Giftinformationszentren und BfR warnen

Knopfzellen: Gefahren im Kinderzimmer

Berlin - 06.12.2018, 09:00 Uhr

Im Vergleich zu Knopfbatterien eher harmlos: Stabbatterien oder Monozellen. Kinder lecken manchmal daran. An der Kontaktstelle könnten
sehr selten Verätzungen auftreten. (Foto: DURIS Guillaume / stock.adobe.com)

Im Vergleich zu Knopfbatterien eher harmlos: Stabbatterien oder Monozellen. Kinder lecken manchmal daran. An der Kontaktstelle könnten sehr selten Verätzungen auftreten. (Foto: DURIS Guillaume / stock.adobe.com)


Seit dem 23. November warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung in einer Pressemitteilung vor dem Verschlucken von Knopfzellen durch Kleinkinder. Auch bei einer Fortbildung für Kinderärzte in Berlin wurde deutlich, wie sehr das Thema den Giftinformationszentren unter den Nägeln zu brennen scheint. Die wichtige Botschaft, gerade auch in der Vorweihnachts- und somit Geschenkezeit, lautet: Knopfbatterien gehören nicht ins Kinderzimmer!

Das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) und die BfR-Kommission zur Bewertung von Vergiftungen raten Eltern akutell, Batterien unzugänglich aufzubewahren. Gefahr droht nämlich, wenn Knopfzellen beim Verschlucken in der Speiseröhre stecken bleiben. Dort können sie die Schleimhaut schwer schädigen. Ein besonderes Risiko besteht deshalb für Kleinkinder, wenn es sich um große Knopfzellen (über 20 mm) handelt: In der engen kindlichen Speiseröhre bleiben diese besonders wahrscheinlich stecken. Kann die Knopfzelle die Speiseröhre passieren, so sind laut BfR aber nur selten Komplikationen zu erwarten. In diesen Fällen reiche es meist, das natürliche Ausscheiden der Knopfzelle unter ärztlicher Kontrolle abzuwarten. Was aber, wenn die Knopfbatterie stecken bleibt?

Mehrere hundert Fälle bekannt

In den vergangenen zehn Jahren sei das BfR über mehrere hundert Fälle von Kliniken und Giftinformationszentren informiert worden, bei denen es zum Verschlucken von Knopfzellen kam. BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel empfiehlt: 


Nach dem Verschlucken einer Knopfzelle sollte umgehend eine Untersuchung in einer Klinik erfolgen.

BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel 


Das Problem der Knopfzellen – auch im Vergleich zu anderen Batterien: Durch den Kontakt mit den feuchten Schleimhäuten in der Speiseröhre beginnt Strom zu fließen. An der Grenzfläche zwischen Knopfzelle und Schleimhaut entstehen laut BfR dabei Hydroxidionen, die zu schwerwiegenden Verätzungen führen können. Es kann zu Blutungen kommen und das Gewebe kann absterben. Als Spätfolge könne sich die Speiseröhre narbig verengen. Selten können die Komplikationen auch zum Tod führen. Je stärker die Batterie geladen ist, desto ausgeprägter können die gesundheitlichen Schäden sein.

Bei diesen Symptomen sollte man an Knopfzellen denken

Ein weiteres Problem ist, dass Eltern das Verschlucken der Knopfzellen eventuell gar nicht bemerken. Bleibt die Knopfzelle in der Speiseröhre stecken, entwickeln sich zunächst nämlich keine Symptome oder nur leichtes Unwohlsein. Nach einigen Stunden kommt es laut BfR dann aber zu

  • Erbrechen,
  • Appetitlosigkeit,
  • Fieber oder
  • Husten.

Knopfzelle verschluckt – was tun?

Weitergehende Informationen zu Vergiftungs- und Erstickungsfällen bei Säuglingen und Kleinkindern gibt die BfR-Broschüre „Risiko - Vergiftungsunfälle bei Kindern“, (es gibt auch eine BfR-App „Vergiftungsunfälle bei Kindern“). Bei Knopfzellen liest man dort als „Erste Hilfe“:

  • Mund (Nase) untersuchen, Gegenstand entfernen.
  • Tee, Wasser oder Saft zu trinken geben.
  • Anruf Giftinformationszentrum/ Kinderarzt/-ärztin.
  • Produkt/Etikett bereithalten!

Erste Hilfe: Honig oder Sucralfat

Zu welcher ersten Vorsichtsmaßnahme das Giftinformationszentrum im Fall der Fälle bei einem Anruf raten wird, wurde beim Vortrag „Vergiftungen im Kindesalter: Aktuelle Aspekte“ einer Fortbildung für Kinderärzte in Berlin deutlich: Honig kann helfen. So berichtete auch das Ärzteblatt im Juni unter Berufung auf eine Publikation von US-Medizinern: „Honig oder Sucralfat könnten Schleimhautschäden durch verschluckte Knopfbatterien mildern.“ So sollen in experimentellen Studien Schäden auf der Schleimhaut begrenzt worden sein. Apfel- und andere Fruchtsäfte sollen sich dagegen als wirkungslos erwiesen haben – genauso wie Zitronensaft, trotz seines niedrigen pH-Werts. In den USA sollen jedes Jahr mehr als 2.500 Kinder endoskopiert werden, um Knopfbatterien aus dem Ösophagus zu bergen.

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Laut dem Ärzteblatt raten die US-Forscher also Eltern und Betreuern, den Kindern auf dem Weg ins Krankenhaus in regelmäßigen Abständen Honig zu geben. Allerdings nicht, wenn es bereits zu einer Perforation der Speiseröhre gekommen ist. Ärzte könnten auch Sucralfat verwenden. Bei Kindern unter einem Jahr müsse man das Botulismusrisiko bei der Gabe von Honig bedenken. 

Sucralfat

Laut Lauer-Taxe werden die folgenden lokalen Wirkmechanismen an der Magen- und Duodenalschleimhaut angenommen:

  • Bildet mit Gewebeproteinen (im Bereich von Ulcera bzw. Läsionen) und mit dem Magenschleim Komplexverbindungen. 
  • Außerdem soll es die physiologische Mukosaprotektion stimulieren (Zellregeneration, Schleimproduktion, Hydrogencarbonatsekretion, Durchblutung).
  • Sucralfat hat darüber hinaus eine pepsin- und gallensäureadsorbierende Wirkung.

Den Hustensaft leergetrunken? Wann man Eltern zunächst beruhigen kann

Bei Vergiftungsverdacht ist ein Anruf beim Giftnotruf immer anzuraten. Da Vergiftungen nun einmal Szenarien sind, die eigentlich nicht eintreten sollten, gibt es kaum Daten und somit wenig praktische Ratschläge in der Literatur für solche Fälle. Die Giftnotrufzentren schöpfen ihr Wissen also vor allem auch aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz. So auch bei von Kindern versehentlich verzehrten Arzneimitteln.

Bei der Informationszentrale gegen Vergiftungen des Universitätsklinikums in Bonn, findet man auf deren Internetauftritt eine Liste, die zumindest in manchen Fällen in der Apotheke panische Eltern beruhigen kann:

Unter dem Titel „weitgehend ungefährliche Medikamente“ findet man zum Beispiel neben anderen

  • Hustensäfte mit dem alleinigen Wirkstoff Ambroxol bis zu einer Menge von einer Flasche,
  • Antibabypillen bis zu einer Menge von einer Monatspackung oder
  • eine Packung Dentinox. 

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Vorsicht bei Magneten

Im Kinderzimmer lauern nicht nur die Knopfzellen als Gefahr. Kinderärzte, Eltern und Apotheker sollten ebenso hellhörig werden, wenn der Verdacht besteht, dass Magnete verschluckt wurden. Eine besondere Gefahr geht dabei von sogenannten Neodymium Magneten aus. Oft werden diese als die „stärksten Magnete der Welt“ betitelt. Das Problem: Die Magnete sind sehr klein, teils in bunten Farben erhältlich und werden als Spielzeug für Erwachsene vermarktet. Im Körper können die Magnete aneinanderhaften und so auch Gewebe einklemmen, was zu lebensgefährlichen Verletzungen führen kann.   



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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