere. Gestern habe ich mir die Kompositionen von Levothyrox durchgelesen und festgestellt dass MANNITOL zugesetzt wurde. Es ist ein Diuretica das dem Koerper Wasser und Mineralien entzieht und zu Mineralmaengeln fuehrt. Ausserdem senkt es den Blutdruck. Mein Blutdruck ist sowieso schon viel zu niedrig und deshalb fuehle ich mich so krank. Das darf doch nicht sein denn ich MUSS ja dieses Medikament nehmen um zu ueberleben. Das alte Medikament gibt es in Frankreich nicht mehr. Ich bin voellig am ende. Was mache ich nun?

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