Zhejiang Huahai Pharmaceutical

NDEA-Fund: Irbesartan und Losartan verlieren CEP-Zertifikate

Stuttgart - 21.01.2019, 15:20 Uhr

Die Hintergründe des Falles Valsartan vom Sommer 2018 werden noch immer untersucht. ( r / Foto: Zhou Junxiang / dpa)

Die Hintergründe des Falles Valsartan vom Sommer 2018 werden noch immer untersucht. ( r / Foto: Zhou Junxiang / dpa)


Seit den weltweiten Sartan-Rückrufen im Sommer 2018 stand vor allem ein chinesischer Hersteller (ZHP) mit seinem durch NDMA verunreinigten Wirkstoff Valsartan im Mittelpunkt der Untersuchungen. Zunächst hieß es, keine weiteren Sartane bei ZHP seien von Nitrosaminverunreinigungen betroffen. Vergangenen Freitag wurden in Europa allerdings die CEP-Zertifikate sowohl für Irbesartan als auch für Losartan von ZHP aufgehoben. In den USA gab es noch am Freitag entsprechende Rückrufe, deutsche folgten heute.

Am 18. Januar 2019 hat das EDQM (European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare) verkündet, dass dem Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical (ZHP) zwei weitere CEP-Zertifikate entzogen wurden. Zur Erinnerung: Ein „Certificate of Suitability of Monographs of the European Pharmacopoeia“(CEP) belegt, dass eine Monographie des Europäischen Arzneibuchs geeignet ist, die Qualität eines Wirkstoffs angemessen zu prüfen. Die beiden entzogenen CEPs betreffen sowohl eines für Irbesartan (R1-CEP 2010-033-Rev 01/Irbesartan) als auch eines für Losartan (R1-CEP 2010-139-Rev 00/losartan potassium, process II). 

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Als Grund wird der Fund des wahrscheinlich krebserregenden Nitrosamins NDEA in den betroffenen Wirkstoffen in niedrigen Konzentrationen angegeben. Das EDQM erklärt dazu außerdem, dass Nitrosaminverunreinigungen durch das Syntheseverfahren in der Herstellung von Valsartan und verwandten Substanzen entstehen können, oder von außen in den Wirkstoff eingebracht werden können, wenn bereits verunreinigte Materialien in der Herstellung wiederverwertet werden.

Neue Irbesartan-Rückrufe

Entsprechend dieser neuen europäischen Maßnahmen erfolgte am vergangenen Freitag zudem in den USA ein weiterer Irbesartan-Rückruf durch die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA. Betroffen von dem Rückruf in den USA ist die Firma Prinston Pharmaceutical Inc., die ihr Irbesartan von ZHP bezogen hat. Und auch in Deutschland wurden am heutigen Montag verschiedene Chargen Irbesartan von Heumann zurückgerufen: „Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hat in einer Wirkstoffcharge Irbesartan des Wirkstoffherstellers Herstellers Zhejiang Huahai Pharmaceuticals Co. Ltd geringfügig erhöhte Werte der Verunreinigung N-Nitrosodiethylamin (NDEA) festgestellt“, heißt es in der AMK-Mitteilung vom 21. Januar 2019.

Bei den zuvor im Januar und Dezember in Deutschland erfolgten Sartan-Rückrufen wurde in den entsprechenden AMK-Meldungen zuletzt der Wirkstofflieferant nicht aufgeführt. Allerdings wurden auch hier zuletzt Irbesartan und Losartan aufgrund von NDEA-Verunreinigungen zurückgerufen.

Erstmals andere Sartane von ZHP betroffen

Dass der chinesische Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical im Mittelpunkt des Falles um mit Nitrosaminen verunreinigten Sartanen steht, ist seit den weltweiten Valsartan-Rückrufen des Sommers 2018 hinlänglich bekannt. Nicht GMP-konformes Arbeiten durch ZHP war bislang von europäischer Seite im September 2018 allerdings nur bezüglich des Wirkstoffs Valsartan bekanntgegeben worden. Auch das viel besprochene CEP-Zertifikat war ZHP bislang nur für den Wirkstoff Valsartan entzogen worden, nicht aber für andere Sartane von ZHP.

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Während die EMA also im September 2018 noch über weitere Maßnahmen bezüglich ZHP am Standort Chuannan nachdachte, sprach die FDA damals bereits ein generelles Import-Verbot gegen alle am Standort Chuannan durch ZHP hergestellten Produkte aus, also auch gegen Losartan und Irbesartan. Das betraf jedoch nicht die Wirkstoffe, die sich bereits in den USA befanden, und die FDA hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen abschließenden GMP-Non-Compliance-Bericht für ZHP, einen Warning-Letter, erstellt. Diesen Warning-Letter, der einem europäischen GMP-Non-Compliance-Bericht entspricht, veröffentlichte die FDA erst im Dezember 2018. Und auch dieser bezog sich, wie der europäische Non-Compliance-Bericht zuvor, zunächst hauptsächlich auf den Wirkstoff Valsartan.

Es gab bereits erste Anzeichen für weitere Verunreinigungen bei ZHP

Im US-amerikanischen Bericht wurde allerdings Grund zur Sorge laut, dass die eigentlichen Ursachen für die Verunreinigungen bei ZHP noch gar nicht gefunden wurden. Die FDA äußerte in dem Warning-Letter zudem „ernste Bedenken“, dass in allen APIs (Wirkstoffen) und Zwischenprodukten von ZHP mutagene Verunreinigungen vorhanden sein könnten – also nicht nur in Valsartan. Diese Befürchtung begründete die FDA sowohl mit Daten, die darauf hinweisen sollten, dass APIs aus mehreren Prozessen von Verunreinigungen betroffen sind, als auch anhand der signifikanten Mängel in den Untersuchungen durch ZHP. Zudem sieht die FDA im Vergleich zu anderen durch die Nitrosaminverunreinigungen betroffenen Wirkstoffherstellern bei ZHP einen Sonderfall: So habe die FDA in ZHP-Proben von Valsartan deutlich höhere NDMA-Konzentrationen gemessen als bei anderen Firmen.

Bis dato stand ZHP also zwar im Mittelpunkt des „Valsartan-Skandals“, schien von weiteren Verunreinigungen neben NDMA wie NDEA (oder neuerdings NDIPA) in weiteren Wirkstoffen wie Irbesartan oder Losartan aber nicht betroffen zu sein.

Die EMA schrieb im Oktober 2018 dazu noch an DAZ.online: „Nach Prüfung der Art der Ergebnisse der Inspektionen der EU und der USA, entschieden die EU-Behörden, dass es keine ausreichenden Informationen gibt, um die Lieferung anderer Wirkstoffe von diesem Standort [Chuannan] einzustellen, die in EU-Medikamenten verwendet werden.“ Es sei außerdem darauf hingewiesen, dass bei Zhejiang Huahai in keinem anderen Wirkstoff als Valsartan NDMA oder NDEA gefunden wurde. Diese Aussage ist nun offenbar nicht mehr aktuell.

Laut dem Zeitplan der EMA sollte noch im Januar mit einer offiziellen Beurteilung durch das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) gerechnet werden; die Untersuchung des Falls durch die EMA ist schon mehrfach verlängert und ein entsprechendes Fazit verschoben worden. Das Verfahren (Referral under article 31 of Directive 2001/83/EC) wurde am 16. Juli 2018 begonnen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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