Die letzte Woche 

Mein liebes Tagebuch

20.01.2019, 08:00 Uhr

Nein zu Boni – jetzt muss nur noch die Politik Ja sagen. (Foto: Andi Dalferth) 

Nein zu Boni – jetzt muss nur noch die Politik Ja sagen. (Foto: Andi Dalferth) 


17. Januar 2019

DER Donnerstag des Jahres, mein liebes Tagebuch: Die ABDA-Mitgliederversammlung muss  entscheiden, wie sie mit dem Spahn-Paket umgehen will, diesem unsäglichen und unmoralischen Angebot, das Vernünftiges wie Dienstleistungshonorare und mehr Geld für den Nachtdienst mit Unannehmbaren wie einer gesetzlichen Boni-Erlaubnis für ausländische Versender verknüpft. Hat die ABDA die Traute und lehnt selbstbewusst ab, macht sie Gegenvorschläge und versucht zu verhandeln oder knickt sie gar ein? Nein, mein liebes Tagebuch, so viel zeichnete sich schon im Vorfeld ab: Klein beigeben kommt nicht in Frage, auch wenn die Euro locken. Aus den Kammerversammlungen hörte man, dass man einem solchen Paket unmöglich zustimmen könne, jedenfalls nicht in dieser Version. Zum Beispiel die Berliner Apothekerkammer: Sie lehnte wie auch viele andere Kammern einstimmig ab, Rx-Boni der ausländischen Versender bei 2,50 Euro zu deckeln und diese Regelung ins Sozialgesetzbuch zu übernehmen. Boni haben in einem Sozialstaat „nichts zu suchen", meinte der Berliner Kammerpräsident Belgardt, denn durch Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel würden Versichertengelder privatisiert. 

Ja, und dann kam der Donnerstag, die lange ABDA-Sitzung. Das Ergebnis liest sich so klar wie vernünftig und einstimmig: Die ABDA-Mitgliederversammlung lehnt den Spahn-Plan ab, zumindest in Teilen. Also, ein eindeutiges Nein zu den Rx-Boni und der 5-Prozent-Marktanteil-Grenze für ausländische Versender. Man formulierte sogar spontan einen Gegenvorschlag – endlich –, nämlich ein striktes Rx-Boni-Verbot mit Sanktionsmöglichkeiten. Mit diesem eigenen Reformplan, mit dem man die Gleichpreisigkeit erhalten will, wird man nun offensiv auf die Politik zu gehen. Die weiteren Eckpunkte des ABDA-Papiers lehnen sich dagegen weitgehend an das Spahn-Paket an. So spricht man sich zum Beispiel dafür aus, pharmazeutische Dienstleistungen zu fördern und zu honorieren, die freie Apothekenwahl zu erhalten, den Nacht- und Notdienst aufzustocken und die Dokumentationsgebühr bei BtM und anderen Arzneimitteln zu erhöhen. Und die Apotheker sollen bei der Einrichtung digitaler Strukturen (E-Rezept) zwingend mitgestalten dürfen. Für die Patienten soll auch mit E-Rezepten die freie Apothekenwahl erhalten bleiben. So, mein liebes Tagebuch, was man lange vermisste, nämlich einen selbstbewussten Katalog über unsere Forderungen, die wir stellen: Jetzt liegt er endlich, endlich auf dem Tisch. Wurde auch Zeit. Manchmal braucht es sichtlich den Druck der letzten Minute. Die einzelnen Punkte sollen laut ABDA-Präsident in den kommenden Wochen nun ausformuliert werden. Und was ist, wenn Spahn da nicht mitzieht und seinen Boni-Deckel umsetzen will? Dann wird unsere altbekannte Forderung wieder aufgewärmt: Rx-Arzneimittel sollen vom Versandhandel ausgeschlossen werden. 

Und was sagt Spahn zum ABDA-Eckpunktepapier? Passt so. Er kann sein Gesicht wahren, denn er interpretiert das so, dass die Apothekers mit diesem Forderungskatalog nicht am Rx-Versandverbot festhalten wollen. Spahn: „Mit diesem Beschluss ist auch aus Sicht der Apotheker ein Verbot des Versandhandels nicht zwingend zum Erhalt der flächendeckenden Versorgung erforderlich. Das ist ein wichtiger Schritt.“ Jetzt will er die Vorschläge in Ruhe prüfen. Mein liebes Tagebuch, das möge er mal mit Besonnenheit tun. Dass die Apotheker das Rx-Versandverbot wieder auf den Tisch legen wollen, sollte er das Boni-Verbot nicht akzeptieren, hat er geflissentlich ignoriert. Aber er bekommt Druck aus den eigenen Reihen: Mehrere Unionspolitiker haben nämlich ebenfalls Widerstand gegen seinen Boni-Deckel angekündigt. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker
Herausgeber DAZ / AZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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7 Kommentare

Hetze

von Karl Friedrich Müller am 21.01.2019 um 6:54 Uhr

Die Hetze gegen Apotheken geht schon los. Süddeutsche. Mehr braucht man nicht sagen zu dem Thema:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/millionen-euro-teurer-gesetzesvorschlag-herr-spahn-fragt-nur-die-apotheker-1.4295156

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Killing me softly ...

von Reinhard Herzog am 20.01.2019 um 14:55 Uhr

Der AMPreisV geht es wie der "freien Fahrt für freie Bürger" auf der Autobahn oder dem Bankgeheimnis:
Brick by brick, irgendwann ist das Konstrukt ausgehöhlt wie ein Holzbau mit Termitenbefall. Bis es dann irgendwann vollends in sich zusammenbricht.

So ist es mit dem Bankgeheimnis bereits geschehen. Mit dem Tempolimit ist man recht nahe dran. Wir können jetzt Wetten darauf abschließen, wer früher kippt: Die AMPreisV oder das unlimitierte Autobahnfahren.

Mit der Überführung der AMPreisV ins SGB V dürfte ein weiterer Erosionsschritt gegeben sein.

Wer kann z.B. die Gewährung von Vorteilen aller Art insbesondere im Privatrezeptbereich kontrollieren bzw. das abstellen? Bei ausländischen Anbietern? Das müssen ja nicht nur Bar-Boni sein, da gibt es auch die Möglichkeit von Sonderrabatten auf OTC im Falles eines Rezepts, diverse Sammelmodelle usw.

Und dass bei Privatrezepten die Boni dann den privaten Kostenträgern bzw. der Beihilfe zustehen, stimmt so regelhaft nicht. Das Zauberwort heißt Selbstbehalt, und der ist i.d.R. gegeben, oft sogar ziemlich hoch. Da läuft vieles gar nicht über die Erstattung. Bei Dingen wie Lifestyle-Verordnungen erst recht nicht.

Und wie sieht es mit der Abänderbarkeit des SGB samt Apothekenhonorar aus, wenn mal ein(e) wenig apothekenfreundliche(r) Arbeits- und Sozialminister(in) wirkt? Heute sind immerhin das BMG und das Wirtschaftsministerium involviert. Kann dann noch ein Bundesrat einschreiten?
Fragen über Fragen ...

Man wird wieder irgendeinen halbwegs gesichtswahrenden Deal hinbekommen, der über einige Jahre rettet. Auf längere Sicht stehen die Zeichen anders. Wie beim Bankgeheimnis oder Tempolimit. In Deutschland sind das halt jahrzehntelange Prozesse. Aber Flughäfen, Bahnhöfe und selbst simple Umgehungsstraßen dauern hierzulande ja auch etwas länger ...

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Warum bei uns nix läuft und wir alles vergessen können

von Karl Friedrich Müller am 20.01.2019 um 13:52 Uhr

„Wegen des Rüstungsembargos gegen Saudi-Arabien droht der Waffenhersteller #Rheinmetall offenbar mit einer Klage. Es geht um Forderungen in Millionenhöhe.“
Eine ähnliche Schlagzeile würde nie heißen: Apotheken drohen mit Klage wegen entgangen Geschäften
Schon eher: DocMorris klagt. Wegen entgangener Geschäfte trotz Zusicherung hoher Politiker.,,
Wir sind vollkommen egal. Es wird noch geredet bis zum St. Nimmerleinstag. Ändern wird sich nix

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Was bleibt?

von Christian Giese am 20.01.2019 um 9:58 Uhr

Was lernen wir daraus?
Was lernt die ABDA daraus?
Wird sie endlich kapieren, dass der einzige Rettungsring in dieser schnelllebigen politischen Interessenswelt "Öffentlichkeit" heisst?

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Der nächste Zug ... welches Boni-Surrogat kommt jetzt zum Versand?

von Christian Timme am 20.01.2019 um 9:38 Uhr

Die „Versandabteilung“ wird sich schon was „einfallen“ lassen ... die Kassen „rechnen“ schon ... die Politik „windet“ sich erneut und die Apotheker sollten jetzt „am Ball“ bleiben ...

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Kuschelsocken vor dem Verwaltungsgericht

von Ulrich Ströh am 20.01.2019 um 9:07 Uhr

Mit Kuschelsocken auf Inländerdiskriminierung vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen...
Gab es da nicht schon was mit Röstis?

Gibts nur bei Apothekers.

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Manchmal braucht es nicht nur den Druck der letzten Minute -

von Gunnar Müller, Detmold am 20.01.2019 um 8:25 Uhr

...sondern vor allem den Druck der Basis!

Schön, dass sich die ABDA-MV entschlossen hat, sich nicht ein viertes Mal hinter die Fichte locken zu lassen und ebenso wie wir einen eigenen gesichtswahrenden Gegenvorschlag zu formulieren.

Jetzt sind die Politiker dran, daraus etwas zu machen – und ihren frommen Schwüren nun endlich auch einmal Taten folgen zu lassen und die deutschen Apotheken zu retten…

Und falls nicht:
Zur Not gäbe es dann ja auch noch den von uns BasisApothekern aus Westfalen-Lippe vorgelegten Plan C, über einen gestaffelten Apothekenabschlag endlich die seit Jahren notwendige Strukurreform herbeizuführen, die leicht umsetzbar wäre und den kleineren Apotheken wirklich hilft …

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