Erste E-Verordnung in Deutschland

TK startet E-Rezept-Pilotprojekt – mit DocMorris-Schwester

Berlin - 31.01.2019, 07:00 Uhr

In Hamburg startet ab dem 1. Februar das erste Pilotprojekt zur Erprobung des E-Rezeptes. Daran beteiligt ist auch eine IT-Firma, die zu 50 Prozent dem DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose gehört. (j/Foto: Imago)

In Hamburg startet ab dem 1. Februar das erste Pilotprojekt zur Erprobung des E-Rezeptes. Daran beteiligt ist auch eine IT-Firma, die zu 50 Prozent dem DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose gehört. (j/Foto: Imago)


Erstmals werden in Deutschland elektronische Verordnungen getestet. Die Techniker Krankenkasse und weitere Projektpartner starten ab dem 1. Februar in Hamburg ein auf den Stadtteil Wandsbek beschränktes Pilotprojekt. Dabei soll das E-Rezept auf die Smartphones der Patienten übertragen werden. Mit dabei ist die Wandsbeker Adler-Apotheke, die auch schon in anderen Bereichen auf sich aufmerksam gemacht hat. Auch mit von der Partie: Ein DocMorris-Schwesterunternehmen, das auf Abrechnungslösungen bei Versandapotheken spezialisiert ist.

Am gestrigen Mittwoch hat das Bundeskabinett neue, konkrete Vorgaben zur Einführung des E-Rezeptes beschlossen. Nach Inkrafttreten des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) haben Apotheker, Ärzte und Kassen sieben Monate Zeit, die nötigen Regelungen in den Rahmenverträgen neu auszuhandeln. Schließlich schreiben die dort enthaltenen Regeln noch eine Verordnung via Papierrezept vor. Doch es könnte schneller gehen: Denn in Baden-Württemberg bereiten sich derzeit die Apotheker auf ein E-Rezept-Pilotprojekt vor, das noch in diesem Jahr starten soll.

Schon jetzt ist aber die Techniker Krankenkasse mit ihrem Projekt gestartet. DAZ.online hatte im vergangenen Jahr exklusiv über die Pläne der TK berichtet. Nun geht es los: Laut Techniker Krankenkasse soll das E-Rezept in Wandsbek in den kommenden 18 Monaten getestet werden. Der Patient muss dabei ausdrücklich einwilligen, dass er teilnehmen möchte. Ist das der Fall, signiert der Arzt die E-Verordnung über eine „eingerichtete Software-Erweiterung“ in seiner Arzt-Software, teilte die TK mit. In der Arzt-Software wird die Verordnung dann verschlüsselt und an eine Handy-App des Patienten geschickt. Neben der verschlüsselten Version soll der Patient allerdings auch ein Abbild der Verordnung in seine App laden können. Die App trägt den Namen „LifeTime“ und wird vom E-Health-Unternehmen connected-health.eu GmbH herausgegeben.

(Foto: Lifetime/Connected Health)

Erste E-Rezepte ab dem 1. März

Ist das E-Rezept in die App geladen, kann der Patient in die Apotheke gehen. Dort soll er den in der App abgespeicherten QR-Code vorzeigen – die Apotheke scannt den Code und kann somit auf das Rezept zugreifen und das Arzneimittel abgeben. Ab dem 1. Februar können sich Patienten für das Projekt einschreiben, die ersten E-Verordnungen sollen ab dem 1. März 2019 verschickt werden. Der Datenschutz ist den Projektpartnern zufolge gewährleistet. Die Daten würden Ende-zu-Ende-verschlüsselt und liegen bis zu deren Abruf durch die Apotheke in der Arztpraxis.

„Connected Health“ teilte dazu weiter mit: „Das System LifeTime, das aktuell bereits von rund 300 Arztpraxen vorrangig zum Befundaustausch genutzt wird, stellt eine gesicherte Verbindung zwischen Praxisrechner und Smartphone her. Die Übertragung erfolgt damit datenschutzkonform und die Dateien werden gesichert in der LifeTime App empfangen. Das LifeTime System ist eigenständig und Krankenkassen-unabhängig, die Software funktioniert mit jedem Praxisverwaltungssystem.“

TK will ihr E-Rezept bundesweit einbringen

Neben der TK und dem E-Health-Unternehmen Connected Health ist auch das Software-Dienstleistungszentrum König IDV beteiligt. In der Versandhandelsbranche ist die Firma bekannt: Für viele inländische und ausländische Versender wickelt König beispielsweise die Abrechnungen ab und bietet andere IT-Lösungen an. Interessant sind auch die Mehrheitsverhältnisse von König IDV: Dem Zur Rose-Geschäftsbericht 2017 zufolge hält der DocMorris-Mutterkonzern die Hälfte der Anteile sowohl bei König IDV als auch bei König IT-Systems. Die TK wollte sich auf Nachfrage von DAZ.online nicht weiter dazu äußern. Nur so viel erklärte ein Sprecher: „Die Firma König IDV stellt Softwarelösungen für Apotheken-Rechenzentren her und ist damit auch für uns ein guter Kooperationspartner zur Umsetzung des e-Rezepts.“

Sehr eng eingegrenzter Rahmen

Im Hamburger E-Rezept-Projekt dürfte die Anzahl der Verordnungen zu Beginn nicht allzu groß sein, denn derzeit ist nur das Diabetes Zentrum in Wandsbek angeschlossen – nur dort tätige Ärzte können die E-Rezepte derzeit erzeugen. Und auch bei den Apotheken ist es derzeit nur die Adler-Apotheke, die die elektronischen Verordnungen entschlüsseln kann. Die TK teilte aber mit, dass das Projekt offen ist für weitere Leistungserbringer, die in Wandsbek stationiert sind.

Die Adler-Apotheke ist eine der größten und bekanntesten Apotheken Hamburgs. Die Apotheke hat regelmäßig bis 24 Uhr geöffnet, verfügt über einen Herstellbetrieb und beliefert mehrere Heime. Außerdem bietet die Apotheke ihren Kunden eine eigens entwickelte Arzneimittelverblisterung an („Pill Pack“). Zudem organisiert das Unternehmen Arzneimittelberatungen bei betrieblichen Gesundheitstagen. Seit 2015 beteiligt sich die Adler Apotheke zudem bei der Flüchtlingsversorgung in der Hansestadt. Inhaberin Heike Gnekow ist dazu noch politisch interessiert und aktiv. 2017 präsentierte sich Gnekow beispielsweise in einem Internet-Streitgespräch mit DocMorris-Vorstand Max Müller wortgewandt. Sie beschrieb dort die Vorteile der Apotheke vor Ort gegenüber dem Versandhandel.

Eigentlich war der Start schon 2018 vorgesehen

Die TK plant, dass das E-Rezept nach Abschluss des Pilotprojektes Teil der elektronischen Gesundheitsakte „TK-Safe" wird, perspektivisch solle es sogar bundesweit zur Verfügung stehen. Das Projekt ist allerdings mit etwas Verspätung an den Start gegangen. Im Oktober hatte TK-Arzneimittelchef Tim Steimle erklärt, dass man schon zum 1. Dezember 2018 starten wolle.

Dass die TK ihr E-Rezept-Projekt überhaupt rechtlich durchführen darf – schließlich müssen Rezepte eigentlich nach wie vor in Papierform vorliegen – begründet die Krankenkasse mit den Selektivverträgen. Diese machen es einem Sprecher zufolge möglich, dass man solche Vorhaben teste.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Der nächste Schritt gegen die örtlichen Apotheken

von ratatosk am 31.01.2019 um 10:27 Uhr

Glaubt irgendwer, daß dies nicht die Vorbereitung der Verschiebung der Rezepte auf die Versandapotheken ist ? Wäre schön blöd. Im Boot sitzen alle darauf geilen Partner. TK und Doc Morris. Jetzt fehlt nur noch Lauterbach und Co, dann werden die Rezepte aufbereitet zum Versender geschickt , bingo, Affe (hier örtiliche Apothke ) tot. Es tut wirklich weh, wie wenig diese offensichtlche Strategie erkannt wird.

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