Impfstoffpreise

Hennrich: „Die Pharmaindustrie muss jetzt liefern“

Berlin - 14.02.2019, 10:15 Uhr

Keine zusätzlichen Rabatte für Pharmaunternehmen bei Grippeimpfstoffen und Nachbesserungsbedarf beim Apothekenhonorar. CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich zu den TSVG-Impfstoffregelungen. (c / Foto: Külker)

Keine zusätzlichen Rabatte für Pharmaunternehmen bei Grippeimpfstoffen und Nachbesserungsbedarf beim Apothekenhonorar. CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich zu den TSVG-Impfstoffregelungen. (c / Foto: Külker)


Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) wollen die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen im Bundestag die Versorgung mit Impfstoffen neu organisieren. Die Bundesregierung hatte die Ausweitung des europäischen Referenzpreissystems und weitere Rabatte für Hersteller sowie eine neue Apothekenvergütung beschlossen. Doch die Regierungsfraktionen sehen Änderungsbedarf und wollen die Hersteller-Rabatte streichen und auch an der Apothekenvergütung schrauben. Warum? Das erklärt CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich gegenüber DAZ.online.

Das sogenannte Terminservice und Versorgungsgesetz (TSVG) ist eines der inhaltsvollsten Gesetze der vergangenen Jahre. Ursprünglich hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Vorhaben auf den Weg gebracht, um die ambulante ärztliche Versorgung für GKV-Versicherte zu verbessern, etwa durch schnellere Facharzttermine und effizientere Terminservicestellen. Doch inzwischen gibt es zahlreiche Nachschübe der Bundesregierung und ebenso zahlreiche Änderungsanträge aus den Regierungsfraktionen.

Auch die Versorgung mit Grippeimpfstoffen wollen sowohl die Bundesregierung als auch die Regierungskoalitionen neu regeln. Dafür gibt es mehrere Anlässe: Einerseits sind der Politik nach wie vor einige Festpreisvereinbarungen zwischen Landesapothekerverbänden und Herstellern ein Dorn im Auge, denn eigentlich hatte der Gesetzgeber jegliche Rabattverträge im Impfstoff-Bereich 2017 verboten – auch um Engpässe zu vermeiden. Trotzdem gab es in dieser Grippesaison heftige Engpässe bei der Versorgung mit Grippeimpfstoffen, auch darauf wollen Union und SPD nun reagieren.

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Die Bundesregierung hatte bezüglich der Impfstoff-Preisbildung mit dem TSVG-Kabinettsentwurf beschlossen, dass das EU-Referenzpreissystem ausgeweitet werden soll. Demnach sollen auch die EWR-Staaten als Referenz herangezogen werden, außerdem sollen nur solche Staaten zur Referenzierung herangezogen werden, in denen eine Abgabe des wirkstoffidentischen Impfstoffs auch tatsächlich erfolgt. Ebenfalls im Kabinettsentwurf enthalten: Zusätzliche Rabatte für Hersteller – je nach Impfstoff bis zu 10 Prozent. Doch die Regierungsfraktionen im Bundestag sehen das anders. Sie wollen zwar an der Ausweitung der Referenzpreise festhalten, um einzusparen. Einem Änderungsantrag zufolge, über den DAZ.online am gestrigen Mittwoch berichtete, sollen aber die zusätzlichen Rabatte gestrichen werden.

Beim Apothekenhonorar nachbessern

Gegenüber DAZ.online erklärt Michael Hennrich, Berichterstatter für alle Arzneimittelthemen in der Unionsfraktion, den Vorstoß:


Mit den im Kabinettsentwurf enthaltenen zusätzlichen Abschlägen für die Hersteller hatte ich ein Problem. Denn durch das ausgeweitete EU-Referenzpreissystem werden die Preise ja schon deutlich abgesenkt. Wenn wir jetzt noch zusätzlich 5, 7 oder 10 Prozent wegnehmen, würde das Preisniveau ja unter das europäische Niveau fallen. Gerade in einem so empfindlichen Markt wie bei den Grippeimpfstoffen wäre die Versorgungssicherheit damit gefährdet. Ich sehe jetzt aber auch die Hersteller in der Pflicht: Sie haben für das Referenzpreissystem geworben – sie müssen jetzt liefern und zeigen, dass das Modell funktioniert. Wenn wir im nächsten Jahr wieder Versorgungsengpässe haben, gibt es ein Problem.“

MdB Michael Hennrich (CDU)


Und auch bei der Apothekenvergütung gibt es leichte Differenzen zwischen dem Beschluss der Bundesregierung und den Vorstellungen der Regierungsfraktionen. Klar ist: Vertragliche Vereinbarungen zwischen Apothekern und Herstellern soll es künftig nicht mehr geben. Union und SPD im Bundestag gehen nun aber noch einen Schritt weiter und wollen die Honorare für die Grippeimpfstoff-Versorgung in der Arzneimittelpreisverordnung fixieren. Dort soll festgehalten werden, dass die Apotheker bei der Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen an Ärzte höchstens einen Zuschlag von einem 1 Euro je Einzeldosis berechnen dürfen, höchstens allerdings 20 Euro pro Verordnungszeile.

Hennrich: 20 Euro als Höchstgrenze ist lebensfremd

Hennrich erklärt, dass es den Fraktionen dabei darum geht, nicht einzelne Apotheken zu bevorteilen. Der CDU-Politiker wörtlich: „Zu den derzeitigen Vorschlägen zur Apothekenvergütung kann ich erklären, dass es uns darum ging, dass nicht große Apotheken durch überproportionale Einkaufsvorteile profitieren. Deswegen denken wir, dass der fixe Vergütungszuschlag von einem 1 Euro je Einzeldosis gerecht ist, weil er für mehr Verteilungsgerechtigkeit sorgt.“ Allerdings sieht Hennrich beim Apothekenhonorar noch Nachbesserungsbedarf: „Gesprächsbedarf habe ich allerdings noch bei den im Änderungsantrag vorgeschlagenen 20 Euro als Höchstgrenze pro Verordnungszeile. Die Zahl ist aus meiner Sicht zu niedrig und etwas lebensfremd. Da ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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