Krätzebehandlung

Driponin®: Infectopharm führt eigenes Ivermectin-Generikum ein

Berlin - 14.01.2019, 12:45 Uhr

Konkurrenz-Prophylaxe - Infectopharm bringt das erste Scabioral-Generikum raus, da die Mitbewerber ohnehin schon in den Startlöchern stehen. ( r / Foto: Infectopharm)

Konkurrenz-Prophylaxe - Infectopharm bringt das erste Scabioral-Generikum raus, da die Mitbewerber ohnehin schon in den Startlöchern stehen. ( r / Foto: Infectopharm)


Infectopharm bringt mit Driponin® zum 15. Januar ein neues Krätzemittel auf den Markt. Das unter der Tochterfirma Pädia eingeführte ivermectinhaltige Arzneimittel ist ein Generikum des firmeneigenen Präparats Scabioral®. Damit bereitet sich das Heppenheimer Unternehmen auf die zu erwartende Generika-Konkurrenz vor. Auch gegen Lieferschwierigkeiten hat der Scabioral-Hersteller Maßnahmen getroffen – eine Garantie bilden diese jedoch nicht.

Anstatt die Generikakonkurrenz zu fürchten, kann man auch selbst ins Rennen einsteigen. So ähnlich dachte offenbar das Heppenheimer Unternehmen Infectopharm bei der Einführung von Driponin®. Denn Infectopharm vertreibt auch das Originalpräparat Scabioral®.

Driponin® soll zum 15. Januar zur Verfügung stehen und enthält wie das Original den antiparasitären Wirkstoff Ivermectin in der Stärke 3 Milligramm. Die Anwendung zur Einmalgabe und die Dosierung mit 0,2 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht sind identisch.  

„Haus-Generikum“ etwa 16 Prozent günstiger

Genau genommen wurde Driponin® von der Infectopharm-Tochter Pädia eingeführt, die – auch wenn es der Name vermuten lässt – offenbar nicht nur Kinderarzneimitteln vorbehalten ist. Eine direkte Altersgrenze ist in keiner der beiden Fachinformationen angegeben, jedoch der Hinweis, dass die Wirksamkeit und Sicherheit unterhalb eines Körpergewichts von 15 Kilogramm nicht erwiesen sei.

Der Hauptunterschied liegt im Preis – das neue Generikum ist mit 44,95 Euro für die Packungsgröße mit vier Tabletten beziehungsweise 79,90 Euro für die Acht-Tabletten-Packung etwa 16 Prozent günstiger als Scabioral®. Generika-Konkurrenz war bei Scabioral® bislang nicht das Problem. Vielmehr sind die Ivermectintabletten aus Heppenheim durch ihre Lieferprobleme bekannt. Was war der Hintergrund für die Einführung des Generikums?

Flucht nach vorne 

Nach Informationen des Herstellers wären die Scabioraltabletten auch nicht mehr lange die einzigen Ivermectintabletten in Deutschland geblieben. „Wir wissen, dass beim BfArM Zulassungsanträge für ivermectinhaltige Arzneimittel eingereicht sind. Weitere Generika zu Scabioral® werden also über Mitbewerber folgen. Scabioral® wird weiterhin das erste Produkt, gewissermaßen der Originator und Innovationsträger, in Deutschland sein; mit Driponin® bieten wir aber auch das erste Generikum“, erklärte das Unternehmen seine Verteidigungsstrategie gegenüber DAZ.online.

„Dass eine Tochterfirma ein identisches Produkt wie die Muttergesellschaft anbietet, ist gängige Praxis hierzulande“, so das Unternehmen weiter. Tatsächlich gleichen sich zum Beispiel die Portfolios von Hexal und 1A Pharma oder auch von Ratiopharm und Teva. Das Original soll es weiterhin geben und vor allem in anderen europäischen Ländern eine Rolle spielen.

Weshalb das wirkstoffgleiche Driponin® auf einmal günstiger angeboten werden kann, erklärt Infectopharm wie folgt: „Durch die Entwicklung von Driponin® konnten wir Produktionsvorteile generieren und Effizienz steigern.“

Wie beugt Infectopharm weiteren Lieferengpässen vor?

Auch über die Verfügbarkeitsprobleme hat sich Infectopharm Gedanken gemacht: „Wir haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu erhöhen. Dazu gehören zum Beispiel erhöhte Sicherheitsbestände an Fertigprodukt wie an Wirkstoff, eine enge Abstimmung mit der zuständigen Bundesoberbehörde oder auch die Einführung einer zweiten Marke.“ Außerdem hat sich die Heppenheimer Firma mehr Flexibilität durch einen neuen Wirkstoff- beziehungsweise Lohnhersteller verschafft.

Doch eine Garantie gegen Lieferengpässe bilden diese Maßnahmen offenbar nicht. So könne es weiterhin zu Lieferunfähigkeiten im europäischen Ausland kommen, was zu nicht-planbaren Abverkäufen über den pharmazeutischen Großhandel führe.

Eigentlich „nur"  Zweitlinientherapie

Ivermectintabletten gibt es erst seit Mai 2016 auf dem deutschen Markt. Zuvor musste orales Ivermectin aus dem EU-Ausland importiert werden. Die orale Krätzebehandlung zur Einmalanwendung ist nach Leitlinie zwar nicht das Mittel der ersten Wahl. Doch die Erstlinientherapie, die topische Behandlung mit Permethrin (zum Beispiel InfectoScab® 5 % Creme), ist weniger praktisch und birgt die Gefahr von Anwendungsfehlern. Deshalb machten sich die Lieferengpässe der Zweitlinientherapie in der Vergangenheit schmerzhaft bemerkbar.

Laut Leitlinie kommt die orale Ivermectinbehandlung erst dann zum Einsatz, wenn der Patient auf die Erstlinientherapie nicht anspricht, in schwereren Fällen, bei Immunsuppression oder wenn eine Ganzkörperbehandlung mit Permethrin nicht praktikabel ist, wie beispielsweise in Gemeinschaftseinrichtungen. Eine weitere Alternative ist topisches Benzylbenzoat (beispielsweise Antiscabiosum®).



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Haus-Generikum 16% günstiger?! Nein: 24-28% teurer!

von L. Knorre am 15.01.2019 um 9:46 Uhr

Den Satz " Weshalb das wirkstoffgleiche Driponin® auf einmal günstiger angeboten werden kann, erklärt Infectopharm wie folgt: „Durch die Entwicklung von Driponin® konnten wir Produktionsvorteile generieren und Effizienz steigern.“ "empfinde ich als Hohn und als sehr unfaire Kommunikation. Denn bis Oktober 2018 haben 4 Tabletten Scabioral noch 36,34 EUR und 8 Tabletten 62,50 EUR gekostet. Das Hausgenerikum ist also 24 bis 25% teurer als das Original im letzten Jahr. Solche verschleierten Preissteigerungen kombiniert mit irreführender Darstellung sind verantwortlich für den schlechten Ruf der Pharmaindustrie.

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