Beratungsquickie

Magen-Darm-Beschwerden in der Stillzeit

Stuttgart - 11.01.2019, 17:45 Uhr

Was kann man stillenden Müttern bei Magen-Darm-Beschwerden empfehlen? (m / Foto: detailblick-foto

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Was kann man stillenden Müttern bei Magen-Darm-Beschwerden empfehlen? (m / Foto: detailblick-foto / stock.adobe.com)


Ebenso wie Schwangere sind Stillende bei der Auswahl der Arzneimittel, die sie einnehmen können, eingeschränkt. Das bedeutet aber nicht, dass man ihnen in der Apotheke nicht helfen kann. Anlässlich der von der Weltgesundheitsorganisation ausgerufenen Weltstillwoche widmet sich dieser der Text der Frage: Welche OTC-Arzneimittel können auch in der Stillzeit bei Magen-Darm-Beschwerden angewendet werden?

Nachdem sich die Mutter mehrere Monate den Bauchraum mit ihrem Sprössling geteilt hat, benötigt die ursprüngliche Platzanordnung und Funktionstüchtigkeit der Organe manchmal einige Zeit. Sollten dadurch Verstopfungen, Magendrücken und andere Beschwerden im Verdauungstrakt auftreten, so können diese im Rahmen der Selbstmedikation gelindert werden. 

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Schwangerschaft, Stillzeit, Allergie

Läusemittel für Schwangere

Um die Verdauung wieder in Schwung zu bringen und eine regelmäßige Darmentleerung zu ermöglichen, eignen sich neben ballaststoffreicher Ernährung auch physikalisch wirkende Laxantien. Macrogol-Präparate (z. B. Movicol®) und Flohsamenschalen in Kombination mit ausreichend Flüssigkeit und Bewegung sind zu empfehlen. Ebenso gehört Lactulose zu den Mitteln der Wahl bei Verstopfung in der Stillzeit. Als Alternative können Mütter Natriumpicosulfat (z.B. Dulcolax® NP Tropfen) einnehmen. Auch unter einer Therapie mit diesem Wirkstoff kann ohne Einschränkungen gestillt werden. Laut Herstellerangaben ist auch Microlax® in der Stillzeit einsetzbar.

Elektrolyte erste Wahl bei Durchfall

Sollten im Darm-Bereich Probleme in die andere Richtung, nämlich in Form von Durchfällen auftreten, gibt es folgendes zu beachten: Empfehlenswert sind Rehydratationlösungen wie Elotrans® gegen den Elektrolyt- und Flüssigkeitsverlust.

Da der Körper beim Stillen täglich um die 500 kcal mehr an Energie benötigt, sollten Durchfälle wegen des resultierenden Flüssigkeits- und Energieverlustes schnell behoben werden, spätestens nach zwei bis drei Tagen ohne Besserung ist der Gang zum Arzt für die Mutter unabdingbar. 

Auch Arzneimittel, die Loperamid enthalten (z.B. in Imodium® akut) dürfen laut embryotox.de kurzzeitig eingenommen werden, sind aber wenig erprobt in der Stillzeit und daher eher abzugeben, wenn vorher der Arzt eine Empfehlung dafür ausgesprochen bzw. niedergeschrieben hat. 

Wirksames bei Sodbrennen und Übelkeit

Nicht nur der Darm kann in seiner Funktion beeinträchtigt sein, auch Magenprobleme können dem Wohlbefinden der Mutter zusetzen. Das allseits bekannte Schwangerschafts-Sodbrennen sollte zwar nach der Geburt abklingen, da sich der Druck auf den Magen von unten verringert. Trotzdem leiden manche Frauen von Haus aus unter einem empfindlichen Magen und sollten auch dagegen in der Apotheke fündig werden. Magaldrat (Riopan®) oder Hydrotalcit (Talcid®) zählen bei stillenden Müttern zu den Mitteln der Wahl, wobei die angegebenen Dosierungen nicht überschritten werden dürfen. Sind aluminiumfreie Alternativen gewünscht, können Präparate auf Alginat-Basis (Gaviscon®) zum Einsatz kommen. Falls ein Protonenpumpenhemmer erforderlich ist, können Omeprazol oder Pantoprazol laut Embryotox in der Stillzeit eingesetzt werden.

Wann geht ein Arzneimittel in die Muttermilch über?

Tatsächlich entscheiden physikochemische Gegebenheiten der Wirkstoffe, wie Lipophilie, Verteilungsvolumen und Molekülgröße, ob der Übertritt vom Plasma in die Milch zu befürchten ist. Der Milch/Plasma-Quotient (M/P-Quotient) quantifiziert diesen Umstand pro Wirkstoff und lässt dadurch eine Einschätzung der Eignung während des Stillens zu.

Aber nicht nur daraus resultiert die Bewertung. Möglichst sollten jahrelange Erfahrungswerte zum ausgewählten Mittel vorliegen. Umfassende und verlässliche Analysen zu Wirkstoffen während Schwangerschaft und Stillzeit findet man auf embryotox.de. Die Datenbank kann während der Beratung auf jeden Fall zu Rate gezogen werden. Des Weiteren sind Monopräparate Kombinationspräparaten aus mehreren Wirkstoffen vorzuziehen und die Halbwertszeit des Arzneistoffs sollte kurz sein, um eine schnelle Elimination aus dem mütterlichen Körper zu gewährleisten. Denn die Konzentration im Blut der Mutter und in der Milch sind proportional zueinander.

Bei sehr kurzen Halbwertszeiten können Stillpausen für die Medikamenteneinnahme genutzt werden, um das Risiko für den Säugling noch weiter zu minimieren. Soll das Arzneimittel nur für einen kurzen Zeitraum angewendet werden – wie in der Selbstmedikation ohnehin empfohlen –, kann die Mutter die Milch auch vor der Einnahme abpumpen und gegebenenfalls einfrieren.

Gegen Übelkeit und Erbrechen

Ist die Mutter von Übelkeit und Erbrechen geplagt, sind Meclozin oder Dimenhydrinat die Mittel der Wahl in der Stillzeit. Als „heimisches“ Präparat wird der Wirkstoff Dimenhydrinat (z.B. Vomex A®) eingesetzt, wobei bei starkem Erbrechen auch Zäpfchen als Darreichungsform zur Verfügung stehen. Die Anwendung über einige Tage ist laut embryotox.de akzeptabel. Meclozin hingegen ist seit dem Jahr 2007 nicht mehr auf dem deutschen Markt erhältlich. Zwar kann es über die internationale Apotheke importiert werden, trotzdem empfiehlt sich, besonders wegen der Dringlichkeit, erst einmal der Versuch mit dem hiesigen H1- Antihistaminikum. 

Bei Ingwerpräparaten (Zintona®) liegen im Gegensatz zur Anwendung während der Schwangerschaft keine ausreichenden Untersuchungen vom Einsatz bei stillenden Müttern vor – es scheint akzeptabel, eine geschmackliche Beeinträchtigung der Muttermilch ist allerdings auch hier nicht ausgeschlossen.

* Dieser Text wurde am 3. August 2023 angepasst.



Ariane Gerlach, Apothekerin, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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