Apotheken als „Daseins-Dienstleister“

CSU-Fraktion: Rx-Versandverbot statt Spahn-Plan

Berlin - 14.01.2019, 09:00 Uhr

Der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag, Bernhard Seidenath (hier im Bild), und der Apotheken-Berichterstatter Manuel Westphal halten am Rx-Versandverbot fest. (s / Foto: Imago)

Der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag, Bernhard Seidenath (hier im Bild), und der Apotheken-Berichterstatter Manuel Westphal halten am Rx-Versandverbot fest. (s / Foto: Imago)


Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hatte kürzlich noch angedeutet, dass sie in Sachen Rx-Versandverbot einlenke, wenn die ABDA das Verbot ebenfalls aufgibt. Die CSU-Fraktion im bayerischen Landtag sieht das aber ganz anders: In einer Pressemitteilung bezieht sich die Fraktion auf die anstehende außerordentliche Mitgliederversammlung der ABDA und teilt mit, dass sie die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kritisch sieht. Vielmehr wollen die Landespolitiker am Rx-Versandverbot festhalten.

In welche Richtung steuert die CSU in der Apothekenpolitik? Nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung im Oktober 2016 kannte die CSU nur eine Antwort auf den Versandhandelskonflikt: das Rx-Versandverbot. Insbesondere im Bundestagswahlkampf warb die Partei um die Gunst der Apotheker, indem sie immer wieder betonte, die Vor-Ort-Apotheken mithilfe des Verbots vor der Konkurrenz aus dem Ausland zu schützen. Auch Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) sicherte den Apothekern immer wieder Unterstützung zu und setzte sich auf der Bundesebene für das Verbot ein.

Doch zuletzt deutete die Partei aus Bayern an, dass man diesen Kurs aufgeben könnte. Im neuen Koalitionsvertrag mit den Freien Wählern war keine Rede mehr vom Verbot. Und mit Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt, stellte sich eine CSU-Spitzenpolitikerin auch erstmals ganz offen und mit deutlichen Worten gegen die Forderungen der Apothekerschaft. „Man sollte nicht versuchen, gesetzlich alte Geschäftsmodelle durchzudrücken, wenn man sie nicht mehr aufrechterhalten kann“, sagte Bär in einem Interview zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. „Besitzstandswahrer“, also Apotheker, wollten hier lediglich die Politik mit ins Boot nehmen.

Und auch Huml klang zuletzt nicht mehr so überzeugt. Denn auf die Frage, ob ihre Partei sich weiterhin für das Rx-Versandverbot einsetzen werde und sich somit gegen das Apotheken-Paket von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) positioniere, antwortete die Ministerin: „Letztendlich bleibt es aber in der Zuständigkeit und Kompetenz der Apothekerschaft zu beurteilen, ob die Vorschläge von BM Spahn ihrer Auffassung nach geeignet sind, auf Dauer eine flächendeckende Arzneimittelversorgung in Deutschland sicherzustellen.“

Ganz andere Töne kommen nun aus der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag. Der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Bernhard Seidenath, und Manuel Westphal, Berichterstatter für die Apothekenpolitik, veröffentlichten am vergangenen Freitag eine gemeinsame Pressemitteilung, in der sie sich kritisch zu Spahns Plänen äußern, nach denen es einen gesetzlich etablierten Boni-Deckel für EU-Versender geben soll. „Es darf uns nicht kalt lassen, dass ein Drittel der Apotheken in ihrer Existenz bedroht werden, wenn der Versandhandel käme!“, so Gesundheitspolitiker Bernhard Seidenath.

CSU-Fraktion bleibt beim Rx-Versandverbot

Was die beiden Gesundheitspolitiker mit dieser Äußerung genau meinen, ist unklar: Schließlich gibt es den Versandhandel bereits. Die politische Richtung ist aber klar: So wie schon im Bundestagswahlkampf erklären die CSU-Politiker, dass die Apotheken aus Ihrer Sicht ein unverzichtbarer Teil der örtlichen Daseinsvorsorge sind. „Dabei sind Apotheken die niedrigschwelligen Anlaufstationen für gesundheitliche Probleme, die auch ohne Termin aufgesucht werden können“, heißt es in der Pressemitteilung.

Deswegen wollen Seidenath und Westphal daran festhalten, dass das Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel „kommen muss“. Die beiden Gesundheitspolitiker gehen nicht direkt auf die Eckpunkte von Spahn ein. Allerdings erklären sie: „Gegenläufige Gedankenspiele, die offenbar im Bundesgesundheitsministerium kursieren, lehnen wir ab! Denn Arzneimittelsicherheit ist Patientensicherheit. Die gute Versorgung durch Apotheken vor Ort wollen wir erhalten – und zwar mit der dort geleisteten persönlichen Beratung, den Nacht- und Notdiensten, der Notfallversorgung und der Arzneimittelherstellung.“ Die Apotheke vor Ort sei „weit mehr als eine Medikamenten-Verkaufsstelle“.

Dass es in ihrer Partei zuletzt Zweifel an dem Kurs Rx-Versandverbot gegeben hat, sehen die beiden Politiker nicht. Denn: „Die CSU hat sich immer klar für das Versandhandelsverbot positioniert und tut dies weiterhin. Wir brauchen auch künftig die Apotheken vor Ort als wichtige Daseins-Dienstleister für eine wohnortnahe Arzneimittelversorgung.“ Seidenath erinnert daran, dass „mehr als zwei Drittel“ der EU-Staaten den Rx-Versand verbieten.

Pläne zum E-Rezept werden begrüßt

Als „positiv“ bewerten die beiden CSU-Politiker die im Spahn-Paket geplanten Maßnahmen in Sachen E-Rezept. Zur Erinnerung: Spahn will regeln, dass die freie Apothekenwahl mit Einführung des E-Rezeptes erhalten bleiben soll und das „Makeln“ von Rezepten grundsätzlich ausgeschlossen bleiben soll. Westphal und Seidenath dazu: „Wir beteiligen uns daran gern. Dabei sollten auch die Möglichkeiten der Digitalisierung angesprochen und endlich angegangen werden. Das Papier-Rezept ist ein Dinosaurier. Wir müssen endlich auch im Gesundheitswesen das digitale Zeitalter einläuten – und brauchen deshalb das E-Rezept. Wir sind bereit, die Überlegungen und Vorhaben, die in diese Richtung weisen, zu unterstützen.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Nüchtern betrachtet...

von Hubert Kaps am 14.01.2019 um 14:54 Uhr

... sind wir doch eigentlich wieder am Anfang der Diskussion. Die Politik muss entscheiden, ob sie ein heilberufliches, inhabergeführtes System der AM-Distribution möchte oder eben nicht. An einer "Zwischenlösung" ist nun auch Herr Spahn krachend gescheitert. Die ABDA täte gut daran, den aktuellen politischen Rückenwind aus den Ländern zu nutzen und ebenfalls wieder über Grundsätztliches zu sprechen. Kuhhandel nach Spahnschem Geschmack muss abgelehnt werden. Dies wäre nämlich der sichere Tod auf Raten...

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Freut mich

von Peter am 14.01.2019 um 10:39 Uhr

aber trotz dem Focus auf das Versandverbot sollten wir auch nicht vergessen, dass kein Versender (bisher) einen sehr großen Anteil am desolaten Zustand der kleinen Apotheken hat. Der weitaus grössere Anteil dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass man im Jahre 2019 den nahezu exakt gleichen Eurobetrag (waren ja 25 Cent Erhöhung drin:)) für das Honorar zahlt wie im Jahre 2004. Zahle einen Betrag aus 2004 und bekomme dafür eine Leistung aus dem Jahre 2019, im kaufmännischen Bereich wohl einmalig. Der Anteil der Hochpreiser steigt immer weiter, ja, aber selbst der Ertrag daraus in Form des 3%igen Aufschlags vom EK kann DIESE Differenz nicht ausgleichen UND die Entwicklung der Packungszahlen stagniert entgegen aller Prognosen. Wäre diese Entwicklung wie prognostiziert eingetreten hätten wir bei einer Steigerung der Packungszahlen von nur 0,7% pro Jahr seit 2004 genausowenig Probleme aber nein, 749 Mio Packungen RX 2004 stehen 741 Mio Packungen im Jahre 2017 gegenüber, die Zahl sinkt also sogar.
Wie man es dreht und wendet, es fehlen zwischen 600 und 800 Mio Euro, Versand hin oder her. Versandverbot oder Versand zum gleichen Preis wie bei uns, beides Optionen um planen zu können, aber die Probleme der Gegenwart haben andere Ursachen und wären immer noch nicht gelöst.

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AW: Freut mich

von Anita Peter am 14.01.2019 um 11:28 Uhr

"im kaufmännischen Bereich wohl einmalig"

Seit 2004 eine stagnierende Bezahlung ist nicht nur im kaufmännischen Bereich einmalig. In Frankreich hätten sie wahrscheinlich das Ministerium gestürmt. Bei uns heisst es "hätte schlimmer kommen können".

RX-Versandverbot

von Dr. Radman am 14.01.2019 um 9:13 Uhr

Man muss nur noch die ABDA vom RX-Versandverbot überzeugen.

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