Historisches aus Weiden in der Oberpfalz

Katholische Apotheke mit zweitem Eingang für evangelische Kunden

Berlin - 27.11.2018, 12:45 Uhr

In der ehemaligen Marien-Apotheke in Weiden in der Oberpfalz gab es eine Tür für Katholiken und eine für Protestanten. Am Eingang des heutigen Fotogeschäfts erinnern heute noch Schriftzüge an diesen Brauch. (Foto: DAZ.online)

In der ehemaligen Marien-Apotheke in Weiden in der Oberpfalz gab es eine Tür für Katholiken und eine für Protestanten. Am Eingang des heutigen Fotogeschäfts erinnern heute noch Schriftzüge an diesen Brauch. (Foto: DAZ.online)


Die „Zwei-Türen-Apotheke“ – nach Konfessionen getrennte Eingänge

Im 19. Jahrhundert – die genaue Jahreszahl ist nicht bekannt – muss es dann zu einem Ereignis gekommen sein, von dem auch heutzutage noch gerne bei Stadtführungen berichtet wird: Aus der Marien-Apotheke wurde die „Zwei-Türen-Apotheke“. Der Hintergrund diese Geschichte sei, dass der katholische Marien-Apotheker vier Häuser von seiner Apotheke entfernt einen evangelischen Kollegen hatte, den Besitzer der Mohren-Apotheke. Überliefert ist, dass einige evangelische Kunden des Mohren-Apothekers lieber zur katholischen Konkurrenz gehen wollten. Es sei ihnen aber unangenehm gewesen, dabei vom evangelischen Apotheker beobachtet zu werden. Der Marien-Apotheker habe daraufhin einen zweiten, um die Ecke gelegenen und für den Mohren-Apotheker nicht einsehbaren Eingang schaffen lassen – im Volksmund von da an als „evangelisches Türl“ bezeichnet. Der ursprüngliche Eingang habe dann die Bezeichnung „katholisches Türl“ erhalten. 

Die Idee des katholischen Marien-Apothekers, zwei Eingänge zu schaffen, was auf dem ersten Blick wie eine Trennung der Konfessionen anmutet, hat in Wirklichkeit dazu geführt, dass sich auch evangelische Weidener unbehelligt in die katholische Apotheke trauten. Das führte in der Folge zu einer Möglichkeit der Begegnung der Konfessionen. Hier kann also eher von einem verbindenden Element gesprochen werden als von einer Konfessionstrennung – oder anders gesagt: Was trennt, kann auch verbinden.

Schilder neben den Türen zeugen von der Geschichte

Die Tür für Protestanten. (Foto: DAZ.online)

Christine Hoffer berichtet DAZ.online von den Stadtführungen, die immer wieder Besucher-Gruppen vor die Apotheke führten, um von der Geschichte der „zwei Türen“ zu berichten. Daraufhin sei ihr die Idee gekommen, Schriftzüge mit den überlieferten Bezeichnungen der Eingänge anbringen zu lassen. „Es ist ein denkmalgeschütztes Haus. Es sind keine modernen Schiebetüren, sondern es sind wirklich noch alte Türen – also die Art der Türen ist alt. Da steht dann an der Seite evangelisches Türl und neben der anderen Tür steht katholisches Türl “, berichtet Hoffer. Auch heutzutage seien diese Schriftzüge noch angebracht.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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