Lieferengpässe

Tollwutimpfstoffe: globale Engpässe, aber keine globalen Zusammenhänge?

Berlin - 05.12.2018, 07:00 Uhr

Ein indonesischer Gesundheitsbeamter impft 2015 in Denpasar (Bali) einen Hundewelpen gegen Tollwut. In Tollwut-Endemiegebieten geht ein Tollwut-Risiko hauptsächlich von streunenden Hunden aus. (c / Foto: Made Nagi / dpa)

Ein indonesischer Gesundheitsbeamter impft 2015 in Denpasar (Bali) einen Hundewelpen gegen Tollwut. In Tollwut-Endemiegebieten geht ein Tollwut-Risiko hauptsächlich von streunenden Hunden aus. (c / Foto: Made Nagi / dpa)


Es scheint ein wiederkehrendes Phänomen zu sein, dass Tollwutimpfstoff in Deutschland nur eingeschränkt verfügbar ist. Wer nach Gründen sucht, stößt im Internet schnell auf Berichte, die zeigen, dass es regelmäßig weltweite Lieferprobleme gibt. Laut den beiden Tollwutimpfstoff-Herstellern für den deutschen Markt haben die ausländischen Engpässe jedoch wenig mit den inländischen Lieferproblemen zu tun.

Das Institut für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit der Charité Berlin meldet derzeit auf seinem Internetauftritt: „Tollwut-Impfstoff aus dem EU-Ausland wieder vorrätig.“ Aufgrund von Lieferschwierigkeiten stehe derzeit zwar kein deutscher Tollwut-Impfstoff zur Verfügung. Das Institut habe jedoch deutschen Impfstoff aus dem EU-Ausland reimportieren können.

In den Auflistungen der Lieferengpässe von Humanimpfstoffen des PEI (Paul-Ehrlich-Institut) findet man sowohl für den Tollwut-Impfstoff von GSK als auch für den von Sanofi den Vermerk „eingeschränkt verfügbar“ – bei GSK mit dem Meldedatum 19. Juni 2018, bei Sanofi schon seit dem 11. August 2017. Auch auf den Seiten des Robert-Koch-Instituts (RKI) liest man: „Rabipur® und Tollwutimpfstoff (HDC) inaktiviert® sind laut Herstellerangaben nur eingeschränkt verfügbar. Während die Belieferung von Notfalldepots der Landesapothekerkammern sichergestellt wird, kann es in der Peripherie zu Lieferengpässen kommen.“ Die Verfügbarkeit von Tollwutimpfstoffen für die PEP (Postexpositionsprophylaxe) sei somit aber gewährleistet.

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Alles also kein Problem? Während Deutschland seit vielen Jahren frei von terrestrischer Tollwut ist – als einziges heimisches Reservoir für die Tollwut sind laut RKI Fledermäuse bekannt – sind die Lieferengpässe in anderen Ländern wie Indien, den Philippinen oder auch China ein schwerwiegendes Problem. Wer also in Tollwut-Endemiegebiete (zum Beispiel Indien, Südostasien, Afrika) reist, der sollte sich noch in Deutschland rechtzeitig gegen Tollwut impfen lassen.

Engpässe durch wiederholt unerwartet hohe Nachfrage?

Engpässe bei Tollwutimpfstoffen scheinen ein wiederkehrendes Problem zu sein. Als Grund wird von den Herstellern immer wieder eine „unerwartet hohe Nachfrage“ angegeben. In Deutschland fragt man sich, wo diese unerwartet hohe Nachfrage herkommt. 

Wenn es um Tollwutimpfstoffe geht, muss man derzeit automatisch auch auf einen der Arzneimittelskandale des Sommers zurückblicken, den chinesischen Impfstoffskandal, bei dem es um Tollwutimpfstoffe ging. Dass Deutschland keine Auswirkungen des chinesischen Impfstoffskandals zu befürchten habe, gab das PEI allerdings bereits im August bekannt. Vom betroffenen chinesischen Unternehmen konnten demnach keine Tollwutimpfstoffe nach Deutschland gelangen: „Alle Impfstoffe, die in Deutschland verkehrsfähig sind, haben entweder eine nationale Zulassung vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) oder eine so genannte zentrale Zulassung von der EU-Kommission, die nach einem Verfahren bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA erteilt wurde und in allen EU-Mitgliedstaaten (sowie Norwegen und Island) gültig ist. Das chinesische Unternehmen Changchun Changsheng hat weder eine nationale noch eine EU-weite Zulassung für Impfstoffe“, schreibt das PEI auf seiner Website. Zudem habe keiner der Zulassungsinhaber eine Herstellungsstätte in China oder beziehe von dort Antigenkomponenten für die in Deutschland und der EU zugelassenen Impfstoffe.

Gegen Changchun Changsheng Life Sciences wurde in China mittlerweile eine Geldstrafe von 9,1 Milliarden Chinesischen Yuan (1,15 Milliarden Euro) verhängt. Außerdem sollen sowohl die Zulassung für den Tollwutimpfstoff als auch die Zulassungen für verwandte Produkte des Unternehmens aufgehoben worden sein. Medienberichten zufolge hat Changsheng seinen Aktionären mitgeteilt, dass das Unternehmen dafür angeklagt wurde, 748 Chargen des Tollwutimpfstoffes ab Januar 2014 auf illegale Weise produziert zu haben. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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