Forschungsrückblick Teil 2

Antiinfektiva 2018: Neue Virus-Therapeutika aber kein einziges Antibiotikum

Berlin - 26.12.2018, 08:00 Uhr

Trotz der bekannten Resistenzproblematik kam 2018 kein neues Antibiotikum auf den Markt. Dafür ein Antikörper gegen ein Clostridien-Toxin sowie neue Therapieoptionen bei HIV. ( r / Foto. Imago)

Trotz der bekannten Resistenzproblematik kam 2018 kein neues Antibiotikum auf den Markt. Dafür ein Antikörper gegen ein Clostridien-Toxin sowie neue Therapieoptionen bei HIV. ( r / Foto. Imago)


Was gibt es Neues an Arzneimitteltherapien auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten? Zwei HIV-Therapeutika, eine Zoster-Impfung und eine Cytomegalieprophylaxe sind 2018 auf den deutschen Markt gekommen. Allerdings kein neues Antibiotikum, obwohl aufgrund der zunehmenden Resistenzen der Bedarf hier groß wäre. 

Der Forschungssschwerpunkt der Pharmaindustrie liegt offenbar auf Krebsarzneimitteln: Laut dem Bericht des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) waren ein Drittel der 36 neuen Wirkstoffe, die 2018 auf dem deutschen Markt eingeführt wurden, Onkologika. 

Auch auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten gibt es einige Neuzugänge zu verzeichnen. Trotz der wachsenden Resistenzproblematik ist kein neues Antibiotikum dabei. In den vergangenen Jahren haben einige größere Pharmakonzerne ihre Antibiotikasparten verkauft. Wirtschaftsexperten vermuten, dass die Entwicklung neuer Antibiotika für Konzerne deshalb weniger attraktiv sei, weil diese dann nur als Reservesubstanzen eingesetzt werden.

Antitoxisch statt antibiotisch: Bezlotoxumab bei C. difficile

Zwar ist unter den neuen Arzneistoffen kein direktes Antibiotikum, jedoch wird Zinplava® (Bezlotoxumab) bei Risikopatienten mit Clostridium-difficile-Infektionen in Kombination mit einer antibiotischen Behandlung eingesetzt. Der Antikörper Bezlotoxumab richtet sich gegen das Toxin B, das für die Virulenz von C. difficile verantwortlich ist und bei Risikopatienten Komplikationen wie etwa eine pseudomembranöse Colitis verursachen kann.

Clostridium difficile ist für die meisten Durchfallerkrankungen bei Klinikpatienten verantwortlich. Nach Antibiotikabehandlung kommt es bei einem Drittel der Patienten zur Reinfektion, was durch die Fähigkeit zur Sporenbildung des Keims begünstigt wird. Das Infusionslösungskonzentrat Zinplava wurde in der EU bereits 2017 zugelassen, kam jedoch erst im April 2018 auf den Markt.

HIV-Management: Neue Single-Tablet-Regimes

Zwei Neuzugänge fallen in den Bereich der HIV-Behandlung. In der Langezeitbehandlung werden meist mehrere antiretrovirale Wirkstoffe kombiniert und in eine Tablette gepackt (Single-Tablet-Regime), um die Adhärenz zu verbessern. So auch bei Biktarvy®, dem neuen HIV-Medikament, bei dem der neue Intergrasehemmer Bictegravir mit den bekannten antiretroviralen Wirkstoffen Emtricitabin (Hemmstoff der Reversen Transkriptase) und Tenofovir (nukleotidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitor)  kombiniert wird. Bictegravir soll ein günstigeres Resistenz- und Interaktionsprofil als andere Integrasehemmer aufweisen. Die antiretroviralen Wirkstoffe Emtricitabin und Tenofovir sind aus der HIV-Präexpositionsprophylaxe (HIV-PrEP) bekannt.

Eine weitere Neuentwicklung ist Juluca®, bei dem zwei statt wie bei anderen HIV-Präparaten drei oder vier Substanzen kombiniert werden. Die Komponenten von Juluca sind bereits bekannt und zwar beinhaltet das neue duale Single-Tablet-Regime von ViiV den Intergrasehemmer Dolugratevir und dem nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Hemmer Rilpivirin.

Beim Management von HIV-Infektionen gab in diesem Jahr es neben pharmazeutischen auch politische Neuentwicklungen. So ist der HIV-Selbsttest inzwischen frei verkäuflich. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat zudem vor, HIV-PrEP als Kassenleistung zur Verfügung zu stellen.

Prophylaxe mit Auszeichnung

Bei der Prävention von Infektionserkrankungen ist 2018 auch die Herpes-Zoster-Impfung Shingrix® auf den Markt gekommen, die von der ständigen Impfkommission (STIKO) standardmäßig für Personen über 60 Jahre empfohlen wird.

Eine weitere Innovation aus dem Bereich der Prävention stellt Prevymis® (Letermovir) dar, das zur Prophylaxe von Cytomegalie-Virus-Infektionen (CMV) bei Stammzelltransplantationen zugelassen ist. CMV ist für gesunde Personen in der Regel nicht pathogen, die Durchseuchung liegt bei etwa 90 bis 100 Prozent. Für Immungeschwächte, wie etwa Empfängern von Stammzelltransplantanten, kann CMV lebensbedrohliche Komplikationen verursachen. Die Prophylaxe von MSD wurde mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.