„Berliner Erklärung“

AfD zum Apothekenmarkt: Rx-Versandverbot und Ausbau der Botendienste

Berlin - 30.11.2018, 15:30 Uhr

Wo geht's hin bei der Gesundheitspolitik der AfD? Am heutigen Freitag gaben die AfD-Gesundheitspolitiker einen ersten Überblick. (m / Foto: imago)

Wo geht's hin bei der Gesundheitspolitik der AfD? Am heutigen Freitag gaben die AfD-Gesundheitspolitiker einen ersten Überblick. (m / Foto: imago)


Die Positionierung der AfD zum Apothekenmarkt war lange unklar. Am heutigen Freitag stellte die AG Gesundheit der AfD-Bundestagsfraktion erstmals ihre gesundheitspolitische Agenda vor. In dem 10-teiligen Eckpunktepapier gab es auch ein Apotheken-Kapitel. Darin fordern sie das Rx-Versandverbot und die Abschaffung der Importquote sowie der Rabattverträge. Dafür soll der Botendienst gestärkt werden.

Lange war es still um die Gesundheitspolitik der AfD. Anlässlich der Pharma-Skandale vom Sommer startete der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Professor Axel Gehrke, die ersten parlamentarischen Initiativen zu Arzneimittelthemen. Am heutigen Freitag stellten die Gesundheitspolitiker Gehrke, Dr. Robby Schlund, Jörg Schneider und Detlev Spangenberg erstmals mit der „Berliner Erklärung“ ihren Gesundheitsfahrplan vor. Das Zehn-Punkte-Papier der AG Gesundheit, in dem es unter anderem um Pflege, Prävention und Digitalisierung geht, enthält auch ein Kapitel zu Arzneimittelthemen.

Die Kernforderungen der AfD für den Apotheken- und Pharmamarkt sind:

  • Den Versand mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten,
  • dafür den Botendienst der Vor-Ort-Apotheken auszubauen,
  • Rabattverträge und Importquote abzuschaffen,
  • das Festbetragssystem zu stärken,
  • die Nutzenbewertung auf den patentgeschützten Bestandsmarkt auszudehnen
  • und die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung rückwirkend gelten zu lassen.

Versandhandel berät nicht

Der Kardiologe begründete die Forderung nach dem Versandverbot damit, die Gesundheitsversorgung in der Fläche sichern zu müssen. Denn die „Solitärapotheken“ auf dem Land seien von der Schließung bedroht. Und der Versandhandel könne das Versorgungsproblem nicht lösen, da die Beratung nicht gewährleistet sei. Da insbesondere für multimorbide Patienten der Weg zur nächsten Landapotheke beschwerlich sein kann, soll der Botendienst der Vor-Ort-Apotheken ausgebaut werden. Was bisher eine Einzelfalllösung war, solle rechtlich auf eine breitere Basis gestellt werden.

Schützt das Rx-Versandverbot nachhaltig?

Ob das Versandhandelsverbot mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die Zukunft der Vor-Ort-Apotheke langfristig sichern könne, sei zwar unklar. „Momentan ist es sicherlich der sinnvollste Weg, die Solitärapotheke auf dem Land zu erhalten“, so Gehrke. Möglicherweise sei es für Apotheken auf dem Land notwendig, sich in Zukunft zusammenzuschließen. Dabei habe die AfD kein weiteres Aufbrechen des Mehrbesitzverbotes oder Fall des Fremdbesitzverbotes im Sinne, erklärte Gehrke auf Nachfrage. Sondern die Apotheken sollen dabei weitgehend unabhängig bleiben, wie es auch Ärzte in medizinischen Versorgungszentren sein sollen. Im Zusammenhang mit dem Fremdbesitzverbot warnte Detlev Spangenberg vor der möglichen Einflussnahme ausländischer Investoren, wie es im Zahnarztbereich bereits geschehen sei.

Im Notfall sind Versender zu langsam

Mediziner Robby Schlund betonte, dass die inhabergeführte Apotheke auch vor dem Hintergrund eines Krisenfalls geschützt werden müsse. Denn in einer echten Notsituation werden lebensrettende Arzneimittel sofort benötigt und die Lieferzeiten der Versender seien zu lange.

Für Jörg Schneider ist der Versandhandelskonflikt das Ergebnis einer europarechtlichen Bevormundung. Denn die EuGH-Entscheidung, die das Rx-Boni-Verbot für die Versender kippte, habe in den elementaren Bereich der Gesundheitsversorgung eingegriffen. Außerdem betreiben die Versender aus seiner Sicht „Rosinenpickerei“.

Parallelen zu Linksfraktion?

Die Forderung nach dem Rx-Versandverbot fällt in strukturpolitisch bewegte Zeiten. Im Bundestag hat das Verbot immer mehr Unterstützer – auch bei der Union – verloren. Am 11. Dezember will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf der ABDA-Mitgliederversammlung seine Konzepte zum Versandhandelskonflikt vorstellen. Die ABDA arbeitet an Alternativen zum Rx-Versandverbot, um die Gleichpreisigkeit wiederherzustellen.

Außer der AfD bekennen sich noch die Linken für das Rx-Versandverbot. Trotz gegensätzlicher politischer Herkunft gibt es überraschenderweise weitere Parallelen zu Linksaußen – so hatte sich bereits auch die Arzneimittelexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Sylvia Gabelmann, dafür eingesetzt, die Importquote zu streichen und Rabattverträge abzuschaffen.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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11 Kommentare

AfD Apothekenposition

von Andreas Kronsbein am 06.12.2018 um 12:22 Uhr

Interessanterweise alles Ziele, die eigentlich jeder Apotheker vertreten könnte.
Ein Schelm, der böses dabei denkt.

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Unwählbar!

von Patrick Santer am 03.12.2018 um 15:20 Uhr

Schlimm, wie auch hier einige Foristen nur an sich und ihre Apotheken denken und dabei das gesamtpolitische Profil der AFD verdrängen oder leugnen...

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Interessant

von Patrick Mages am 02.12.2018 um 20:31 Uhr

Ironisch, wie die AfD hier eine nachhaltige Lösung für die Apothekenproblematik versucht, jedoch bin ich mit allen weiteren Punkten der AfD absolut konträr, für mich sieht das fast nach Stimmenfang aus. Abgesehen davon haben die Linken eine ähnliche Haltung zur Reformation der Apothekensituation, da diese allerdings auch im Bezug auf Menschenrechte, Energiepolitik und Finanzsysteme eine menschenfreundlichere Position einnehmen sind mir diese bisher sympathischer. Umso absurder, würden es diese 2 Parteien im Dialog schaffen die optimale Lösung für unsere Problematik zu finden.

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AfD mit Sachverstand

von Karl-Heinz Hans am 01.12.2018 um 12:39 Uhr

Also, meine Stimme ist den Experten von der AfD sicher! Ich habe da keine ideologischen Scheuklappen und mir das Recht auf Meinungsfreiheit abseits des Mainstreams bewahrt. Das Konzept der AfD zum Komplex "Apothekenmarkt" hört sich für mich sehr vernünftig an. Scheinbar ist dort noch echter Sachverstand vorhanden. Die Versorgung der Bürger mit Arzneimitteln in der Fläche, in Notfallsituationen, für multimorbide Patienten etc. muss doch möglichst weitsichtig gesichert bleiben. Hierfür muss die Politik Konzepte mit Hand und Fuß anbieten, Zukunftssicherheit bieten. Das Rx-Versandverbot ist hier nur der erste, absolut notwendige Schritt. CDU/SPD/Grüne/FDP: stets den Apothekern vor Wahlen viel versprochen, dann meistens gebrochen.

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AW: AfD mit Sachverstand

von Petra am 07.12.2018 um 0:22 Uhr

Über Ihre Ansicht muss ich mich sehr wundern...Sie sprechen von Sachverstand bei der AfD...lachhaft. Die haben doch einfach nur frech von den Linken angeschrieben...in der Schule hätte es dafür eine 6 gegeben weil das Resultat nicht aus eigenem Wissen entstanden ist!!!! Soviel dazu, was Sie als "Sachverstand" der AfD anpreisen. Dann doch lieber das Original und nicht einen Abklatsch.

NICHTwählbar

von Dr.Diefenbach am 01.12.2018 um 11:07 Uhr

ist diese Truppe.Alles was rational argumentiert (hat),ist längst weg oder geht,wie seinerzeit die Herren Lucke und Henkel.Wir dürfen niemals mit einer Rassistenorga paktieren,die letztendlich ausser Polemik minimale Anforderungen an Toleranz aussen vor lässt und berechtigte Kritik an vielen Dingen im Staat somit ad absurdum zu führen im Stande ist.Was sich HIER aus dem Papier ergibt,platziert die Chaostruppe doch bewusst zu einem Zeitpunkt,wo es abwärts geht mit dem Stimmenanteil und auch angesichts mehrerer Wahlen in 2019.Somit sucht man "Bürger".Hände weg von Weidel (sie hat übrigens bei Prof. Oberender promoviert,das am Rande) ,Glaser und Gauland und noch Frau von Storch..oh wei.SCHLIMM genug ,dass man hier im Forum derart Politik machen muss,aber es scheint wohl angebracht...

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AW: NICHTwählbar ... die Quelle macht’s ...

von Christian Timme am 01.12.2018 um 13:24 Uhr

Wir beide haben ja unseren „Fechtkurs“ beim HAV schon ertwas länger hinter uns ... wenn ich mich richtig erinnere ... wenn das Thema schon „umdenken erforderte“ für was dann noch eine „lästige“ Diskussion ... Sie haben aber auch „Qualitäten“ Herr Dr. Diefenbach ...

AW: NICHTwählbar?

von Karl Hinze am 01.12.2018 um 19:37 Uhr

Ausgerechnet die AfD als Rassistenorga zu sehen, ist aber doch weit hergeholt.
In ihrer AG Gesundheit befinden sich keine abgebrochenen Studenten, sondern ausschließlich Praktiker mit jahrelanger Erfahrung. Eben das merkt man ihrem Konzept auch an.

AW: Ideologische Brille

von Lars Böttner am 02.12.2018 um 14:39 Uhr

@Dr.Diefenbach: Mit Ihrem Beitrag "NICHTwählbar" zeigen Sie deutlich, dass Sie keinerlei sachliche Argumente haben, schlimmer noch, Sie tragen auch nichts zum Thema "AfD zum Apothekenmarkt" bei. Ihr "nein" ist also nur ein ideologisches "nein", ohne Argumente und ohne Vernunft. Und das was Sie als scheinbares Argument nennen, ist falsch. Mit der AFD geht es nicht abwärts, sonder aufwärts. Sie können das unter wahlumfrage.de nachlesen.

Lieber mal alternative Gesundheit als ... todkrank ...

von Christian Timme am 30.11.2018 um 17:46 Uhr

Als Joschka Fischer vor Dekaden mit seiner Truppe den „Laden“ aufmischte glaubte auch keiner daran ... das „Mutti“ mal eine Sonnenblume im Haar tragen würde ... das was die AG Gesundheit der AfD hier geliefert hat ist eine Art „Alternative Weihnachten“ für Apotheken. Ich würde Weihnachten deswegen nicht ausfallen lassen ... den Termin mit Jens Spahn schon eher ... wir werden sehen ...

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Egal

von Karl Friedrich Müller am 30.11.2018 um 16:58 Uhr

Nicht wählbar.

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