Lieferengpässe

Tollwutimpfstoffe: globale Engpässe, aber keine globalen Zusammenhänge?

Berlin - 05.12.2018, 07:00 Uhr

Ein indonesischer Gesundheitsbeamter impft 2015 in Denpasar (Bali) einen Hundewelpen gegen Tollwut. In Tollwut-Endemiegebieten geht ein Tollwut-Risiko hauptsächlich von streunenden Hunden aus. (c / Foto: Made Nagi / dpa)

Ein indonesischer Gesundheitsbeamter impft 2015 in Denpasar (Bali) einen Hundewelpen gegen Tollwut. In Tollwut-Endemiegebieten geht ein Tollwut-Risiko hauptsächlich von streunenden Hunden aus. (c / Foto: Made Nagi / dpa)


Der deutsche Lieferengpass hat nichts mit China zu tun

Nun liegt also die Vermutung nicht ganz fern, dass ein Vorfall dieser Größenordnung zu einer höheren und unerwarteten globalen Nachfrage an Tollwutimpfstoffen führen könnte. Deshalb hat DAZ.online bei GSK nachgefragt, ob sich der chinesische Impfstoff-Skandal, wenn nicht direkt, doch indirekt auf die Versorgung in Deutschland auswirkt? GSK teilte daraufhin schriftlich mit, dass der Lieferengpass nichts mit China zu tun hat.

GSK sei einer von zwei Anbietern für Tollwutimpfstoff in Deutschland. GSK versorge seit dem Ausfall des zweiten Tollwutimpfstoffs im April 2017 mit seinem Impfstoff Rabipur® alleine den deutschen Markt: „Die zum Teil bis zu fünffach erhöhte Nachfrage im Vergleich zu normalen Monaten hat dazu geführt, dass sich GSK im Sinne der langfristigen Patientenversorgung dazu entschlossen hat, die bestehende Lagerware und Lieferungen bis auf weiteres zu kontingentieren.“  Nur so könne eine kontinuierliche Belieferung auch im Expositionsfall sichergestellt werden.

Ergibt sich die „zum Teil bis zu fünffach erhöhte Nachfrage“ dann allein durch einen Lieferengpass von Sanofi? 

Deutscher Tollwutimpfstoff kommt aus Marburg und Frankreich

Im Grunde wäre es nachvollziehbar, wenn Impfstoffe bevorzugt erst einmal an die Länder ausgeliefert würden, die auch akut von der Tollwut bedroht sind – und da ist China nicht allein. Medienberichte zeigen, dass es in diesem Jahr auch auf den Philippinen zu einem Tollwutimpfstoff-Engpass gekommen ist. In einem Artikel der Manila Times kam im September zum Ausdruck, dass GSK 50 Prozent der Rabies-Impfstoffversorgung auf den Philippinen decke, dem jedoch nicht mehr nachkommen könne, weil Rabipur®, das von GSK aus China geliefert werden soll, bakteriell verunreinigt gewesen sein soll. Auch Sanofi soll es an Rohstoffen fehlen, sodass die weltweite Nachfrage nach Tollwutimpfstoffen nicht gedeckt werden könne.

Doch GSK gibt gegenüber DAZ.online an: „Wir haben keine Produktionsprobleme bei der Rabipur®-Herstellung in Marburg.“ Man nehme in Deutschland eine erhöhte Nachfrage wahr, die man sich durch den zeitweisen Lieferausfall eines Mitbewerbers erkläre. Außerdem: „Rabipur® aus Marburg ist in China nicht zugelassen und wird dort nicht vertrieben.“ Über die Liefersituation in asiatischen Märkten und über eventuelle Produktionsprobleme anderer Anbieter von Tollwut-Impfstoffen könne man DAZ.online keine Auskunft geben. GSK betonte aber: „Tollwut-Verknappung in asiatischen Ländern hat mit der deutschen Situation nichts zu tun!“ Für globale Impfstoff-Fragen, wie etwa Fragen zu Engpässen und zur Produktion in anderen Ländern, wurde DAZ.online an die GSK-Zentrale verwiesen. 

Gibt es globale Zusammenhänge? Zumindest in einem Medienbericht aus Pakistan wird die Situation so beschrieben: „Es gibt eine weltweite Krise in Bezug auf die Verfügbarkeit von Tollwutimpfstoffen, da der chinesische Impfstoff aus Sicherheitsgründen vom Markt genommen wurde.“ In Abwesenheit eines chinesischen Impfstoffs habe Indien früher die Lücke geschlossen, aber im Moment seien die Inder nicht in der Lage, ihren eigenen Bedarf zu decken. Interessant hierbei: Laut einer chinesischen Datenbank importiert China einen Rabies-Impfstoff aus Indien von Chiron Behring Vaccines Private Ltd., was wiederum eine Tochterfirma von GSK sein soll. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.