Protestaktion

Apotheker protestiert mit roter Weste gegen den Spahn-Plan

Berlin - 07.01.2019, 10:15 Uhr

Apotheker Alexander Hildebrandt protestiert vor seiner Apotheker in roter Weste gegen den Plan zur Reformierung des Apothekenwesens von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. (Foto: Hildebrandt)

Apotheker Alexander Hildebrandt protestiert vor seiner Apotheker in roter Weste gegen den Plan zur Reformierung des Apothekenwesens von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. (Foto: Hildebrandt)


Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Reformierung des Apothekensystems stoßen im Apothekerlager weiterhin größtenteils auf Ablehnung. Viele Kammern und Verbände haben bereits angekündigt, dass sie mit der teilweisen Aufhebung der Rx-Preisbindung nicht einverstanden sind. In Anlehnung an die französische Gelbe-Westen-Bewegung hat nun ein Apotheker in roter Weste auf Facebook gegen Spahns Apothekenpläne protestiert. Er ruft seine Kollegen dazu auf, ihm zu folgen.

Noch im Januar könnte sich entscheiden, wie es mit den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Apothekenwesen weitergeht. Spahn will seine Eckpunkte offenbar nicht als eigenes Gesetz auf den Weg bringen, sondern über Änderungsanträge an schon laufende Gesetzgebungsverfahren anhängen. Vorstellbar wäre, dass der Minister seine Apotheken-Vorhaben an das Gesetz für Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) anhängt. Schon im Sommer oder Herbst dieses Jahres könnten die Maßnahmen dann in Kraft treten.

Um diesen ehrgeizigen Plan umzusetzen, müsste den Parlamentariern schon bald ein ausformulierter Änderungsantrag vorgelegt werden. Noch viel wichtiger: Die Gesundheitspolitiker der Regierungsfraktionen sollten einverstanden sein mit Spahns Ideen. Und um das zu erreichen, muss der Minister in den kommenden Wochen noch viele Gespräche führen – schließlich hatte gerade seine eigene Fraktion sofort nach Bekanntwerden der Eckpunkte Protest angekündigt. Zur Erinnerung: Spahn will den EU-Versendern Rx-Boni gesetzlich ermöglichen – bis zu einer Höhe von 2,50 Euro. Dazu soll es eine Marktanteil-Obergrenze von 5 Prozent geben – ab dieser Grenze soll die Höhe der Boni gegebenenfalls abgesenkt werden. Zusätzlich plant Spahn aber diverse Anpassungen und Erhöhungen am Apothekenhonorar.

Widerstand im Apothekerlager zeichnet sich ab

Am 17. Januar kommt dann auch die ABDA-Mitgliederversammlung zusammen, um zu beschließen, wie man sich zu den Apotheken-Plänen des BMG positionieren will. Eine Umfrage von DAZ.online unter mehreren Kammern und Verbänden hatte gezeigt, dass sich insbesondere was den Boni-Deckel betrifft, vehementer Widerstand im Apothekerlager regt.

Auch an der Basis ist der Unmut teils groß. Apotheker Alexander Hildebrandt aus Essen hat sich nun dazu entschlossen, seinen Ärger publik zu machen. In einer Facebook-Gruppe mit knapp 2800 Apothekern und anderen Heilberuflern hat der Apotheker ein Bild von sich in einer roten Weste vor seiner Apotheke gepostet. Neben dem Foto teilt Hildebrandt mit: „Es gibt manchmal so ein paar Dinge die einem nicht gefallen, von denen die Patienten nichts mitbekommen und dieses auch nicht ‚auf dem Rücken der Patienten‘ ausgetragen werden sollte. Daher die Aktion #rotewesten“

Hildebrandt will größere Protestaktion ins Leben rufen

Gegenüber DAZ.online erklärte Hildebrandt ausführlich, was er von den Plänen von Jens Spahn hält:


Mit dem Foto will ich vor allem darauf hinweisen, dass aus meiner Sicht wieder Gerechtigkeit zwischen EU-Versendern und Apothekern in Deutschland hergestellt werden muss. Oft wird in den Medien geschrieben, dass die Apotheker nur wieder mehr Geld fordern. In Wahrheit geht es uns aber darum, dass die ausländischen Versandapotheken sich endlich an das deutsche Apothekenrecht halten sollen. Aus meiner Sicht kann es nicht sein, dass ein Unternehmen, welches nicht nach deutschem Apothekenrecht handelt und das wie ein Großhändler agiert, von der Politik auch noch gefördert wird. Ausländische Versandapotheken beteiligen sich eben nicht an den wichtigen Versorgungsaufgaben, die wir Apotheken für die Bevölkerung unternehmen. Sie schaden somit dem Gesundheitssystem und müssten einen Ausgleich zahlen und der gesetzeswidrige Boni auf Rx-Arzneimittel steht eigentlich den Krankenkassen zu. Die deutschen Apotheken müssen den Krankenkassen in Form des Kassenabschlags schon immer diesen Bonus gewähren.  Ebenso möchte ich gegen die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geplante 5-Prozent-Grenze protestieren, mit der ein 5 Prozent Marktanteil sichergestellt werden soll. Dieser Anteil existiert derzeit nicht und ist auch rechtlich in einer freien Marktwirtschaft kaum möglich. Zudem gibt es in Deutschland über 1000 Versandapotheken, wobei jede eine Apotheke im Privatbesitz und Inhaber ein Apotheker ist. Warum unterstützt man nicht die eigenen Landsleute und Privatunternehmen, welche weitaus mehr zum sozialen Wohl Deutschlands beitragen. Allein schon der überwiegende Frauenanteil in der Branche und die unterschiedlichsten Teilzeitmodelle sowie die Steuereinahmen für den Fiskus. Da sollte man doch eher auf die Idee kommen, die heimischen Apotheken zu unterstützen, statt demonstrativ zerstören zu wollen.“

Apotheker Alexander Hildebrandt


Hildebrandt ruft nun seine Kollegen dazu auf, ihm zu folgen und die Rote-Westen-Aktion als Protest gegen die Apothekenpläne des BMG zu etablieren: „Ich hoffe, dass jetzt auch andere Kollegen durch die unkomplizierte Aktion ein Foto in sozialen Netzwerken posten mit den Hashtags #rotewesten #BMG und #unverzichtbar. Es wurde schon vieles getan und gesagt durch diverse Apothekervereine, -verbände und -kammern, doch leider wurde vieles zu einfach dargestellt oder nicht erhört.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Protest gegen unsere Standesfürsten

von Hans-Dieter Rosenbaum am 08.01.2019 um 10:40 Uhr

Die ABDA ist nicht die Lösung des Problems, sondern Teil des Problems. Einen Aufmarsch der Apothekerbasis vor dem BMG halte ich deshalb nur für bedingt richtig. Die Apothekerbasis sollte vielmehr am 17.01. vor dem ABDA-Gebäude aufmarschieren und den Standesfürsten gehörig den "Marsch blasen". Darüber hinaus sollte Schmidt sich am 17.01. publikumswirksam vor der öffentlichen Presse hinstellen und sagen, wessen Interessen er wirklich vertritt. Vielleicht sollte Spahn zum 17.01. eingeladen werden, auch wenn er aus "Termingründen" nicht kommen wird. Auch diese Feigheit sollte öffentlichkeitswirksam thematisiert werden. Aber stattdessen wird man - artig, wie man ist - die "Vorschläge" des Herrn Spahn bei allen Bedenken annehmen. Dann bleibt nur noch eins: die ABDA muss endlich liquidiert werden.

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Rote Weste

von Peter Lentz am 07.01.2019 um 12:40 Uhr

Warum soll den Onlineapotheken gesetzlich ein Bonus und ein Marktanteil garantiert werden? Es gibt keine Serviceleistungen, wie Beratung oder Notdienst. Hier wäre eher ein Malus zu vereinbaren, denn hier soll Geld verteilt werden, dass den Beitragszahlern gehört in nicht dem Gesundheitsminister.

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Rote Weste

von Dr. Radman am 07.01.2019 um 10:51 Uhr

Nicht sehr innovativ, Proteste nachzumachen. Man wird nur belächelt.

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AW: Lächeln ist bestimmt keine Reaktion auf ... ABDA-Nachahmer ...

von Christian Timme am 08.01.2019 um 0:11 Uhr

Nichts tun ... so wie die ABDA ... ist das etwa „innovativ“?

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