Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

03.03.2019, 08:00 Uhr

So viele Warums und nur unbefriedigende Antworten – nur Karneval ist noch seltsamer. (Foto: Andi Dalferth)

So viele Warums und nur unbefriedigende Antworten – nur Karneval ist noch seltsamer. (Foto: Andi Dalferth)


1. März 2019 

Sag ich’s doch, nach Dänemark jetzt auch Frankreich: Auch unsere Kolleginnen und Kollegen links des Rheins setzen in Zukunft auf die Grippeimpfung in der Apotheke. Nach Testphasen in zwei vergangenen Grippesaisons in vier Regionen des Landes war man mit den Ergebnissen mehr als zufrieden. Die französische Fachpresse sprach von einem großartigen Erfolg. Zwischen Oktober 2018 und Mitte Januar 2019 ließen sich knapp 700.00 Personen in rund 6700 Apotheken impfen. Und nun? Die Grippeimpfung in Apotheken wird ab dem 1. März 2019 bzw. ab der nächsten Grippesaison im kommenden Herbst in allen Apotheken Frankreichs, die mitmachen wollen, möglich sein. Mein liebes Tagebuch, ein tolles Ergebnis, Hut ab vor unseren französischen Kolleginnen und Kollegen. Aber es ist auch gar nicht schwer: Für die Impfberechtigung müssen sie einen theoretischen Teil (auch im E-Learning-Verfahren) und eine praktische Schulung absolvieren, insgesamt nur einen Tag. Okay, das wäre im bürokratischen Deutschland zu wenig, aber ein langes Schulungswochenende wäre doch auch bei uns denkbar. Oh Gott, mein liebes Tagebuch, da bin ich mal wieder zu weit vorgeprescht. Grippeimpfung in deutschen Apotheken – das blockt ja unsere Berufsvertretung, aber sowas von. Du weißt schon: Unsere lieben Ärzte drohen dann zu dispensieren und da wird’s uns Angst und Bange. Seltsam, dass sich die dänischen und französischen Apothekers da gar nicht drum scheren. Und mal ehrlich: Das ärztliche Dispensiergepoltere ist doch nicht ernst zu nehmen, denn welcher Arzt will sich ernsthaft mit der Superbürokratie der Arzneimittelbevorratung und -abgabe auseinandersetzen. Na also.   


Das ist ja wieder mal typisch: Die AOK Nordost startet unter dem Namen „eLiSa“ (electronic Life Saver) ein neues Arzneimittelversorgungsmodell. Mit der Teilnahme an diesem Modell erlaubt  der Patient der AOK Nordost, seinem teilnehmenden Arzt u. a. die gesamte Medikation der letzten drei Monate für ein Medikationsmanagement zu übermitteln. Ja, mein liebes Tagebuch, du hast richtig gehört: Der Arzt führt das Medikationsmanagement durch und nicht wir Apothekers. Oder noch genauer: Die Software des Arztrechners, die dem Arzt dann mitteilt, ob’s Probleme gibt und was ausgetauscht werden muss. Dann druckt der Arzt einen entsprechenden Medikationsplan aus und schon klingelt der Kontowecker des Arztes – es fließt ein Honorar, das „den erhöhten Aufwand der Mediziner dafür zumindest teilweise abbildet“, wie die AOK verrät. Wir Apothekers, wir Arzneimittelfachleute, wir in klinischer Pharmazie ausgebildete Pharmazeuten gucken wie so oft in die Röhre. Mein liebes Tagebuch, rächt sich da, dass wir noch kein sicheres Apotheken-Datennetz haben? Dass unsere ABDA pennt und wir digital hinterherhinken? Was nützen uns da Perspektivpapier und hehre Worte wie „näher am Patienten“, wenn uns die Kassen bei apothekergenuinen Projekten außen vor lassen? Da ist es auch kein Trost, wenn die AOK Nordost auf Nachfrage wissen lässt, dass die Apotheker „eventuell“ in Phase 2 an eLiSa beteiligt werden können. Und das Wie ist sowieso noch vollkommen offen. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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8 Kommentare

"Kassenapothekerliche Vereinigung"?

von Wolfgang Müller am 03.03.2019 um 19:22 Uhr

Käme zu den längst als "Interessenvertretung" aus dem Ruder gelaufenen Apothekerkammern jetzt auch noch eine zünftische "Kassenapothekerliche Vereinigung (KAV)" hinzu: Es wäre dann für jeden freien Geist, der nicht über nahezu unbegrenzte Ressourcen verfügt oder am Besten sowieso selber mafiös veranlagt ist, Zeit, als Inhaber aufzuhören.

Sogar bei den normalerweise untereinander weniger gnadenlos und ruinös agierenden Ärzten sind die Kassenärztlichen Vereinigungen extrem problematische Strukturen, die regelmäßig wegen Skandalen vor der Auflösung stehen (besser wäre es, übrigens, ohne jeden Zweifel). Die freiberuflichen Ärzte haben aber wenigstens ansonsten Standesorganisationen, die hart daran arbeiten, ihre Existenz zu sichern,

Sogar die Ärztekammern agieren FÜR die Praxis-Inhaber. Was wegen der Mehrheitsverhältnisse zu Gunsten der gegenwärtigen und möglicherweise zukünftigen, an ihrem wirtschaftlichen und psychischen Auskommen interessierten Praxis-Inhaber auch selbstverständlich ist. Das ist bei uns NICHT so: Aus den Kammern kommen daher seit Jahren immer hemmungsloser die schlimmsten Sachen GEGEN die Interessen normaler Inhaber, in der berufspolitischen Entwicklung, und auch im Tagesgeschäft.

Eine unter Kammer-Einfluss stehende "KAV", die dann sogar noch über GRUNDSÄTZLICHES Wohl und Wehe eines Standorts entscheidet, und am Ende am Liebsten noch über abgestufte Honorar-Höhen je nach Willfährigkeit gegenüber den Kammer-Vorstellungen von einem braven Apothekerling: Brauchen die ums pure Durchkommen kämpfenden Flächendeckungs-Inhaber gerade wie die sprichwörtliche Eiterbeule am verlängerten Rücken.

Ganz ernst gemeint: Dann lieber Verstaatlichung, gnadenhalber.

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Fiktives

von Karl Friedrich Müller am 03.03.2019 um 15:12 Uhr

Steht hier im Vordergrund. Warum nicht das Alltagsgeschäft, bzw. die Probleme?
Warum wird nicht der unsägliche neue Rahmenvertrag angesprochen? Um den zu unterschreiben, muss man schon weit weg von der Basis sein.
Wie „Conny“ schon erwähnt, machen KK ein neues Retax Fass auf, wegen TippEx.
Keine Spur von Zurückhaltung bei den Kassen, trotz Vereinbarung.
Der neue Rahmenvertrag wird die Retaxe weiter erhöhen, scheint mir der einzige Zweck zu sein.
Die Kassen retaxieren Ärzte, die „zu viele Hausbesuche“ gemacht und abgerechnet haben. Gehts noch? Die Ärzte haben sich gewehrt und nun sind die Retaxe - vorerst- ausgesetzt.
Warum geht das nicht bei uns? Kann man sich nicht mal mit Erfolg wehren?
Die Retaxe sind ein Beleg der unmoralischen Einstellung der Kassen, mit der sie scheitern MÜSSEN.
Spahn sind die unmöglichen Zustände im HiMi Bereich vollkommen egal, weiter so. Zertifikate nach Aktenlage, die Ärzte dürfen Schrott verbauen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Die Hersteller und Zertifizierer auch nicht. Der Kranke bleibt allein gelassen.
Dafür schwafelt Spahn mit Özdemir über Heimat.
Heimat ist, wenn nicht zu viele Ausländer und Sozialschmarotzer das Land heim suchen. ............ hier Platz für Empörung.......... wie DocMorris und andere Konzerne, die nur hier sind, um Geld aus dem Gesundheitswesen abzugreifen, die Strukturen vernichten und mit Hilfe der Politik unnötige Behandlungen möglich machen, um viel Geld zu verdienen. Deutschland hat lt SZ das teuerste Gesundheitswesen in Europa, aber fast die schlechtesten Leistungen für die Kranken. Die Lebenserwartung in anderen Ländern ist höher. An was das wohl liegt? Kommen die Gelder nicht beim Kranken an? Durch Fehllenkung, Sparmaßnahmen und Leistungsverweigerung der KK, durch falsche Anreize und Unvermögen der Politik?
In der USA besteht das gleiche Problem.
Die übertriebene Digitalisierung im Gesundheitswesen wird riesige Probleme schaffen. Die Digitalkonzerne werden uns beherrschen (oder die Hacker). Will man Datenschutz, dann braucht es mehr analoges Leben.
Wir haben den Schwachsinn mit Securpharm, den wir selbstverständlich nicht bezahlt bekommen. Dafür lese ich über die tolle Einigung im öffentlichen Dienst. 8% für 33 Monate. Wow. Wir kriegen außer warmen Worten nichts, nur mehr Arbeit und finanziellen Aufwand.
Mein Rohgewinn ist in den letzten 5 Jahren um 20% gesunken, mein persönliches Einkommen um 30%. Trotz Umsatzsteigerungen. Der Beitrag für unsere Standeszertreter sinkt aber nicht, trotz ausbleibender Leistung.
So sieht es aus.
Alles wird unter den Teppich gekehrt, aber über Zukunftsvisionen geschwafelt, statt die Dinge, die heute auf den Nägeln brennen, zuerst mal anzupacken.

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Auf zu neuen Ufern… (?!)

von Gunnar Müller, Detmold am 03.03.2019 um 13:41 Uhr

… Denn wir haben es ja noch nicht einmal geschafft, den momentanen Apothekenalltag so zu regeln, dass wir damit zufrieden sein könnten.

Erinnert mich irgendwie an eine Anekdote von Karajan, der wutentbrannt aus einer Probe mit den Philharmonikern stürmend im Taxi sitzt und auf die Frage des Taxifahrers, wohin der denn fahren solle, die lapidare Antwort gibt: „Egal, fahrn‘se schneller…“
Soll heißen:
Auch eine KApBV macht keinen Sinn, wenn diese (Infrastruktur, Verfahren, Personal…) allein von der Apothekerschaft (?!) bezahlt wird und es kein „gescheit verhandeltes“ sprich: angemessenes, dem Standort angepasstes und fortlaufend aktualisiertes (!) Entgelt für jede (!) Apotheke in Deutschland gibt!
Einmal abgesehen davon, dass parallel dazu die gesamte Entwicklung des deutschen Apothekenwesens seit dem Urteil des BVerfG aus 1958 1BvR 596/56 nach 60 Jahren sinnvoll (!) weitergeschrieben werden müsste.

Sorry, aber ich habe höchste Zweifel daran, dass wir das dafür erforderliche ganzheitliche Denken sowohl bei der ABDA in Berlin aber auch bei den Institutionen vor Ort (die dann ja alles regeln müssen…) vorhanden haben.
Wir schaffen es ja noch nicht einmal, ein Bundesapothekerverzeichnis zu schaffen (wie von uns vorgeschlagen seit 2016). Das macht jetzt offenbar IQVIA – und verdient damit sogar noch Geld…:-)

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U.Hüsgens Idee

von Dr.Diefenbach am 03.03.2019 um 12:49 Uhr

....die kassenapothekerlichen Vorschläge wurden bereits mehrfach angedacht UND auch schon in der ABDA-JHV in die Diskussion gebracht.Es gab nur Ablehnung.Allerdings dürfte diese Sachlage in kommenden Modellen durchaus wieder auf die Tagesordnung kommen.Wenn es immer weniger NachfolgerInnen in den öffentlichen Betrieben gibt,weil die wirtschaftliche Perspektive zum Problem wird,muss man über eine KV wenigstens reden.Der Zirkus bereits heute mit diversen GKVen ist kaum zu übertreffen.Also spreche man über Nach-und Vorteile dieses möglicherweise neuen Faktums.

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Flächendeckende Arzneimittelversorgung

von Uwe Hüsgen am 03.03.2019 um 11:58 Uhr

„Er [Laumann] ist für eine flächendeckende Arzneimittelversorgung durch Apotheken, aber ihm kommt es nicht auf die Apothekenzahl an, entscheidend sei vielmehr die Apothekenverteilung in der Fläche, vor allem auf dem Land.“
Schon mal über eine Kassenapothekerkliche Vereinigung nachgedacht?

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letzte Woche

von conny am 03.03.2019 um 10:17 Uhr

Nicht zu vergessen die Tippexretaxen der Aok. Steht in der Daz aber kein Wort drüber. in Hessen schlappe 200000Euro.

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Näher oder bequemer?

von Ulrich Ströh am 03.03.2019 um 8:34 Uhr

Bin ich „näher am Patienten“, wenn ich in der Apotheke auch zukünftg keine saisonale Grippeschutzimpfung und keine Folgerezepte anbieten kann?

Oder bin ich einfach nur ängstlicher ? Oder bequemer?

Ohne Zuversicht läuft es bei Apothekers zukünftig nicht.

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Mal ein kurzer Überblick...

von Apotheker08 am 03.03.2019 um 8:33 Uhr

über die pharmazeutische Entwicklung in anderen Ländern:

USA: eingeschränkte Beschreibungsbefugnis, MTM, Impfungen (Providerstatus wird in den nachten 2 Jahren erwartet)
Kanada: Verschreibungsbefugins, MTM, Grippeimpfung
UK: Independent Prescriber, Pharmacist in GP practice, Impfungen, MTM
Australien: MTM, Impfungen, Pharmacist in GP practice modell
Neuseeland: siehe Australien
Schweiz: Erweiterung der Rx Kompetenzen, Impfungen, bezahltes MTM
Niederlande: Testung pharmacist in GP pratice
Singapur: Rx Verschreibungsbefugnis
China: massive Ausweitung der Klinischen Pharmazie (staatliche Zielsetzung, das alle KH innerhalb der nächsten Jahre Klinisch-pharmazeutische Departments einrichten)
Saudi Arabien: massiver Mangel an Klinischen Pharmazeuten (staatlich gesteuerter Programm zur Etablierung)
Malaysia: klinisch-pharmazeutisch geführte Ambulanzen (Antikoag. / Hypertension / DMT2)

und das war nur eine kurze Auswahl.

und gaaaaanz am Ende Deutschland mit: 0

Ich würde mal sagen, wen klinische Pharmazie wirklich interessiert und wer es gescheit lernen will, der sollte sich Richtung Ausland orientieren.

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