Fehlverhalten im Gesundheitswesen

Kassen bleiben Betrügern auf der Spur

Berlin - 29.11.2018, 17:30 Uhr

Betrugsfälle im Arzneimittelbereich haben den Kassen monetär betrachtet den größten Schaden verursacht, die Zahl der Fälle ist aber in anderen Bereichen höher. (Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com)

Betrugsfälle im Arzneimittelbereich haben den Kassen monetär betrachtet den größten Schaden verursacht, die Zahl der Fälle ist aber in anderen Bereichen höher. (Foto: Andrey Popov / stock.adobe.com)


Nicht jeder Schaden kann reguliert werden

Kiefer verweist allerdings darauf, dass die zusammengeführten Kennzahlen des GKV-Spitzenverbandes allein noch kein vollständiges Abbild der gesetzlichen Krankenversicherung zeigen. „Die Bekämpfung von Fehlverhalten bei niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten im Gesundheitswesen ist eine originäre Aufgabe von deren Institutionen. Die Fehlverhaltensberichte in diesen Bereichen werden von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung zusammengeführt.“ Zudem ist nach wie vor von einem erheblichen Dunkelfeld auszugehen.  

Der GKV-Spitzenverband betont, dass häufig Hinweise von Insidern ausschlaggebend seien, um Fehlverhalten, Abrechnungsbetrug oder Korruption aufdecken zu können. Als Beispiel nennt er in seiner Pressemitteilung den Fall des Bottroper Zyto-Apothekers. Diesen zieht der Verband auch heran, um die Schwierigkeiten bei der Schadensregulierung zu verdeutlichen: Die Staatsanwaltschaft sei hier von einer Schadenssumme für die Krankenkassen in Höhe von über 50 Millionen Euro ausgegangen. Das Landgericht habe den Apotheker schließlich wegen Abrechnungsbetrug zulasten der GKV in Höhe von 17 Millionen Euro verurteilt. Ob solche hohen Schäden aber jemals reguliert werden könnten, sei offen, so der GKV-Spitzenverband. Die finanzielle Schadenswiedergutmachung scheitere meist daran, dass schlicht „nichts zu holen“ sei, etwa wegen Insolvenz.

Besserer Whistleblower-Schutz und mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften

Um künftig noch besser Fehlverhalten vorbeugen und bekämpfen zu können, stellt der GKV-Spitzenverband einige Forderungen auf. Unter anderem spricht er sich für einen besseren Schutz für Whistleblower auch. Zudem seien mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften nötig, um die komplexen Sachverhalte effektiv bearbeiten zu können. Lediglich in Hessen, Thüringen, Bayern und Schleswig-Holstein gebe es bislang solche spezialisierten und landesweit zuständigen Staatsanwaltschaften.

Apotheker im Korruptionsstrafrecht zu unrecht ausgespart?

Der Vorstand des GKV-Spitzenverbandes nutzt den aktuellen Bericht zudem für Kritik am noch vergleichsweise neuen Korruptionsstrafrecht. So sei die Entscheidung des Gesetzgebers, Apotheker nicht strafrechtlich zu verfolgen, obwohl sie für die Abgabe bestimmter Arzneimittel vom Hersteller Sonderrabatte oder andere Vergünstigungen bekommen, „bei genauer Analyse nicht nach- vollziehbar“. Ein Beispiel dafür seien Arzneimittelrabatte, für welche die Kassen zunehmend mehrere Rabattverträge für den gleichen Wirkstoff abschließen. „Um mehr von seinem Rabattarzneimittel abzugeben, könnte eines dieser Unternehmen Apothekerinnen und Apotheker bestechen, ohne eine strafrechtliche Verfolgung fürchten zu müssen“, heißt es im Bericht.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

konstruiert

von Gerrit Linnemann am 30.11.2018 um 12:31 Uhr

„Um mehr von seinem Rabattarzneimittel abzugeben, könnte eines dieser Unternehmen Apothekerinnen und Apotheker bestechen, ohne eine strafrechtliche Verfolgung fürchten zu müssen“, heißt es im Bericht.

So ein Blödsinn, statt Probleme zu konstruieren, sollten die Kassen sich lieber mal um die Lieferbarkeit ihrer eigenen Rabattverträge kümmern...

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Die größten Betrüger ...

von Dominik Müller am 30.11.2018 um 10:01 Uhr

... sind immer noch die KK und ihre Retaxstellen, welche ja eigentlich für beide Seiten arbeiten sollen, habe ich mir mal sagen lassen, kenne aber keinen Kollegen, welcher mal was bekommen hätte. Wir sollten endlich für ungerechtfertigte Retardationen eine Aufwandsentschädigung bekommen, dann würden die wenigstens nicht versuchen jeden Schei... zu beanstanden und hoffen, uns ist der Aufwand zu viel. 150€ sollten gerechtfertigt sein.

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