Kommentar zu Spahns Apotheken-Plänen

Besser als nichts

Süsel - 12.12.2018, 10:00 Uhr

Das Spahn'sche Apotheken-Paket enthält Bestandteile, die man sich durchaus anschauen sollte, bevor man es ablehnt, mein DAZ-Experte Dr. Thomas Müller-Bohn. (Foto: Schelbert)

Das Spahn'sche Apotheken-Paket enthält Bestandteile, die man sich durchaus anschauen sollte, bevor man es ablehnt, mein DAZ-Experte Dr. Thomas Müller-Bohn. (Foto: Schelbert)


Das Menü, das Gesundheitsminister Spahn den Apothekern aufgetischt hat, bietet angesichts der großen Erwartungen zu kleine Portionen und ist schlimmstenfalls sogar vergiftet. Doch es enthält mit Honoraren für zusätzliche Dienstleistungen auch einen Überraschungskeks mit einem ganz neuen Geschmack. Für die Apotheker, die so lange darauf gewartet haben, erscheint das immerhin besser als nichts, meint Thomas Müller-Bohn in einem Kommentar.

Mit dem angekündigten Boni-Deckel stünden die Apotheken auf einem löchrigen Fundament. Werden sich ausländische Versender daran halten? Droht früher oder später ein neues Verfahren vor dem EuGH? Die Selbstzahler werden bei einer sozialrechtlichen Regelung gleich aufgegeben. Das alles ist eine bittere Kröte, die die Apotheker schlucken sollen, aber es erscheint besser als der derzeitige Schwebezustand. Das Verbot von Selektivverträgen ist eine wichtige Absicherung. Doch schlimmstenfalls könnte ein Boni-Deckel zur neuen Sollbruchstelle für die Preisbindung in Deutschland werden und einen Ansatzpunkt für Klagen deutscher Versandapotheken schaffen. Das wird davon abhängen, wie rechtssicher die gewählte Formulierung ist. Doch wer will das vorher so genau erkennen?

Neue Struktur für Dienstleistungshonorar

Die Erhöhung des Notdiensthonorars reicht weder als Kompensation für den Wettbewerb mit dem Versand noch als Ersatz für die ausbleibende Anpassung des Festzuschlags. Doch niemand wird sich über mehr Geld beklagen. Das zusätzliche Geld für Dienstleistungen wirft einige Fragen auf. Neue Aufgaben verursachen neue Kosten und der Lohn dafür ist keine Entschädigung für irgendwas. Darum sollte das zusätzliche Geld zumindest teilweise genutzt werden, um etablierte Leistungen zusätzlich zu honorieren, beispielsweise den Botendienst, Rückfragen beim Arzt und besonders intensive Beratungsleistungen. Auch diese Variante zu ermöglichen, könnte ein wichtiger Aspekt für die jetzt anstehenden Gespräche über Details sein. Dass die Apotheker selbst über die Verteilung entscheiden sollen und die Finanzierung nach dem Vorbild des Nacht- und Notdienstfonds gesichert werden soll, macht dabei Hoffnung. Denn erstens muss um jeden Euro gekämpft werden, auch wenn er nicht über das System entscheidet. Und zweitens entsteht mit der Verteilung dieser Honorare in Apothekerhand eine neue zukunftsweisende Struktur, die noch hilfreich werden könnte.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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12 Kommentare

Sandmann, Wolf im Schafspelz und schlauer Fuchs

von Dirk Krüger am 14.12.2018 um 16:56 Uhr

Jens Spahn hat in seiner Erklärung uns Apothekern Honig ums Maul geschmiert und Sand in die Augen gestreut.
Fakt ist: die Gleichpreisigkeit gibt es nicht mehr, die Deckelung auf 2,50 € ist willkürlich und wird damit von Gerichten gekippt werden, genauso wie die willkürliche Begrenzung auf 5% Versandhandel.
Der Digital- , KI- und Arzneimitteldrohnenfan Spahn ( der Postzusteller war gestern! ) wird mit seinen Kumpels vom Versandhandel das Ding schon in seinem Sinne schaukeln - den Anfang hat er gemacht. Die ABDA merkt´s nur nicht und lässt sich z.B. von Versprechungen für eine Honorierung von Zusatzleistungen blenden. Sich über diese Vergütung zu freuen ist schon gaga. War man bei der ABDA etwa darauf eingestellt, diese Zusatzleistungen evtl. kostenlos anbieten zu müssen? Erfordern diese denn nicht auch einen zusätzlichen Aufwand? Wie steht es mit dem Verhältnis von Aufwand zu Ertrag?
Und: die Erhöhung der Notdienstvergütung hat mit der ganzen Thematik nichts, aber auch rein gar nichts zu tun. Eine Erhöhung ist allerdings angemessen.

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Palliative Sedierung?

von Christian Timme am 12.12.2018 um 17:26 Uhr

Diese „Vorschläge“ zu diskutieren und zu „kommentieren“ ist bereits die Kapitulation. Es gibt, wie immer, keine Schuldigen ... keine Konsequenzen ... die Betroffenen fühlen sich nicht angesprochen und die „Anderen“ erfreuen sich an der Untätigkeit und Zittrigkeit des gesamten Berufsstandes. Also wie immer ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

RX-Versandverbot

von Dr. Radman am 12.12.2018 um 15:50 Uhr

Wer sowas akzeptiert muss krank im Kopf sein. Wo ist bitte schön die Gleichpreisigkeit, was versprochen wurde. Wir sind zwar Apotheker aber nicht dumm! das reicht!

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Ein Windei ...

von Reinhard Herzog am 12.12.2018 um 14:26 Uhr

... das Ganze.

Ich bin ja nun wirklich für liberale Ansätze und Querdenken bekannt-berüchtigt, aber dieses Weihnachtspaket würde ich rundheraus ablehnen, wegen toxischem Inhalt.

Das ist nichts Ganzes und nichts Halbes, ein weiteres Voranschreiten in unsicheres Terrain, was letztlich dann vor irgendwelchen Gerichten entschieden wird.

Dummerweise wird mit solchen Dingen wie der juristischen Adelung von Boni und der Akzeptanz von vervielfachten (!) Versandanteilen eine gewisse Präjudizierung vorgenommen.

Spätere Gerichte dürften den Wunsch des Gesetzgebers herauslesen können, dass eben ein Abweichen von den Festpreisen gewünscht / toleriert wird. In diskriminierender Weise, in einer schwer begründbaren Höhe. Wenn es wenigstens die "Geringfügigkeitsgrenze" wäre (wie bei Zugaben), da kann man wenigstens ein wenig was mit anfangen ...

Und wenn die Inlandsdiskriminierung fällt, sind nicht die Versender das Problem. Dann geht hier bei Hinz und Kunz der Kampf um die Rezepte via Boni los. Da kann man die AMPreisV gleich beerdigen und zu einem Verhandlungspreissystem mit den Kassen kommen, jährlich dann eine neue Runde. Wäre wohl ehrlicher.

Und die Dienstleistungshonorare? Ja, sicher ein netter Einstieg. Positiv, dass so etwas zumindest im SGB verankert und damit rechtssicher verhandelbar wäre. Aber ich fürchte, da wird teuer Arbeit eingekauft. Das Medi-Management zum Minipreis als Marketingclou, welchen sich nur wenige leisten werden können ... und dafür die Rezepte abgreifen.

Also, dieses Paket muss noch nochmal neu gepackt werden. Wenn die Zahlen "2,50 €" und "5%" in der Versenkung verschwinden würden, wäre man sicher einen entscheidenden Schritt weiter.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Jein

von Landapotheker am 12.12.2018 um 15:12 Uhr

Es ist besser als nichts. Das ist richtig. Es ist anscheinend auch das Eingeständnis das Gleichpreisigkeit ohne RxVV nicht herstellbar ist. Ansonsten hätte da dem BMG ja etwas ganz neues einfallen müssen.
Heisst das dann praktisch das die Auslandsversender immer einen zusätzlichen Vorteil haben müssen ? D.h. 1€ unentgeltliche Zugaben für alle geht dann auch nicht ?

Kann man auch das Honorar in einen 6€ Strukturfondsteil und xy Cent Standardaufschlag teilen ?

Man muss es nurmal klar sagen die Kollegen an der Spitze haben es nicht leicht. Hier ist auch gerne immer davon die Rede wer zustimmt und wer nicht. Praktisch sind das keine Verhandlungen und es macht auch keinen Unterschied. Spahn regelt das so oder so wie er es möchte. Auch gegen die duetschen Apotheker, ohne Rücksprache mit seiner Partei, eher mit Rücksprache mit Lauterbach.
Wieviele Kollegen da zustimmen oder auch nicht ist für die Gesetzgebung irrelevant.

Ich werde es selbst tun und kann nur jeden Kollegen bitten seine MdBs, MdLs wenn möglich zu kontaktieren. Wenn schon kein Koalitionsvertrags-RxVV dann aber zwingend Gleichpreisigkeit. Ohne Gleichpreisigkeit ist das alles nichts wert. Was nützen mir 5000€ mehr proJahr für den Notdienst und ich verliere 5% an den Versand !

Der Feind sitzt nicht in der ABDA....der Feind sitzt im Privatjet und gehört zum gehobenen Mittelstand.

AW: Ein Windei

von Landapothekerin am 13.12.2018 um 8:45 Uhr

Auch auf Zeitungskommentare reagieren!
SWP Ulm vom 12.12.18 Kommentar erste Seite "Teuerer Kompromiss"
Wieder zeigt sich, dass Reporter keine Ahnung haben, worum es der Apothekerschaft eigentlich geht. Ein kurzer, sachlicher Leserbrief über die Bevorzugung ausländischer Versandapotheken und die Konsequenzen für die einzelnen Kunden wäre hilfreich.
MdBs und MdLs zu kontaktieren ist sicher richtig, wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie zumindest Kontakt aufnehmen. Wir müssen auch die Aufmerksamkeit unserer zufriedenen Kunden gewinnen. Wenn die nächste Präsenzapotheke 50km entfernt ist, wird man uns vermissen, dann ist es aber zu spät.

Irreführung

von Reinhard Rodiger am 12.12.2018 um 14:10 Uhr

Auffällig ist besonders, dass das Geld für zusätzliche - undefinierte Leistungen -in Apothekerhand sein sollen.Das ist mitnichten so.Die Kassen werden entscheiden, entsprechend dem bekannten Machtgefälle. Zudem sollen damit Leistungen abgedeckt werden, die bereits als Service erbracht werden.
Das kann zwar als Verbesserung gewertet werden, mindert aber den Spielraum für Neues.Die Reichweite der "neuen" Massnahmen wurde nicht betrachtet.Sie erscheint weit unterdimensioniert, wenn angemessene Stundenkosten zugrunde gelegt werden. das werden sicher die Kassen oder wie bereits vorgelegt wir selber(FS) verhindern.
Doch dies sind letztlich Details- wenn auch mitwirkend. Entscheidend ist die durch Anfüttern fremdkapitalgelenkter Firmen und die Abkehr von solider Basisfinanzierung die Erosion der Sockelfinanzierung beschleunigt wird.
Es ist mitnichten glaubwürdig, dass der Wille besteht, die Deckelung und die Bonikontrolle rechtlich wirksam zu kontrollieren.Die zu erwartenden juristischen Verzögerungen
sind von gleicher Qualität wie beim RxVV.

Nirgends wird zu den anderen möglichen Ansatzpunkten Bezug genommen.Stichwort Rezeptur, Gleichbehandlung bei Rabatten ,Finanzierung kommender EDV-Kosten usw.

Besser als nicht ist eine unzulässige Irreführung, nötig wäre echte Auseinandersetzung mit dem Missverhältnis von Angebot und Notwendigkeit bzw Angemessenheit.

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Ihr Kommentar - Ich meine, das Angebot ist schlicht nicht akzeptabel!

von Uwe Hansmann am 12.12.2018 um 12:48 Uhr

"Auch wir stehen jetzt vor einer inhaltlichen Diskussion über die Geeignetheit dieser Maßnahmen" - O-Ton Friedemann.

Ich kann nur hoffen, daß hierbei genügend Ländervertreter das Kreuz haben, zu diesem nicht akzeptablen Paket schlicht einmal klar und vernehmlich "NEIN" zu sagen!

Mehr braucht es nicht.

Das Notwendige steht in §78 AMG, Satz 2:

Abweichend von Satz 1 wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Anteil des Festzuschlags, der nicht der Förderung der Sicherstellung des Notdienstes dient, entsprechend der Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung anzupassen.

Ach und Prof.Lauterbach . . . na ja.

Wenn er sonst nichts Konstruktives beisteuern kann, dann hetzt er eben in gewohnter Form. Ein Relikt vergangener Soziära in der Politik - nicht mehr.

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Trojaner

von Atopom am 12.12.2018 um 12:37 Uhr


Offensichtlich hat sich die Führung in Berlin nun auch von der Forderung nach Gleichpreisigkeit verabschiedet.

Wie soll denn der Boni-Deckel und Marktanteil-Deckel europarechtlich Bestand haben? Diese wären doch genauso zweifelhafte Marktzugangsbeschränkungen wie das RxVV. Abgesehen davon ist die Einhaltung der Deckel auch noch höchst zweifelhaft.

Ich bin wahrlich kein Freund der deutschen Versandapotheker. Aber wollen wir ernsthaft zulassen, dass diese Kollegen durch Inländer-Diskrimierung auf dem Altar eines möglicherweise Vorteils in der Honorierung und gewisser struktureller Änderungen geopfert werden? So werden wir auseinander dividiert. Die Erhöhungen sind gar nicht so groß. Ein Teil davon kommt wiederum nur den Zyto-Kollegen zu Gute. Die sollen dann aber noch mehr wieder abgeben.

Divide et impera.
Der Vorschlag des Ministers ist wieder einmal unsittlich!
Genau so eine Stinkbombe wie der Impf-Vorschlag!

Und die Systemverändernde Partei aus Deutschland
achtet auf Geschenke - fürs Groß- und Fremdkapital?

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Es hätte schlimmer kommen können ...

von Ulrich Ströh am 12.12.2018 um 11:44 Uhr

Lieber Herr Müller -Bohn,
Ihre Kommentarüberschrift -Besser als nichts- erinnert mich sehr an -Es hätte schlimmer kommen können- !

Die Zulassung von Boni,damit keine Gleichpreisigkeit von Rx-Arzneimitteln,und der Verzicht auf ein
Rx -Versandhandelsverbot lassen viel Raum für Skepsis in Präsenzapotheken .

Insofern ist Ihr Kommentar bezüglich der möglichen zukünftigen Entwicklung von Präsenzapotheken zu positiv formuliert .

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AW: Es hätte schlimmer kommen können

von Dr. Thomas Müller-Bohn am 12.12.2018 um 12:50 Uhr

Lieber Herr Ströh,
auch mich erinnert das an "hätte schlimmer kommen können" - das habe ich am Ende des Kommentars auch geschrieben. Damit drücke ich auch meine Skepsis aus. Auch meine Einschätzung, dass weitere Apotheken schließen werden, verstehe ich als Kritik. Doch ich will auch die positiven Aspekte nicht verschweigen. Die Verknüpfung von Boni-Deckel, 5%-Grenze und Verbot von Selektivverträgen erscheint nicht aussichtslos und der neue Honorartopf eröffnet interessante Perspektiven. Darum erscheint es mir besser als die zwei Jahre, in denen nichts passiert ist.

AW: Es hätte schlimmer kommen können

von Ulrich Ströh am 12.12.2018 um 13:24 Uhr

Lieber Herr Müller-Bohn,
den neuen Honorartopf gibt es nicht für umsonst für die einzelne Präsenzapotheke,und der Auslands-Bonusdeckel wird von Inlandsapothekern beklagt werden!

Insofern ist wie in der Schule:
Mangelhaft bleibt mangelhaft...
auch wenn das ehrliche Bemühen da war und ist.

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