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OTC für Erwachsene – muss die Diagnose aufs Rezept?

Stuttgart - 31.01.2019, 14:00 Uhr

Ausnahme vom Verordnungsausschluss? Die Apotheke muss bei OTC-Rezepten nur prüfen, ob die Ausnahme grundsätzlich besteht. (j/Foto: imago)

Ausnahme vom Verordnungsausschluss? Die Apotheke muss bei OTC-Rezepten nur prüfen, ob die Ausnahme grundsätzlich besteht. (j/Foto: imago)


Einige OTC-Arzneimittel sind auch für ältere Kinder und Erwachsene zulasten der GKV verordnungsfähig. Allerdings nur für bestimmte Indikationen, in denen entsprechende Wirkstoffe als Therapiestandard gelten. Doch muss der Arzt diese Indikation auf dem Rezept vermerken beziehungsweise muss die Apotheke sicherstellen, dass sie tatsächlich besteht?

Apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind seit dem 1. Januar 2004 grundsätzlich von der Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV ausgeschlossen – lediglich für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr dürfen sie verschrieben werden, sofern sie wirtschaftlich sind. Darüber hinaus hat der G-BA weitere Ausnahmen festgelegt. 

Bestimmte OTC-Präparate können nämlich auch für Erwachsene und Jugendliche verschrieben werden, wenn sie bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Welche Wirkstoffe das konkret bei welchen Erkrankungen sind, ist in der „OTC-Ausnahmeliste“ festgehalten. Dazu gehören zum Beispiel Acetylsalicylsäure (bis 300 mg/Dosiseinheit) als Thrombozyten-Aggregationshemmer bei koronarer Herzkrankheit, Eisen-(II)-Verbindungen zur Behandlung von Eisenmangelanaemie oder Ginkgo-biloba-Blätter-Extrakt (Aceton-Wasser-Auszug, standardisiert 240mg Tagesdosis) zur Behandlung der Demenz.

Keine Diagnose = keine Prüfpflicht

Die in „Anlage I: Zugelassene Ausnahmen zum gesetzlichen Verordnungsausschluss nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V“, wie die OTC-Ausnahmeliste offiziell heißt, aufgeführten Mittel können Ärzte zulasten der GKV verordnen. Eine Diagnose muss dabei grundsätzlich nicht vermerkt werden. Folglich hat die Apotheke auch diesbezüglich keine Prüfpflicht. Prüfen muss die Apotheke aber, ob es für das entsprechende Arzneimittel überhaupt eine Ausnahme vom Verordnungsausschluss gibt. 

Diagnose auf dem Rezept = erweiterte Prüfpflicht

Schreibt der Arzt allerdings eine Diagnose aufs Rezept, muss die Apotheke sicherstellen, dass das Arzneimittel für diese Indikation tatsächlich verordnet werden kann. Es gilt dann die sogenannte erweiteret Prüfpflicht. So kann beispielsweise eine Verordnung über Tebonin 240 mg ohne Angaben zur Diagnose zulasten der GKV abgegeben werden – natürlich unter Beachtung etwaiger Rabattverträge. Die Verantwortung liegt in der Hand des Arztes. 

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Schreibt der Arzt aber dazu „Diagnose Tinnitus“ – für diese Indikation gibt es für Ginkgo keine Ausnahme, sondern nur für Demenz – muss der Patient das Mittel selbst zahlen beziehungsweise empfiehlt es sich dann, Rücksprache mit dem Arzt zu halten.

Wann muss die Diagnose auf das Rezept?

Auch Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen von 12 bis 18 Jahren müssen nicht auf dem Rezept vermerkt werden. Ist ein OTC-Präparat für ein Kind oder einen Jugendlichen unter 18 Jahren verschrieben, kann die Apotheke es abgeben. Eine erweiterte Prüfpflicht auf das Vorliegen einer Entwicklungsstörung besteht nicht.

Zwingend notwendig ist eine Diagnose bei Hilfsmittelrezepten.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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